Prügelei in der Schweizer Sterbehilfeklinik
Immer noch berät der VfGH über assistierten Suizid. Nachgedacht wird auch in der Literatur: ein paar Tipps.
Ein Ire schrieb über den Wunsch seiner Mutter nach Sterbehilfe – aus Freude daran lebte sie weiter.
Als am 22. November 1963 der Autor Aldous Huxley starb, nahmen das zunächst wenige zur Kenntnis, sein Tod wurde von einem aufsehenerregenderen verdeckt: der Ermordung John F. Kennedys. Er starb einen sanften, aber unüblichen Tod: Seine Frau hatte ihm im Sterben zwei Injektionen LSD verabreicht.
Immer noch steht die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs darüber aus, ob assistierter Suizid in Österreich zugelassen werden soll oder nicht. Wer sich selbst Gedanken darüber macht oder machen will, findet auch in der Literatur Stoff dazu. Huxley etwa, der für den Einsatz psychedelischer Substanzen in der Sterbebegleitung eintrat, verarbeitete dieses Thema auch in seinem letzten, utopischen
Roman „Eiland“. Ein wenig an Huxley erinnert auch Martin Walsers Sterbewunsch: „eine Gleitdroge, die die Arbeit in einem Zwölfstundenschlaf für mich erledigt“. Schade nur, dass sein Roman „Ein sterbender Mann“, in dem es auch um Sterbehilfe geht, zu Walsers schwächsten zählt.
Michel Houellebecq hat erklärt, die Legalisierung der Sterbehilfe „bekämpfen“zu wollen, assistierten Suizid sieht er als Beihilfe zum Mord. In seinem soeben auf Deutsch erschienenen Essayband ist das ein zentrales Thema. Und schon im Roman „Karte und Territorium“reist der Protagonist seinem Vater nach, der die Dienste einer Sterbehilfeklinik in Anspruch nehmen will; er kommt zu spät und verprügelt aus Zorn und Verzweiflung eine Angestellte.
Aus Frankreich kommt aber auch der erschütternde Erfahrungsbericht der Schriftstellerin Emmanuelle Bernheim, die ihren Vater, einen Pariser Kunstsammler, nach
Bern zur Sterbehilfe begleitete („Alles ist gut gegangen“).
Ebenfalls literarische Qualität hat der autobiografisch gefärbte Roman „Schlemm“des in Deutschland lebenden Schweizers Nicola Bardola. Darin versucht ein Sohn, die Entscheidung seiner Eltern zum assistierten Suizid zu verstehen. Leider bisher nur auf Englisch erhältlich ist der Roman „The Easy Way Out“von Steven Amsterdam, der auch als Palliativpfleger gearbeitet hat. Hier beschreibt er anhand einiger Geschichten sehr differenziert die schwierigen Seiten der Sterbehilfe. In „Time to Go“schließlich erzählt der irische Autor Guy Kennaway vom Sterbehilfewunsch seiner 88-jährigen Mutter und seinem eigenen Umgang damit. Seine Mutter fand an dem Buchprojekt solche Freude, dass sie weiterlebte, in den Medien für das Recht auf assistierten Suizid eintrat – und schließlich selbst ohne diesen starb.