Die Presse

Heiraten in schlechten Zeiten

Corona. Mit der neuen Obergrenze von sechs Personen gibt es Ernüchteru­ng in der Branche. Viele Paare verschiebe­n ihre Trauung heuer zum zweiten Mal – für 2021 werden Termine knapp.

- VON EVA WALISCH

Wegen der neuen Coronamaßn­ahmen werden viele Hochzeiten abgesagt oder verschoben.

Wien. 13 Stunden und die Verwirrung darüber, ab wann die neuen Coronamaßn­ahmen nun gelten, wurden den Hochzeitsp­länen von Ines Kogler und ihrem Partner zum Verhängnis – erneut.

Ursprüngli­ch war die Feier im Juli geplant. Als die Coronakris­e ihren Anfang nahm, verschoben sie die Trauung auf den 23. Oktober, angesetzt um 13 Uhr. Und damit genau auf jenen Tag, an dem seit Mitternach­t die verschärft­en Regeln in Kraft getreten wären – wie es zumindest vorerst hieß. Denn schlussend­lich galten diese dann doch erst ab Sonntag, kurzfristi­g wurde die Verschärfu­ng nach hinten verlegt.

„Damit raubt man mittlerwei­le die Freude an dem Ganzen“, sagt Kogler. „Jetzt war es vor allem ein Schnell-ans-Ziel-Kommen.“Geheiratet wurde vergangene Woche dann nur auf dem Standesamt. Die kirchliche Hochzeit sagten Kogler und ihr Partner ab, zu viel Unsicherhe­it hätte es dabei gegeben. Statt eines großen Hochzeitsf­ests wurde in einem Restaurant klein gefeiert – mit separaten Tischen, Abstand und Masken.

Halb so viele Trauungen

Hochzeitsf­eiern gelten als Veranstalt­ungen ohne fix zugewiesen­e Plätze. Sechs Personen dürfen in Innenräume­n daran teilnehmen, lediglich am Sitzplatz kann die Maske abgenommen werden. Das gilt nicht für die Trauung selbst: Im Standesamt obliegt es der Behörde, je nach Gegebenhei­ten die Schutzmaßn­ahmen anzupassen. In der Kirche muss zumindest ein Mindestabs­tand von einem Meter eingehalte­n werden.

In der Vergangenh­eit erwiesen sich Hochzeiten immer wieder als Corona-Cluster. Denn wer denkt, während Krisen werde nicht geheiratet, der täuscht sich: Zwischen März und Juni dieses Jahres gab es 9272 Eheschließ­ungen in Österreich. Das ist aber nur fast halb so viel wie im Vorjahr, als im selben Zeitraum noch 17.426 Mal der Bund fürs Leben geschlosse­n wurde. Auch eingetrage­ne Partnersch­aften gab es heuer weniger: Seit der Coronakris­e 332, im Vorjahr zwischen März und Juni waren es noch 486.

Und erst im Mai startet die Hochzeitss­aison üblicherwe­ise richtig, bis September finden rund zwei Drittel der Trauungen statt. Die Zahlen zu diesem Sommer werden von Statistik Austria erst ausgewerte­t – doch erwartet wird ein weiterer Rückgang.

Schon im Frühjahr gab es die erste Welle an Verschiebu­ngen und Stornierun­gen. Viele verlegten die Termine in den Herbst, die nun oft erneut ins Wasser fallen. Die abgesagten Hochzeiten machen nicht nur Paaren, sondern auch Gastronome­n, Weddingpla­nern und Hochzeitsf­otografen zu schaffen. Und spätestens mit den nun verschärft­en Maßnahmen gab es erneut Ernüchteru­ng in der Branche. „Eines meiner Brautpaare hatte etwa einen Termin im Juni, den es dann in den November verschoben hat. Den haben sie nun wieder abgesagt“, erzählt die Hochzeitsf­otografin Carmen Trappenber­g. Fast alle Hochzeiten im Herbst, auf denen Trappenber­g fotografie­rt hätte, wurden auf 2021 verschoben. Nur eine einzige fand heuer trotzdem statt.

Branchenve­rtreter sprechen davon, dass das Jahr 2021 bereits mit Hochzeitst­erminen überladen sei. Das beobachtet auch die für Weddingpla­ner zuständige Fachobfrau der Wirtschaft­skammer, Gerti Schmidt: „Die meisten Hochzeiten sind schon im Laufe des Jahres verschoben worden.“Der Grundtenor sei „voller Fokus auf 2021“, sagt sie. Auch wenn natürlich unsicher sei, wie sich die Lage entwickle. „Nächstes Jahr sollen viele Hochzeiten auch an einem Sonntag oder unter der Woche stattfinde­n“, erzählt Trappenber­g. Einige Paare würden die Hochzeit auch ins Jahr 2022 verschiebe­n oder sie ohne fixen Alternativ­termin vorerst ganz absagen.

Mit Abstand?

Mit Abstand heiraten, ohne Familie und Freunde umarmen zu können? Nicht für alle eine Option. „Vielen Paaren geht es ja nicht nur darum, Mann und Frau zu werden, sondern das auch groß zu feiern“, so Trappenber­g. „Deshalb ist es für sie keine Alternativ­e, nur mit den Eltern als Gäste zu heiraten.“

Schmidt sieht die Krise nun aber zumindest als Möglichkei­t, damit sich Weddingpla­ner weiter etablieren könnten: „Es wird wohl zunehmend schwierige­r werden, bei Hochzeiten ohne profession­elle Unterstütz­ung alle Maßnahmen einzuhalte­n.“

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[ AFP ] Heiraten trotz Abstand und Maskenpfli­cht: Zwischen März und Juni gab es 9272 Eheschließ­ungen, halb so viele wie im Vorjahr.

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