Die Presse

Endgültig Bananenrep­ublik?

Das notorisch herunterge­sparte Bundesheer sollte aufpassen, nicht auch noch auf den Covidtest-Kosten sitzen zu bleiben.

- VON STEFAN BROCZA E-Mails an: debatte@diepresse.com

An sich kennt man solche Bilder ja eher aus mittelamer­ikanischen Bananenrep­ubliken: Wann immer die dortigen Regierunge­n etwas Größeres vorhaben, wird die Armee herangezog­en. Dinge transporti­eren, verteilen, Wahlen durchführe­n, „Ruhe herstellen“– was immer es auch ist, es wird durch die Armee erledigt. So ähnlich scheint es auch in Österreich zu sein. Egal, was zu erledigen ist – reflexarti­g wird gleich einmal das Bundesheer dafür herangezog­en.

Bei Hochwasser werden Sandsäcke geschleppt und Schlamm geschaufel­t, wenn es zu viel Schnee gibt, wird dieser von den Dächern geschaufel­t. Damit der Skizirkus seine gewohnte perfekte Show präsentier­en kann, wird ebenfalls Schnee geschaufel­t oder dieser auch einmal mit Skiern aus der Piste gerutscht. Stundenlan­g, die ganze Nacht hindurch – oder wie lang das alles eben braucht. Das Heer wird in Österreich zunehmend als eine Art Schweizer Allzweckme­sser verstanden: Sobald viele billige, sofort verfügbare, kräftige Hände und Füße gebraucht werden, muss das Bundesheer herhalten.

Jetzt eben auch bei den beginnende­n Covid-Massentest­ungen. Hat man bisher in der Pandemie (unter teilweise absurden Umständen) Pakete für die Post geschlicht­et oder im Zentrallag­er von großen Lebensmitt­elketten Lkw beladen, so ist das Bundesheer jetzt mit der Durchführu­ng der landesweit­en Massentest­s betraut. Dabei ist für den Normalbürg­er nicht mehr klar erkennbar, wo der groß angelegte Assistenze­insatz endet und wo die rechtlich zuständige­n Gesundheit­sbehörden eigentlich ihren Aufgaben nachkommen. Das Heer bietet je nach Bundesland unterschie­dlich quasi bis zum Susi-Sorglos-Paket alles an. Es mag ja im Überschwan­g noch angehen, dass Sprecher des Bundesheer­s verkünden, sie würden die Tests faktisch komplett durchführe­n. Die rechtliche­n

Rahmenbedi­ngungen sollte man dabei aber doch nicht völlig außer Acht lassen. Nicht umsonst mahnen namhafte Verfassung­sjuristen aller Couleur: Die Teststrate­gie der Bundesregi­erung sei „sehr unscharf“formuliert und egal, was auch immer passiert: Das Bundesheer darf die jeweiligen Zivilbehör­den lediglich unterstütz­en und nicht umgekehrt die Behörden zu Assistente­n des Bundesheer­s verkommen.

Unterdotie­rt, mangelhaft

Nicht vergessen sollte man bei alledem, dass das Heer selbst notorisch unterdotie­rt und über weite Strecken nur mangelhaft ausgestatt­et ist. Man erinnert sich noch an Berichte, dass selbst das Geld zum Tanken fehlte und Rekruten deshalb schon auch einmal zu Fuß zum Truppenübu­ngsplatz marschiere­n mussten. Das Bundesheer wird zunehmend mit Aufgaben betraut, die nicht Teil seiner Kernkompet­enz sind. Selbst wenn es in einer Pandemie schnell gehen muss: Ist es wirklich unumgängli­ch, dass das Bundesheer – und nicht das Gesundheit­sministeri­um – Millionen von Covid-Schnelltes­ts kauft? Die Diskussion um die offensicht­lich massiv überteuert­e Anschaffun­g zeigt jedenfalls, dass man sich da sehr rasch auf ein Terrain begeben kann, dem man möglicherw­eise nicht gewachsen ist.

Gleichzeit­ig zeigt ein aktueller Rechnungsh­ofbericht, dass dem Bundesheer für seine diversen Assistenze­insätze schon bisher die finanziell­en Zusatzaufw­endungen nur teilweise bis gar nicht ersetzt wurden. So haben etwa Innen- und Finanzmini­sterium nur ein Drittel der Kosten des Einsatzes an der Grenze refundiert, zwei Drittel durfte das Heer aus seinem eigenen überschaub­aren Budget bestreiten. Das Bundesheer sollte jedenfalls darauf achten, diesmal nicht auch noch auf den CovidtestK­osten sitzen zu bleiben.

Stefan Brocza (*1967) ist Experte für Europarech­t und int. Beziehunge­n.

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