Kommt die Coronasteuer für Reiche?
Wirtschaftskrise. Die Staatsverschuldungen erreichen europaweit neue Rekordhöhen. Immer lauter wird daher die Debatte über eine spezielle Corona-Solidarabgabe der Vermögenden.
Der ruf nach einer speziellen Coronasolidarabgabe der vermögenden wird immer lauter.
Wien. Jeff Bezos muss über die Coronakrise nicht jammern. Der Gründer und größte Aktienbesitzer von Amazon profitiert stark davon, dass die Geschäfte geschlossen sind und viele Menschen online einkaufen. Anfang des Jahres betrug sein Privatvermögen laut USMagazin „Forbes“noch 115 Milliarden Dollar, mit Stand Ende November hat es sich auf 185 Milliarden Dollar erhöht.
Er ist damit nicht allein. Laut aktuellem Wohlstandsbericht der Bank Credit Suisse konnten heuer 13 Milliardäre ihr Vermögen um mehr als 50 Prozent steigern. Im Coronajahr legte das Gesamtvermögen der weltweit 19,6 Millionen Millionäre im Vergleich zu 2019 um fast neun Prozent zu.
Solche Zahlen wecken Begehrlichkeiten – gerade in Zeiten, in denen sich Staaten massiv verschulden müssen, um Menschen und Unternehmen durch die Coronakrise zu helfen. In Deutschland pocht beispielsweise Finanzminister Olaf Scholz (SPD) darauf, dass „die Bürger, die sehr, sehr viel verdienen, einen etwas höheren Beitrag leisten“. In Spanien möchte die Regierungspartei Unidas Podemos, dass vermögende Bürger durch eine „spezielle Steuer“in der Krise aushelfen.
Grüne gegen „Millionenerben“
Und auch in Österreich geht die Debatte los. Einerseits von erwartbarer Seite – die SPÖ fordert in ihrem „Kraftpaket Österreich“die bekannte Vermögen- und Erbschaftssteuer –, ins Spiel bringt eine Steuer für Vermögende aber auch eine Regierungspartei: Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) meinte jüngst in mehreren Interviews, dass man im Falle des Falles wohl einen Beitrag haben möchte von „Millionenerben und Milliardenstiftungen“.
Nun ist diese Forderung nicht neu – sie fand sich auch schon im grünen Wahlprogramm 2019 –, sie gewinnt aber in der aktuellen Situation an Gewicht. Österreich wird sich nämlich in der Coronakrise massiv verschulden, nicht nur mit den bisher stets genannten 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Regierungskreisen nennt man bereits eine Schuldenquote von 90 Prozent und mehr.
Die ÖVP hat die sogenannte Millionärsteuer (eine Erfindung von Ex-SPÖ-Chef Werner Faymann) und Erbschaftssteuern in der Vergangenheit stets abgelehnt. Derzeit hört man eine solch klare Absage aber nicht mehr. Man werde sich nicht festlegen, dass Steuererhöhungen generell für die restliche Legislaturperiode ausgeschlossen seien, meinte jüngst ein Regierungsmitglied. Die Schulden wolle man aber grundsätzlich durch Wachstum abbauen, „ohne jemandem etwas wegzunehmen“.
Den Vermögenden würde es freilich nicht wehtun, würde man ihnen etwas wegnehmen, heißt es dazu aus Regierungskreisen der Grünen. Ein wirklich ausformuliertes Steuerprogramm hat man freilich nicht – und allzu laut will man darüber öffentlich auch nicht diskutieren, weil man die skeptische Haltung des Koalitionspartners kennt.
Fertiges Konzept der AK
Ein fertiges Konzept für eine „Solidarabgabe“hat die Arbeiterkammer (AK) in der Schublade liegen. Mit einer befristeten Vermögensabgabe sollen einerseits die in der Coronakrise angehäuften Schulden teilweise abgebaut werden, andererseits sollen so Investitionen in die Zukunft – etwa beim Klimaschutz oder dem Sozialstaat – möglich sein, erklärt AK-Finanzexperte Markus Marterbauer. Gelten soll die Steuer für Vermögen ab zehn Millionen Euro, es wäre laut AK „etwa ein Prozent der heimischen Haushalte“betroffen.
Menschen mit mehr als zehn Millionen Euro Privatvermögen sollen davon pro Jahr zwei Prozent Steuer an den Staat bezahlen. Bei Vermögen ab 100 Millionen Euro sollen drei Prozent abgeführt werden, für alles, was eine Milliarde Euro übersteigt, wären laut AK
Plan vier Prozent als „Coronaabgabe“fällig. Laut Markus Marterbauer bringe das dem Staat jährlich etwa sieben Milliarden Euro. Das sei eine realistische Zahl, auch wenn man die Vermögen in Österreich aufgrund mangelnder Statistik teilweise schätzen müsse.
In Deutschland gab es bereits einmal eine Vermögensteuer zum Abbau der Schulden, sie wurde 1952 als „Lastenausgleichsgesetz“eingeführt. Die Abgabe wurde verteilt auf 30 Jahre eingehoben. In Österreich gab es von 1954 bis 1993 eine Vermögensteuer, abgeschafft hat sie ausgerechnet ein Finanzminister der SPÖ, Ferdinand Lacina, wegen geringer Erträge und weil sie in erster Linie Unternehmen betraf.
In Österreich unterstützen auch manche im Kreis der möglicherweise Betroffenen spezielle Vermögen- bzw. Erbschaftssteuern: Gastronom Attila Dogudan˘ sprach sich jüngst ebenso dafür aus wie Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner.