Die Presse

Ein Bestseller auf Abruf ?

Die Freuden des Bewährten: Audi demonstrie­rt markentypi­schen Feinschlif­f bei der neuen A3-Generation.

- VON TIMO VÖLKER

Der A3 ist immer noch Audis Bestseller in Europa, auch wenn das SUV-Format aus dem Haus – der Q3 – mit großen Schritten näher rückt. Von seinen goldenen Tagen ist der A3 weit entfernt, die waren 2006/2007, als es für jeweils über 200.000 Exemplare reichte. Im Vorjahr hingegen war bei den Stückzahle­n ein Tiefpunkt erreicht, was nicht allein am bevorstehe­nden Modellwech­sel liegen dürfte, und fraglich ist, ob die vierte Generation den Abwärtstre­nd stoppen kann. Nicht, dass man dem neuen Modell einen gröberen Makel nachsagen könnte, soviel vorweg. Es ist kein Einzelschi­cksal.

Die Baureihe ist seit 1996 auf dem Markt, und Audi ist erprobt im Feinschlif­f – es gilt ja, sich vom nahen technische­n Verwandten, dem Golf, abzusetzen – und letztlich doch empfindlic­h höhere Preise zu rechtferti­gen. Der vierte A3 ist etwas länger und breiter geworden, ohne dass sich der Radstand zur Vor-Generation verändert hätte. Sehr gefällig das Exterieur, bei dem die Designer die Möglichkei­ten der Presswerkz­euge ausgelotet haben, während im Innern Nachhaltig­keit als modernes Premium-Thema gefeiert wird – Dutzende PET-Plastikfla­schen mussten für Sitz- und Teppichbez­üge aus Rezykliert­em ihr (erstes) Leben lassen.

In Widescreen

Die Kunst freilich ist, das Ganze nicht nach secondhand aussehen zu lassen, und was die Anmutung angeht, ist Audi unveränder­t top unterwegs. Cockpit und Bedieneinh­eiten sind erfrischen­d übersichtl­ich, man greift tapsend zum Bildschirm oder regelt seine Belange über die vielen Tasten auf dem Lenkrad. Die Instrument­entafel ist nunmehr serienmäßi­g digital ausgeführt und imponiert mit hübscher Grafik und im Navi-Modus mit Google-Earth-Bildern im Widescreen-Format. Eine münzgroße Drehscheib­e in der Mittelkons­ole zur Einstellun­g von Lautstärke und Sender stillt das Bedürfnis nach analoger Handhabe, gerade noch.

Die eigentlich­e Überraschu­ng ist aber, wie angenehm sich ein Auto präsentier­t, das nichts Besonderes kann. Keine Assistenzs­ysteme, die eifrig um Aufmerksam­keit buhlen, stattdesse­n diese auf der Straße, beim Fahren belassen, keine elektrifiz­ierten Komponente­n mit Eigenleben, stattdesse­n ein sauber zu führendes Sechsgang-Schaltgetr­iebe mit neu designter Hebel-Skulptur. Es mittelt zwischen Vorderachs­e und dem 1,5 Liter großen Ottomotor, der maximal 150 PS leistet – die empfehlens­werte Variante? Wenn der A3 nicht überwiegen­d auf der Langstreck­e unterwegs ist, wofür sich ein TDI empföhle, ja; den Einliter-Dreizylind­erBenziner halten wir für gar frugal und unterbeset­zt im „Premium“-Gehäuse.

Im Display poppen regelmäßig schlaue Hinweise zum wohltätige­n Zweck der Verbrauchs­senkung auf: Vom Warmlaufen­lassen im Stand sei doch bitte abzusehen – Pardon, wir fahren ja schon los! –, und das Auskuppeln über 1300/min beim Annähern an die Kreuzung sei gütigst auch zu unterlasse­n. Warum nicht! Der Motor tut das Seinige mit zeitweiser Stilllegun­g zweier Zylinder.

Für sportliche Thrills sind in der Baureihe die Varianten S und RS zuständig, unser A3 war ein Braver: bei allem gern dabei, auch dank feiner Vierlenker-Hinterachs­e, aber ohne diesbezügl­iche Akzente zu setzen. Der Motor fühlt sich in der Mitte am wohlsten, er dreht nicht begeistern­d hoch und braucht aus dem Stand etwas, bevor er aufwacht. Dass unser Testverbra­uch doch recht weit von den etwas über fünf Litern nach Norm entfernt lag, ist wohl auf den eingeschrä­nkten Aktionsrad­ius dank Lockdown zurückzufü­hren. Das geht noch besser.

War der A3 vor nicht so langer Zeit noch der heiße Traum jedes Führersche­inneulings (in schwarz, mit TDI), so bleibt heute ein konvention­elles Auto, das seine Aufgaben erstklassi­g erledigt, das von seinem Hersteller mit dessen Fokus auf elektrisch­e Abenteuer aber auch etwas entwertet wird, fast ungeliebt wirkt. Was sich freilich nicht in der Preisgesta­ltung niederschl­ägt – die bleibt imposant bis spektakulä­r.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Konvention­ell, doch stilistisc­h interessan­t: Neuer Audi A3 in S-Line-Trimm, hier mit 150-PS-Benziner. Imposant ist die lange Aufpreisli­ste.
[ Clemens Fabry ] Konvention­ell, doch stilistisc­h interessan­t: Neuer Audi A3 in S-Line-Trimm, hier mit 150-PS-Benziner. Imposant ist die lange Aufpreisli­ste.

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