Kredite: Banken werden strenger
Coronakrise. Obwohl der Staat die Wirtschaft weiterhin mit Haftungen für Firmenkredite unterstützt, werden Österreichs Banken zunehmend restriktiver.
Wien. Österreichs Wirtschaft kann sich auf Vater Staat verlassen. Rund 38 Mrd. Euro lässt es sich die Regierung kosten, Unternehmen mit Zuschüssen, Stundungen und Kreditgarantien durch die Coronakrise zu tragen. Doch während die Politik den Wählern verpflichtet ist, haben Banken andere Interessen: Sie müssen ihre Bilanzen sauber halten, Eigentümer zufriedenstellen und Vorgaben der Aufseher erfüllen. Daher achten sie nun genauer darauf, wem sie einen Kredit geben.
So haben Banken im dritten Quartal ihre Kreditrichtlinien für Unternehmenskredite verschärft, geht aus einer im Rahmen der EZB und von der Oesterreichischen Nationalbank durchgeführten Umfrage unter Kreditmanagern in Österreich hervor. In diesem Bereich ist das die stärkste Anpassung der Kreditinstitute seit mehr als fünf Jahren. Und es wird noch strikter: Die befragten Banker gehen davon aus, dass es bis Jahresende zu weiteren Verschärfungen kommen wird.
Das bedeutet, dass viele Unternehmen keinen Kredit mehr erhalten. Im dritten Quartal stieg der Anteil abgelehnter Kreditanträge, nachdem er im ersten Halbjahr noch konstant war. Das liegt auch daran, dass die Institute schon im zweiten Quartal die Erfordernisse für Sicherheiten erhöht, Zusatz- oder Nebenvereinbarungen restriktiver formuliert, die Höhe der Kredite und Kreditrahmen beschränkt sowie Fristigkeiten gekürzt, gaben die Kreditverantwortlichen der größten österreichischen Banken an.
Doch nicht nur die Kreditvergabe ist restriktiver geworden, auch die Risikoaufschläge für Unternehmenskredite haben zugelegt. Während die Margen der Banken für durchschnittliche Kredite seit Mitte 2016 bis Anfang 2020 wegen des hohen Wettbewerbs laufend gesunken sind, sind sie heuer in den ersten drei Quartalen wieder gestiegen.
Sauberes Kreditportfolio hat Priorität
„Die Bepreisung eines Kredits ist ein Blick in die Zukunft. Und da ist die Sorge leider berechtigt, dass immer mehr Unternehmen ihre Kredite nicht werden bedienen können. Das erhöht die Risikovorsorgen und damit die Preise“, sagt Franz Rudorfer, Bankenvertreter in der Wirtschaftskammer Österreich.
Wobei die Zinssätze für Unternehmenskredite trotz der höheren Aufschläge dank der EZB-Niedrigzinspolitik weiterhin auf historischen Tiefständen sind: Für einen Kredit von bis zu einer Mio. Euro mussten Firmen im September durchschnittlich 1,57 Prozent bezahlen. Die Verschärfungen sind also vielmehr als eine Trendumkehr zu betrachten: Vor allem für kleine und mittlere Betriebe mit schwacher Bonität wird es nun schwieriger, sich Fremdkapital zu beschaffen.
Die schwache Konjunktur führt dazu, dass die Kreditwürdigkeit vieler Kreditnehmer abnimmt. Vor allem jener in den von der Coronapandemie am stärksten betroffenen Branchen wie Tourismus, Gastronomie, Freizeitindustrie oder Handel. Viele Banker haben bereits im Sommer in Gesprächen mit der „Presse“angekündigt, dass sie in Zukunft bei der Kreditvergabe differenzierter vorgehen und sorgfältiger darauf achten werden, Unternehmen mit nicht tragfähigen Geschäftsmodellen nicht mehr zu finanzieren.
Ähnlich wie Rudorfer begründen auch die befragten Banker die striktere Vorgehensweise mit höheren Risken wegen der unsicheren Wirtschaftslage. Um für die im kommenden Jahr anstehenden Insolvenzwellen gerüstet zu sein, müssen die Institute auf die Qualität ihrer Kreditportfolios achten. Zudem müssen sie die Vorschriften der europäischen Aufseher einhalten. Diese haben ihnen zwar inmitten der Krise einige Erleichterungen gewährt, aber dieses Entgegenkommen ist nur auf Zeit. Zumal die Einführung für heuer geplanter zusätzlicher Eigenkapitalvorgaben auf 2021 verschoben wurde.
Ohne Staatshaftungen weniger Kredite
Dieser Schritt in Richtung restriktiver Kreditvergabe passt aber nicht ins Bild einer Krisenbekämpfung, die darauf ausgerichtet ist, die Wirtschaft mit möglichst viel Liquidität durch die schwierige Zeit zu bringen. Die üppigen Staatshilfen haben – neben der billigen Geldpolitik – dazu beigetragen, dass die Zinssätze für Firmenkredite weiterhin so niedrig sind. Die Zinsen für die staatlich garantierten Kredite sind noch niedriger als die regulären Darlehen – und drücken damit den Durchschnitt noch zusätzlich. Bis Ende November hat die Regierung Kredithaftungen von 6,8 Mrd. Euro übernommen.
Die Einschätzung der Banker dazu: Die Kreditgarantien waren sehr wichtig, sie haben ihnen zu Beginn der Krise geholfen, der hohen Nachfrage nach Überbrückungsfinanzierungen nachzukommen. Ohne diese Haftungsübernahme hätten viele der CoronaHilfskredite aus „wirtschaftlichen und regulatorischen Gründen“nicht vergeben werden können, so die Kreditmanager.