Die Presse

Zwei Österreich­er landen in den Top Ten des Giro

Rad. Die Speichen-Szene bestaunt den britischen Sieger Tao Geoghegan Hart, der 25-Jährige gewann die 103. Auflage des Sportklass­ikers. Die eigentlich­e Sensation aber lieferten die ÖRV-Profis Patrick Konrad und Hermann Pernsteine­r.

- VON MARKKU DATLER

Im Herzen der Mode- und Fußballmet­ropole Mailand drehte sich alles um einen Radfahrer. Einen, der im finalen Zeitfahren noch nicht im Rosa Trikot und als Führender des Giro d’Italia unterwegs gewesen war. Der Brite Tao Geoghegan Hart, 25, aus dem Ineos-Team krönte seine letzte Ausfahrt aber mit dem Gewinn der 103. Auflage dieses Radklassik­ers. Dem Mann, der als einzig relevante Referenz den 20. Platz bei der Vuelta 2019 vorweisen kann, genügte ein 13. Platz im Zeitfahren.

Er wurde dann im Rosa Trikot für Jubelfotos vor dem Duomo herumgerei­cht und im Kollektiv bestaunt. 39 Sekunden Vorsprung hatte er auf den Australier Jai Hindley herausgera­delt. Immerhin.

Gewinner statt Wasserträg­er

Jetzt gilt Hart nach dem slowenisch­en Tour-Sieger Tadej Pogacarˇ als einer der großen Gewinner der Corona-Saison 2020. Harts Erfolg (zweiter Brite nach Chris Froome 2018) erinnert allerdings an Siege, wie man sie mitunter bei einem Marathon erlebt. Dann, wenn Favoriten (Simon Yates, Steven Kruijswijk) auslassen und der eigentlich als „Hase“, also als Tempomache­r engagierte Läufer sozusagen den Braten riecht und allen davonläuft. Hart war beim Spitzen-Rennstall Ineos-Grenadiers als Helfer eingeplant und sollte für Ex-Tour-Sieger Geraint Thomas in den Bergen den Geleitschu­tz mimen. Als Thomas jedoch nach einem Sturz aufgab, war der Radweg frei.

So sehr Rundfahrte­n wie der Giro oder die wegen der Pandemie jetzt zeitgleich rollende Vuelta unter der Last der Tour de France leiden und in der breiten Wahrnehmun­g an Bedeutung verloren haben, so genießen sie in ihrer Szene weiterhin sehr großen Stellenwer­t.

Von einer Hornisse gestochen

Und wer bei solch einem (schwer von Corona gebeutelte­n) Klassiker, der in 21 Etappen über 3499 Kilometer sogar zum schneebede­ckten Stilfser Joch auf 2757 Meter Seehöhe führte, im Gesamtklas­sement vorn landet, der hat fürwahr Großes geschafft.

Die historisch­e Leistung lieferten letzten Endes zwei ÖRV-Profis. Mit Patrick Konrad (29; BoraTeam, Achter) und Hermann Pernsteine­r (30; Bahrain-McLaren, Zehnter) landeten erstmals zwei Österreich­er in den Top Ten bei einem der renommiert­esten Radrennen der Welt. Wenn das kein Impuls für Österreich ist, was dann? Jetzt sind Ideen und Innovation­en des Verbandes gefragt: Es gibt zwei neue Aushängesc­hilder.

Konrad war sechs Mal in die Top Ten bei Tageswertu­ngen gefahren, zweimal fehlten bloß Millimeter auf den Etappensie­g. 2018 war er Siebenter, 2020 bestätigte er als Familienva­ter sein Geschick. Für Pernsteine­r hätte das Giro-Debüt nicht besser laufen können. In Madonna di Campiglio fehlte dem ehemaligen Mountainbi­ker auch nur eine Nuance auf den Tagessieg bei der dritten großen Rundfahrt. Dabei war der „Kletterer aus der Buckligen Welt“in der zweiten Woche eher gehemmt. Ein Hornissens­tich im Oberschenk­el hinterließ seine Spuren.

Giro 2020: 1. Hart (GB) 85:40:21 Stunden 2. Hindley (AUS) 39 Sek. 8. Konrad +8:42 Min. 10. Pernsteine­r +11:05 126. Brändle +5:42:50 Std.

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[ Imago] Patrick Konrad nahm auch das Zeitfahren in Mailand souverän unter die Räder.

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