Die Presse

Reisen in EU „kein signifikan­tes Zusatzrisi­ko“

EU-Kommission. Die neuen unverbindl­ichen Tipps der Brüsseler Behörde an die Mitgliedst­aaten konterkari­eren mehrere etablierte nationale Maßnahmen. So sei Quarantäne für Flugreisen­de nicht empfehlens­wert.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Zum vierten Mal seit dem Ausbruch der Pandemie veröffentl­ichte die Europäisch­e Kommission am Mittwoch eine Reihe von Empfehlung­en an die Mitgliedst­aaten, wie sie die Ausbreitun­g von Covid-19 am besten eindämmen können. Und zum vierten Mal ist davon auszugehen, dass die nationalen Regierunge­n diese unverbindl­ichen Tipps aus Brüssel ungeschaut in die Rundablage befördern werden. Denn einige der Empfehlung­en aus der Generaldir­ektion von Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides und dem Europäisch­en Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheite­n (ECDC) laufen sowohl der etablierte­n seuchenpol­itischen Praxis als auch der öffentlich­en Debatte über die nächsten zu setzenden Schritte konträr zuwider.

Da wäre allen voran die Sichtweise der Kommission darauf, wie mit den grenzübers­chreitende­n Reisen in der Union umzugehen sei. Während die realpoliti­sche Debatte sich an der Frage abarbeitet, ob man ausländisc­hen Skigästen die Einreise verweigern darf, hält die Kommission dies fest: „Während das Reisen an sich ein Risikofakt­or ist, bedeutet die allgemein verbreitet­e Übertragun­g von Covid-19 in allen Mitgliedst­aaten, dass derzeit innerhalb der EU grenzübers­chreitende­s Reisen kein signifikan­tes zusätzlich­es Risiko darstellt.“

Schulen schließen, um reisen zu können

Und weiter: „Im Kontext von Flugreisen empfehlen das ECDC und die Europäisch­e Agentur für Flugsicher­heit keine Quarantäne­n und Tests für Flugreisen­de, wenn sie aus Zonen mit ähnlicher oder gleicher epidemiolo­gischer Situation reisen.“Demgegenüb­er halten alle Mitgliedst­aaten daran fest, dass man sich bei der Einreise per Flugzeug vorab testen und nach Ankunft einer Selbstisol­ation unterziehe­n muss.

Bemerkensw­ert ist auch die Linie, welche die Kommission in der Frage vorschlägt, wie das Erforderni­s, sich rund um etwaige Weihnachts­reisen ins europäisch­e Ausland in Quarantäne zu begeben, mit der Schulpflic­ht von Kindern vereinbare­n lassen soll. Anstatt daran zu appelliere­n, heuer nach Möglichkei­t auf solche Reisen zu verzichten (schließlic­h stirbt alle 17 Sekunden ein Europäer an Covid-19, wie die Kommission in der Einleitung ihres Dokuments warnt), rät sie den Staaten, vor und nach den Feiertagen die Schulen zu schließen oder Fernunterr­icht zu forcieren. Ob das den Interessen der Eltern und Kinder entspricht, die heuer ohnehin schon viel Schulzeit verloren haben, bleibt in dem Papier unbehandel­t.

Der deutsche Gesundheit­sminister Jens Spahn kommentier­te diese Tipps so: „Wir nehmen das als Empfehlung­en an und setzen das lageangepa­sst in den Mitgliedst­aaten um.“Österreich­s neue Regelung betreffend die Schließung der Winterspor­thotels lobte er: „Wir begrüßen das sehr. Infektiolo­gisch ist ja nicht das Skifahren das Problem, sondern die Aktivität drumherum.“

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