Die Autorität im Strafraum
Champions League. Atletico´ Madrid spielt schnellen, harten, oft kompromisslosen Fußball. Salzburg muss heute dagegenhalten, vor allem: Man muss Stürmerstar Luis Su´arez stoppen.
Madrid. Geht es um Fußball, kennen Spanier kein Pardon. Dann wird es sofort emotional, haben Aufstellungen und Tore der Stars immer Vorrang. Da ist es auch gleich ob „La Liga“, Copa del Rey oder Champions League: Fu´tbol ist der Volkssport. In jeder großen Stadt gibt es mindestens einen Klub, und in Madrid sind es gleich zwei, die um Gunst der Fans und Titel konkurrieren. Real oder Atletico?´ Madrid kennt in dieser Farbenlehre eben nur Weiß oder Rot-Weiß.
Freilich, das „Weiße Ballett“genießt Weltruhm und steht auch in der Gunst vieler Spanier weitaus höher als der kleinere Lokalrivale. Aber „Los Rojiblancos“sind ebenso eine Fixgröße im europäischen Fußball. Und erfolgreich: jeweils zehn Mal Meister (zuletzt 2014) und Cupsieger, drei Mal Europa-League-Sieger sowie 2014 und 2016 im CL-Finale (just an Real) gescheitert. Gegen dieses Atletico´ will Salzburg heute (21 Uhr, live Dazn, Sky-Konferenz) im zweiten Spiel der Gruppe A bestehen.
Bei Barca aussortiert, in Madrid geliebt
„Los Rojiblancos“stehen für Einsatz, Kraft, Zweikampf, das eher raue Spiel. An der Seitenlinie wandert und schreit der Argentinier Diego Simeone, seine Spieler folgen ihm anstandslos. Und die Aufstellung liest sich eigentlich wie das Who’s who im europäischen Klubfußball: Oblak (Tor), Lodi, Savic,´ Felipe, Trippier (Abwehr), Koke, Llorente, Herrera, Carrasco (Mittelfeld) – und vorn zaubern der Portugiese Joao˜ Felix´ und Uruguays Stürmerstar Luis Suarez.´
Seit Saisonstart steht vor allem Suarez´ im Mittelpunkt des Interesses. Bei Barcelona wurde der in Salto unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Stürmer nach sechs Dienstjahren, 191 Spielen, 147 Toren, vier Meistertiteln und Cupsiegen, einem CL-Sieg (2015) etc. zur Verwunderung aller von Trainer Ronald Koeman einfach aussortiert. Simeone rief den 33-Jährigen an, bot einen Zweijahresvertrag an und erhielt einen Spieler, der bis in die Knochen motiviert ist. Weil er es allen noch einmal zeigen will. Vor allem dem FCB, weil er den Klub unter Tränen und im Zorn verlassen musste.
Wandel: Vom Beißer zur Persönlichkeit
Suarez´ ist kein einfacher Fußballer. Vor allem hat der 1,82 Meter große, pfeilschnelle Stürmer eine Vorgeschichte. Gleich drei Beiß-Affären sind nicht zu löschen: 2010 verbiss sich der damalige Ajax-Spieler in die Schulter eines Gegenspielers von PSV Eindhoven. 2013 war Chelseas Branislav Ivanovic´ sein Ziel und 2014 wurde sein Gebissabdruck im WM-Spiel gegen Italien auf Giorgio Chiellinis Schulter sichtbar.
Ihn auf diese Aussetzer zu reduzieren, wäre falsch. Denn er trifft, stellt sich in den Dienst der Mannschaft – und war auch bei den in der Liga weiterhin ungeschlagenen „Rojiblancos“schnell angekommen, weil er vor harten Attacken nicht zurückschreckt. Und trifft, vier Mal in fünf Spielen. Zudem, er ist längst erwachsen geworden. Er hat mit Lionel Messi gespielt und da gelernt, was es bedeutet, wirklich Erfolg zu haben. Und was man dafür besser nicht tun sollte. Suarez´ ist zu einer respektierten Persönlichkeit gereift. Und zum Schreck aller Abwehrspieler, weil er im Strafraum kaum zu stoppen ist.
Gegen Salzburg bestreitet der Stürmer, der neben dem Niederländer Ruud van Nistelrooy der einzige Spieler ist, der in Eredivisie, Premier League und Primera Division´ Torschützenkönig wurde, sein bereits 100. Europacupspiel. Trainer Jesse Marsch hat die Seinen auch besonders vor dem Südamerikaner gewarnt. Er sagt: „Die Vorbereitung auf Suarez´ ist sehr, sehr schwer. Er bewegt sich so unterschiedlich im Strafraum, er ist unglaublich clever.“
469 Karrieretore in allen Wettbewerben inklusive Nationalteam sind durchaus Warnung genug. Ob sie aber auch jeder verstanden hat? Vallci und Ramalho sind stets für Stellungsfehler gut, waren zuletzt gegen Lok Moskau wirklich nicht sattelfest. Ihre Leistung wird gegen Atletico´ Madrid leicht messbar: Jubelt Suarez´ klassisch im „Pistolero“-Stil, hat einer der beiden gepatzt. (fin)