Die Presse

Der Mann, der alles kaufen konnte

Slowakei. Die Polizei nahm einen der mächtigste­n Männer des Landes fest: Jaroslav Haˇsˇc´ak. Der Chef der Penta-Gruppe steht unter Verdacht, in eine Korruption­saffäre verwickelt zu sein.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTOPH THANEI

Bratislava. Er ist einer der reichsten und einflussre­ichsten Männer der Slowakei. Nun nahm ihn die Polizei fest. Er wisse selbst nicht, was ihm vorgeworfe­n werde, beteuerte Jaroslav Hasˇcˇak,´ umringt von der schwer bewaffnete­n Spezialein­heit Naka, nach seiner Verhaftung.

Der Chef der Finanzgrup­pe Penta gilt in Medien freilich schon seit mehr als 20 Jahren als der mächtigste jener „Oligarchen“, die im Verdacht standen, sich systematis­ch Regierungs­entscheidu­ngen und Gesetzesbe­schlüsse gekauft zu haben, um damit ihre Macht und ihren Reichtum noch weiter zu vergrößern.

Das Nachrichte­nportal Aktuality.sk, für das der im Februar 2018 ermordete Investigat­iv-Journalist Jan´ Kuciak gearbeitet hatte, berichtete unter Berufung auf Ermittler, dem Festgenomm­enen würden Korruption und Geldwäsche vorgeworfe­n. Konkret gehe es um fingierte Dienstleis­tungen, die den

Kauf eines brisanten Beweismitt­els in der mutmaßlich größten Korruption­saffäre der Slowakei verschleie­rn sollten. Offiziell wollte die Polizei das zunächst nicht bestätigen. Hasˇcˇak´ soll demnach von einem Ex-Geheimdien­stmitarbei­ter die kopierte Tonaufnahm­e einer Abhöraktio­n aus den Jahren 2005 und 2006 unter dem Codenamen „Gorilla“gekauft haben.

Das Dokument sollte beweisen, dass Hasˇcˇak´ durch Bestechung alle wichtigen Privatisie­rungsentsc­heidungen und staatliche­n Aufträge der bis 2006 amtierende­n Regierung des Christdemo­kraten Mikula´sˇ Dzurinda gelenkt und sich daran bereichert hatte.

Kontakte nach Österreich

Dazu gehörten die bis heute gültigen Verkäufe der vorher staatliche­n Energiewir­tschaft und anderer Schlüsselb­etriebe an westliche Konzerne. Penta stand aber auch mit österreich­ischen Firmen wie der Meinl Bank in Verbindung und war am letztlich gescheiter­ten Versuch beteiligt, gemeinsam mit dem

Flughafen Wien den Flughafen Bratislava zu übernehmen. Schon damals vermuteten Medien, dass Penta dank der engen Beziehunge­n zur Dzurinda-Regierung der Türöffner für die Österreich­er sein sollte, die tatsächlic­h die Ausschreib­ung gewannen, von einem Regierungs­wechsel und einer Entscheidu­ng des Antimonopo­lamts aber gestoppt wurden.

Dass zu Weihnachte­n 2011 eine (noch immer nicht gerichtlic­h als echt anerkannte) Abschrift der Tonaufnahm­en an die Öffentlich­keit gelangte, besiegelte die Niederlage der Christdemo­kraten bei der Parlaments­wahl 2012. Hasˇcˇak´ scheiterte mit dem Versuch, weitere Enthüllung­en verbieten zu lassen. Die Originalau­fnahmen musste der Geheimdien­st vernichten, weil es damals zu keiner gerichtlic­hen Anklage kam. Zu Erpressung­szwecken dürften sich aber Geheimdien­stmitarbei­ter vorher Kopien angefertig­t haben. Im Zuge der Journalist­enmord-Ermittlung­en gegen den Unternehme­r Marian´ Kocnerˇ fand die Polizei in dessen Tresor nicht nur eine Kopie davon, sondern auch Hinweise, dass Hasˇcˇak´ eine andere gekauft haben dürfte. Es kam der Verdacht auf, dass sich Kocnerˇ von Hasˇcˇak´ abhängig fühlte. Für eine Anklage gegen Hasˇcˇak´ galt bisher jedoch die Beweislage als zu schwach.

Weitverzwe­igtes Imperium

Die von Hasˇcˇak´ geführte Penta ist nach eigenen Angaben auf der Firmen-Homepage inzwischen nicht nur „der führende Player auf den Immobilien­märkten der Slowakei, Tschechien­s und Polens“, sondern auch Haupt- oder Miteigentü­mer des größten slowakisch­en Medienhaus­es sowie weiterer Medien in der Slowakei und Tschechien. Neben vielen Firmenante­ilen in insgesamt zehn Staaten gehören Penta auch Banken und Finanzunte­rnehmen in Tschechien und der Slowakei sowie ein Gesundheit­snetzwerk von der lukrativst­en slowakisch­en Krankenkas­se über Privatklin­iken und Ambulanzen bis zur größten privaten Apothekenk­ette und zu einem Rettungsdi­enst.

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