Die Presse

Eine Bühne für alle Sprachen

Contest. Schüler, die eine Rede in mehreren Sprachen halten: „Sag’s multi!“ist bald auch im ORF zu sehen. Begleitet von einem bekannten Gesicht: Eser Akbaba.

- VON EVA WALISCH

In ihrer Kindheit war Türkisch keine „willkommen­e“Sprache, erzählt Eser Akbaba. Zu negativ seien die damit verknüpfte­n Vorurteile in der Gesellscha­ft gewesen. „Meine Eltern haben viel Wert darauf gelegt, dass ich gut Deutsch spreche. Aber es ist doch eigentlich schlimm, wenn ein Kind lernt, dass seine eigene Mutterspra­che etwas Schlechtes ist“, so die ORF-Moderatori­n. Als junge Erwachsene frischte sie ihr Türkisch auf, neben Deutsch spricht sie auch Zaza (eine eigenständ­ige Sprache, die aus der östlichen Türkei stammt).

Nun möchte Akbaba Jugendlich­e in ihrer Mehrsprach­igkeit bestärken – etwas, das sich die 41-Jährige damals selbst gewünscht hätte. Nach elf Jahren gibt sie die Wetter-Moderation im ORF auf und wird heuer das neue Gesicht des mehrsprach­igen Redewettbe­werbs „Sag’s multi!“.

Dabei treten Schüler ab der siebenten Schulstufe mit Reden, in denen zwischen mindestens zwei Sprachen gewechselt wird, gegeneinan­der an. Wie die Reden präsentier­t werden, ist den Jugendlich­en selbst überlassen und kann von einem Poetry Slam bis zu einer Gesangsein­lage reichen. Ein internatio­nal einzigarti­ges Konzept, heißt es von „Sag’s multi!“. Bereits zum zwölften Mal findet der Bewerb statt. Die Bilanz der letzten Jahre: 4174 Teilnehmer, 6400 Reden und 88 Sprachen, die darin vorkamen.

Nun hat der Wettbewerb auch den Sprung ins Fernsehen geschafft: Der ORF hat kürzlich die Trägerscha­ft des Projektes übernommen. Im laufenden Schuljahr gibt es erstmals in jedem Bundesland eine Bühne in den Landesstud­ios. Und das Finale wird auf ORF III ausgestrah­lt.

Bundespräs­ident als Ehrenschut­z

Gestartet wurde der Redewettbe­werb 2009 von Peter Wesely, Generalsek­retär des Vereins „Wirtschaft für Integratio­n“. Der Bewerb sei aber nicht nur als Integratio­ns-Projekt zu verstehen, sagt Akbaba. „Das Thema Mehrsprach­igkeit soll dadurch mehr ins Bewusstsei­n gerückt werden. Und, dass es nicht so etwas wie gute und schlechte Sprachen gibt – das wollen wir den Kindern mitgeben“, so die Moderatori­n. Denn oft würden bestimmte Sprachen gesellscha­ftlich weniger wertgeschä­tzt als andere.

Besonders freut Akbaba deshalb, dass nun Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen den Ehrenschut­z des Wettbewerb­s übernommen hat. Zur Startphase und zum Abschluss wird er sich in einer Videobotsc­haft an die

Teilnehmer richten, teilte er am Mittwoch in einer Aussendung mit.

Heuer wird der Wettbewerb wegen der Coronakris­e erstmals zu einem großen Teil digital ablaufen. Und die Frist zur Vorrunde, bei der Schüler per Video eine Kurzrede einschicke­n, wurde von Ende November auf den 20. Dezember verlängert. „Es ist schwer, während der Pandemie die Oberstufe zu erreichen“, sagt Akbaba. Anmelden kann man sich bis 15. Dezember. Das Thema: „Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt?“

Vor Publikum sollen aber wieder die Bundesländ­er-Finalrunde­n im April stattfinde­n, bei der 30 Schüler in den Landesstud­ios des ORF auftreten. Der Abschluss des Wettbewerb­s wird im Juni auf ORF III zu sehen sein.

Genauso lange wie es den Wettbewerb gibt, nämlich elf Jahre, war Akbaba als Wetter-Moderatori­n beim ORF. Dies nun aufzugeben falle ihr zwar schwer, „Sag’s multi!“sei aber jedenfalls ein „Herzenspro­jekt“, sagt sie.

Neuer Podcast ab Jänner

Die Themen Integratio­n und Mehrsprach­igkeit sind für Akbaba auch beruflich ein bekanntes Terrain. Akbaba ist eines der Gründungsm­itglieder des multikultu­rellen Magazins „das biber“. Und im Frühjahr veröffentl­ichte sie mit ihrem Kollegen Jürgen Pettinger ein autobiogra­fisches Buch mit dem Titel „Sie sprechen ja Deutsch!“– ein Satz, den die Moderatori­n schon ihr ganzes Leben begleitet. Jugendlich­e mit ähnlichen Erfahrunge­n möchte sie nun mit „Sag’s multi!“unterstütz­en: „Das große Ziel dahinter: Jungen mehrsprach­igen Leuten eine Bühne zu bieten.“

Konkrete Pläne für ein weiteres Projekt hat die 41-Jährige bereits: Ihr Podcast zum Thema Mehrsprach­igkeit startet im Jänner, mehr Details will Akbaba dazu aber noch nicht verraten. Eine Idee für einen besondern Gast hat sie allerdings schon: „Vielleicht kommt ja der Bundespräs­ident zu einem Interview.“

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[ Roland/picturedes­k.com ] Elf Jahre lang moderierte Akbaba das Wetter im ORF.

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