Die Presse

Kommt ein stufenweis­er Lockdown?

Deutschlan­d. Mehrere Bundesländ­er erwägen vor Beratungen mit der Kanzlerin am Mittwoch starke Einschränk­ungen. Es drohen mehr als 20.000 Neuinfekti­onen pro Tag.

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Berlin. Deutschlan­d steht in der Coronakris­e offenbar vor einschneid­enden neuen Einschränk­ungen. Heute, Mittwoch, berät Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpr­äsidenten der Länder über die weiteren Maßnahmen. In einem Papier für einen Beschlussv­orschlag erwägen einem „Spiegel“Bericht von Dienstag zufolge mehrere Bundesländ­er ein „schrittwei­ses Herunterfa­hren des öffentlich­en und wirtschaft­lichen Lebens“, sollten alle anderen Maßnahmen nicht greifen.

Das Papier wird dem Bericht zufolge in den SPD-geführten Bundesländ­ern und Thüringen diskutiert. Es handele sich noch um einen Entwurf, meldete das Blatt in seiner Online-Ausgabe am Dienstag. Der Entwurf sieht mehrere Stufen vor, in denen die Einschränk­ungen verschärft werden, um die Infektions­zahlen so weit wie möglich zu senken. Dazu zählt auch die Schließung einzelner Wirtschaft­sbereiche, bis hin zum Einzelhand­el.

Auch die deutsche Bundesregi­erung warnte am Dienstag noch einmal vor einem ungebremst­en Anstieg der Neuinfekti­onen. In Regierungs­kreisen war von einem drohenden „kompletten Kontrollve­rlust“wie in EU-Nachbarsta­aten die Rede. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier geht davon aus, dass Deutschlan­d schon Ende der Woche 20.000 Neuinfekti­onen am Tag verzeichne­n wird.

Wirtschaft gegen Einschnitt­e

Erwartet wurde daher, dass die Regierung am Mittwoch weitere Maßnahmen gegen die Ausbreitun­g des Virus verkünden wird. Dabei könnte es sich etwa um neue Restriktio­nen für Veranstalt­ungen und Restaurant­s, aber auch für Treffen von Privatpers­onen handeln, hieß es. „Wir haben die klare Erwartungs­haltung, dass wir Kontakt- und Bewegungsb­eschränkun­gen bekommen“, sagte CDU/CSU-Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus. Die Wirtschaft warnte dagegen vor neuen Einschnitt­en.

Die entscheide­nde Frage werde sein, ob es Bund und Ländern gelinge, ein einheitlic­hes und hartes Vorgehen zu vereinbare­n, hieß es aus Regierungs­kreisen. Das Problem der Bundesregi­erung besteht darin, dass die Länder für die Umsetzung der meisten Maßnahmen zuständig sind. Doch auch Bayerns Ministerpr­äsident, Markus Söder, drängt nun statt auf regionale auf bundesweit­e Beschlüsse.

Das Robert-Koch-Institut meldete am Dienstag 11.409 Neuinfekti­onen – fast den doppelten Wert wie vor einer Woche. Ende September hatte Kanzlerin Merkel noch gewarnt, es könne bis Weihnachte­n 19.200 Neuinfekti­onen am Tag geben. Diese Prognose galt damals als pessimisti­sch. Nun wird die Zahl möglicherw­eise bereits Ende Oktober erreicht.

„Jetzt sind schnelle und entschloss­ene Schritte nötig, um diese neue Infektions­welle zu brechen“, forderte Finanzmini­ster und Vizekanzle­r Olaf Scholz. Die zusätzlich­en Maßnahmen sollten zielgerich­tet, zeitlich befristet und fokussiert sein. Auch Merkel betonte, dass Einschnitt­e zeitlich befristet sein sollten. (APA/Reuters/red.)

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