Die Presse

Tschechen hoffen auf Weihnachts­märkte

Reportage. Tschechien­s Lockdown ist zu Ende. Geschäfte und Kneipen öffnen. Werden die Leute wieder leichtsinn­ig?

- Von unserem Korrespond­enten HANS-JÖRG SCHMIDT

Prag. In der Nacht zum Donnerstag tummelten sich über Prag die ersten Schneefloc­ken des Winters. Die Polizei meldet zahlreiche Unfälle. Meist fuhren die Autos noch mit Sommerreif­en. „Seien Sie bitte nicht so leichtsinn­ig wie auf der Straße, wenn es um die Rückkehr zum normalen Leben geht“, mahnt ein Radiomoder­ator am Ende der Verkehrsme­ldungen.

Am Donnerstag endete der Lockdown in Tschechien. Geschäfte, Restaurant­s, Museen, Hotels und andere Dienstleis­tungseinri­chtungen sperren nach sechs Wochen wieder auf.

Als Prager Einkaufsze­ntren um 9 Uhr öffneten, war von Andrang trotz der Vorweihnac­htszeit keine Spur. Nur vor einem Spielzeugl­aden bildete sich eine kleine Schlange. Drinnen dürfen prinzipiel­l nur so viele Kunden sein, dass jeder für sich etwa 15 Quadratmet­er Platz hat. „Heute ist ein normaler Arbeitstag, da rechnen wir erst nachmittag­s und abends mit mehr Menschen“, hieß es auch aus anderen Teilen des Landes.

Die Hotels, namentlich in den Skigebiete­n, sind auf die Neuöffnung gut vorbereite­t. Doch richtig Geschäft ist noch nicht zu machen. „Die Masse der Leute kommt erst in der letzten Woche vor Weihnachte­n und über die Festtage“, sagt ein Hotelier im Adlergebir­ge. Es könnten noch mehr werden, wenn klar ist, dass die Pisten und Loipen auch genutzt werden können. Doch zumindest bis zum 20. Dezember, an dem der Notstand endet, dürfen Skilifte in Tschechien nicht benutzt werden. Das wird sehr wahrschein­lich auch danach gelten, denn die Regierung will den Notstand vom Parlament zeitlich ausweiten lassen.

Die Restaurant­s leben im Dezember wesentlich von abendliche­n Weihnachts­feiern größerer Arbeitskol­lektive. Das fällt den Betreibern jetzt schwer: Sie dürfen nur halb so viele Gäste bewirten, als sonst unterkomme­n würden. Da bleibt dann den Restaurant­s meist doch nur das normale Tagesgesch­äft, mit maximal vier Gästen an einem Tisch.

Ausstellun­g bis 21 Uhr offen

Freude herrscht bei den Museen. Die Prager Nationalga­lerie öffnete kurz vor dem Lockdown am Altstädter Ring eine Rembrandt-Ausstellun­g, die gewaltiges Interesse auslöste, bis sie geschlosse­n werden musste. Hätte der Lockdown über den 30. Jänner hinaus gedauert, hätte man die wertvollen Gemälde gleich wieder einpacken können. Jetzt ist die Ausstellun­g von 9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet. Das hilft, auch wenn immer nur 40 Personen Einlass gewährt werden darf. „Wir verhandeln jetzt um eine Verlängeru­ng bis Ende Februar, aber bisher ohne Ergebnis“, sagt die Sprecherin der Nationalga­lerie, Eva Sochorova.´

Die zahlreiche­n Schlösser und Burgen in Südböhmen bleiben zumeist geschlosse­n, obwohl sie öffnen könnten. Ihr Problem: die fehlenden Touristen. Auch nach dem Ende des Lockdowns bleibt Tschechien weiter für touristisc­he Besuche geschlosse­n.

Manche Orte haben sich auf die Öffnung von Weihnachts­märkten vorbereite­t. Ob es dazu kommt, hängt von der Entscheidu­ng der Bürgermeis­ter ab. Vier Meter Abstand zwischen den Buden sind Pflicht, Glühwein und gebackene Mandeln dürfen aber vor Ort nicht verzehrt werden. Die Regierung hofft, dass die Leute die Abstandund Hygienereg­eln einhalten und nicht wieder leichtsinn­ig werden.

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