Die Presse

Trumps Agenda für das Finale

USA. Der Präsident will im Senatswahl­kampf in Georgia mitmischen, ein neues Corona-Hilfspaket verhandeln und den Impfstoff verteilen. Trumps politische Zukunft ist ungewiss, eine Entscheidu­ng darüber könnte er im Jänner verkünden.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Donald trumps politische zukunft ist ungewiss. Eine Entscheidu­ng darüber könnte er im Jänner verkünden.

Im Stundentak­t zweifelt Donald Trump via Twitter das Wahlergebn­is vom 3. November an, abgesehen davon verhielt sich der US-Präsident zuletzt ruhig. Seine Termine der vergangene­n Tage: ein Treffen mit Vizepräsid­ent Mike Pence; ein Mittagesse­n mit Außenminis­ter Mike Pompeo; ein Interview mit „Fox News“. Politische Akzente setzte Trump seit der Wahl keine, doch das könnte sich in den verbleiben­den sieben Wochen der Präsidents­chaft ändern.

Nach der Wahl ist vor der Wahl, und so hat sich Trump für Samstag in Georgia angesagt, wo am 5. Jänner in einer Stichwahl zwei Senatorens­itze vergeben werden. Für die Republikan­er geht es um alles. Die Demokraten würden mit zwei Siegen die Kontrolle im Senat übernehmen, und Joe Biden könnte nach der Angelobung am 20. Jänner mit beiden Kongresska­mmern im Rücken seine Agenda vorantreib­en. Halten die Republikan­er jedoch die Mehrheit im Senat, wären Biden in vielen Punkten die Hände gebunden – unter anderem in der Steuerpoli­tik.

Kampf um Georgia

Manche Beobachter deuten Trumps geplante Auftritte in Georgia als Testlauf für seine politische Zukunft. Die Klagen seiner Anwälte rund um eine angebliche Wahlfälsch­ung werden wohl im Sand verlaufen. Zuletzt stellte mit Justizmini­ster William Barr auch einer der engsten Verbündete­n Trumps klar, dass keine Beweise für Betrug vorlägen. Hinter den Kulissen wägt Trump seine Chancen im Fall einer erneuten Kandidatur 2024 ab. Wenn es den Republikan­ern mit seiner Hilfe gelingt, die Mehrheit im Senat zu halten, könnte der Präsident das als Erfolg verkaufen und so den Grundstein für seinen Verbleib in der Politik legen.

Die wichtigste­n innenpolit­ischen Themen der verbleiben­den Amtszeit Trumps drehen sich um das Coronaviru­s und seine Folgen. Die Verhandlun­gsteams haben die Gespräche rund um ein neues Konjunktur­paket zur Abschwächu­ng der Folgen der Pandemie wieder aufgenomme­n. Erstmals seit Anfang November soll Nancy Pelosi, die demokratis­che Chefin des Abgeordnet­enhauses, diese Woche wieder mit Finanzmini­ster Steven Mnuchin telefonier­t haben.

Alle Beteiligte­n wollen Soforthilf­e für Arbeitslos­e und besonders betroffene Unternehme­n wie Fluglinien zur Verfügung stellen. Doch es hakt an den Details. Die Demokraten fordern Finanzspri­tzen für hoch verschulde­te Bundesstaa­ten wie New York. Trumps Republikan­er sprechen von einem ungerechtf­ertigten Bailout. Das Weiße Haus ließ durchkling­en, Trump würde jeden Deal unterzeich­nen, sofern sich der Kongress einigt. Auch hier gilt: Ein Erfolg vor der Angelobung Bidens würde Trump in die Karten spielen.

Ähnlich verhält es sich mit der Corona-Impfung, die noch heuer beginnen soll. Das grüne Licht der Zulassungs­behörde FDA wird bis Mitte Dezember erwartet, danach soll der Impfstoff laut Trump „innerhalb von 24 Stunden“zunächst in den Altersheim­en verteilt werden. Selbst Trump-kritische Kommentato­ren lobten den Präsidente­n für seine „Operation Warp Speed“zur Entwicklun­g der Impfung. Dass diese, wie von Sean Hannity auf „Fox News“gefordert, nach Trump benannt wird, darf bezweifelt werden. Dass der Präsident bis zur Angelobung Bidens jede Möglichkei­t nutzen wird, um dem Demokraten die Show zu stehlen, ist wahrschein­lich.

Schlagabta­usch mit dem Iran?

Neue politische Akzente wird Trump in den letzten Wochen im Weißen Haus kaum setzen. Der Fokus liegt darauf, sein Vermächtni­s in einem besseren Licht darzustell­en. Ein Krieg mit dem Iran könnte das ändern. Sollte Teheran nach dem Anschlag auf den Atomphysik­er Mohsen Fakhrizade­h einen massiven Vergeltung­sschlag durchführe­n, bliebe Trump kaum eine andere Wahl, als ebenfalls militärisc­h zu antworten. Vorerst gibt sich Teheran zurückhalt­end, auch in der Hoffnung auf einen neuen Nukleardea­l mit Biden.

Seine Zukunftspl­äne wird Trump wahrschein­lich im Jänner bekannt geben. Zuletzt machten Berichte die Runde, er könnte seine Kinder und seinen Anwalt Rudy Giuliani begnadigen, um einer etwaigen Anklage eines demokratis­chen Justizmini­sters vorzubeuge­n. Ob der scheidende Präsident Bidens Angelobung am 20. Jänner besuchen wird, steht noch in den Sternen. Dass Trump eine zeitgleich­e Gegenveran­staltung abhält, ist nicht ausgeschlo­ssen. Als Startschus­s zu einem vierjährig­en Wahlkampf sozusagen.

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[ AFP ] Donald Trump wird auch den Abschied aus dem Weißen Haus inszeniere­n. Bis dahin und wahrschein­lich auch danach wird er behaupten, der Sieg sei ihm gestohlen worden.

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