Der Mann, der alles kaufen konnte
Slowakei. Die Polizei nahm einen der mächtigsten Männer des Landes fest: Jaroslav Haˇsˇc´ak. Der Chef der Penta-Gruppe steht unter Verdacht, in eine Korruptionsaffäre verwickelt zu sein.
Bratislava. Er ist einer der reichsten und einflussreichsten Männer der Slowakei. Nun nahm ihn die Polizei fest. Er wisse selbst nicht, was ihm vorgeworfen werde, beteuerte Jaroslav Hasˇcˇak,´ umringt von der schwer bewaffneten Spezialeinheit Naka, nach seiner Verhaftung.
Der Chef der Finanzgruppe Penta gilt in Medien freilich schon seit mehr als 20 Jahren als der mächtigste jener „Oligarchen“, die im Verdacht standen, sich systematisch Regierungsentscheidungen und Gesetzesbeschlüsse gekauft zu haben, um damit ihre Macht und ihren Reichtum noch weiter zu vergrößern.
Das Nachrichtenportal Aktuality.sk, für das der im Februar 2018 ermordete Investigativ-Journalist Jan´ Kuciak gearbeitet hatte, berichtete unter Berufung auf Ermittler, dem Festgenommenen würden Korruption und Geldwäsche vorgeworfen. Konkret gehe es um fingierte Dienstleistungen, die den
Kauf eines brisanten Beweismittels in der mutmaßlich größten Korruptionsaffäre der Slowakei verschleiern sollten. Offiziell wollte die Polizei das zunächst nicht bestätigen. Hasˇcˇak´ soll demnach von einem Ex-Geheimdienstmitarbeiter die kopierte Tonaufnahme einer Abhöraktion aus den Jahren 2005 und 2006 unter dem Codenamen „Gorilla“gekauft haben.
Das Dokument sollte beweisen, dass Hasˇcˇak´ durch Bestechung alle wichtigen Privatisierungsentscheidungen und staatlichen Aufträge der bis 2006 amtierenden Regierung des Christdemokraten Mikula´sˇ Dzurinda gelenkt und sich daran bereichert hatte.
Kontakte nach Österreich
Dazu gehörten die bis heute gültigen Verkäufe der vorher staatlichen Energiewirtschaft und anderer Schlüsselbetriebe an westliche Konzerne. Penta stand aber auch mit österreichischen Firmen wie der Meinl Bank in Verbindung und war am letztlich gescheiterten Versuch beteiligt, gemeinsam mit dem
Flughafen Wien den Flughafen Bratislava zu übernehmen. Schon damals vermuteten Medien, dass Penta dank der engen Beziehungen zur Dzurinda-Regierung der Türöffner für die Österreicher sein sollte, die tatsächlich die Ausschreibung gewannen, von einem Regierungswechsel und einer Entscheidung des Antimonopolamts aber gestoppt wurden.
Dass zu Weihnachten 2011 eine (noch immer nicht gerichtlich als echt anerkannte) Abschrift der Tonaufnahmen an die Öffentlichkeit gelangte, besiegelte die Niederlage der Christdemokraten bei der Parlamentswahl 2012. Hasˇcˇak´ scheiterte mit dem Versuch, weitere Enthüllungen verbieten zu lassen. Die Originalaufnahmen musste der Geheimdienst vernichten, weil es damals zu keiner gerichtlichen Anklage kam. Zu Erpressungszwecken dürften sich aber Geheimdienstmitarbeiter vorher Kopien angefertigt haben. Im Zuge der Journalistenmord-Ermittlungen gegen den Unternehmer Marian´ Kocnerˇ fand die Polizei in dessen Tresor nicht nur eine Kopie davon, sondern auch Hinweise, dass Hasˇcˇak´ eine andere gekauft haben dürfte. Es kam der Verdacht auf, dass sich Kocnerˇ von Hasˇcˇak´ abhängig fühlte. Für eine Anklage gegen Hasˇcˇak´ galt bisher jedoch die Beweislage als zu schwach.
Weitverzweigtes Imperium
Die von Hasˇcˇak´ geführte Penta ist nach eigenen Angaben auf der Firmen-Homepage inzwischen nicht nur „der führende Player auf den Immobilienmärkten der Slowakei, Tschechiens und Polens“, sondern auch Haupt- oder Miteigentümer des größten slowakischen Medienhauses sowie weiterer Medien in der Slowakei und Tschechien. Neben vielen Firmenanteilen in insgesamt zehn Staaten gehören Penta auch Banken und Finanzunternehmen in Tschechien und der Slowakei sowie ein Gesundheitsnetzwerk von der lukrativsten slowakischen Krankenkasse über Privatkliniken und Ambulanzen bis zur größten privaten Apothekenkette und zu einem Rettungsdienst.