Tschechen hoffen auf Weihnachtsmärkte
Reportage. Tschechiens Lockdown ist zu Ende. Geschäfte und Kneipen öffnen. Werden die Leute wieder leichtsinnig?
Prag. In der Nacht zum Donnerstag tummelten sich über Prag die ersten Schneeflocken des Winters. Die Polizei meldet zahlreiche Unfälle. Meist fuhren die Autos noch mit Sommerreifen. „Seien Sie bitte nicht so leichtsinnig wie auf der Straße, wenn es um die Rückkehr zum normalen Leben geht“, mahnt ein Radiomoderator am Ende der Verkehrsmeldungen.
Am Donnerstag endete der Lockdown in Tschechien. Geschäfte, Restaurants, Museen, Hotels und andere Dienstleistungseinrichtungen sperren nach sechs Wochen wieder auf.
Als Prager Einkaufszentren um 9 Uhr öffneten, war von Andrang trotz der Vorweihnachtszeit keine Spur. Nur vor einem Spielzeugladen bildete sich eine kleine Schlange. Drinnen dürfen prinzipiell nur so viele Kunden sein, dass jeder für sich etwa 15 Quadratmeter Platz hat. „Heute ist ein normaler Arbeitstag, da rechnen wir erst nachmittags und abends mit mehr Menschen“, hieß es auch aus anderen Teilen des Landes.
Die Hotels, namentlich in den Skigebieten, sind auf die Neuöffnung gut vorbereitet. Doch richtig Geschäft ist noch nicht zu machen. „Die Masse der Leute kommt erst in der letzten Woche vor Weihnachten und über die Festtage“, sagt ein Hotelier im Adlergebirge. Es könnten noch mehr werden, wenn klar ist, dass die Pisten und Loipen auch genutzt werden können. Doch zumindest bis zum 20. Dezember, an dem der Notstand endet, dürfen Skilifte in Tschechien nicht benutzt werden. Das wird sehr wahrscheinlich auch danach gelten, denn die Regierung will den Notstand vom Parlament zeitlich ausweiten lassen.
Die Restaurants leben im Dezember wesentlich von abendlichen Weihnachtsfeiern größerer Arbeitskollektive. Das fällt den Betreibern jetzt schwer: Sie dürfen nur halb so viele Gäste bewirten, als sonst unterkommen würden. Da bleibt dann den Restaurants meist doch nur das normale Tagesgeschäft, mit maximal vier Gästen an einem Tisch.
Ausstellung bis 21 Uhr offen
Freude herrscht bei den Museen. Die Prager Nationalgalerie öffnete kurz vor dem Lockdown am Altstädter Ring eine Rembrandt-Ausstellung, die gewaltiges Interesse auslöste, bis sie geschlossen werden musste. Hätte der Lockdown über den 30. Jänner hinaus gedauert, hätte man die wertvollen Gemälde gleich wieder einpacken können. Jetzt ist die Ausstellung von 9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet. Das hilft, auch wenn immer nur 40 Personen Einlass gewährt werden darf. „Wir verhandeln jetzt um eine Verlängerung bis Ende Februar, aber bisher ohne Ergebnis“, sagt die Sprecherin der Nationalgalerie, Eva Sochorova.´
Die zahlreichen Schlösser und Burgen in Südböhmen bleiben zumeist geschlossen, obwohl sie öffnen könnten. Ihr Problem: die fehlenden Touristen. Auch nach dem Ende des Lockdowns bleibt Tschechien weiter für touristische Besuche geschlossen.
Manche Orte haben sich auf die Öffnung von Weihnachtsmärkten vorbereitet. Ob es dazu kommt, hängt von der Entscheidung der Bürgermeister ab. Vier Meter Abstand zwischen den Buden sind Pflicht, Glühwein und gebackene Mandeln dürfen aber vor Ort nicht verzehrt werden. Die Regierung hofft, dass die Leute die Abstandund Hygieneregeln einhalten und nicht wieder leichtsinnig werden.