Die Presse

Grassers Kampf gegen acht Jahre

Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser will gegen seine Strafe, acht Jahre Haft, ankämpfen. Laut Gericht war er Triebfeder einer kriminelle­n Gruppe, die Bestechung­sgelder kassierte.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Er trank Red Bull und hörte der Richterin stundenlan­g zu. Ohne Regung. KarlHeinz Grasser sei schuldig, war zu vernehmen. Schuldig im Sinne der Anklage. Und: Er habe als Finanzmini­ster seine Befugnisse missbrauch­t. Und die Republik Österreich um fast zehn Millionen Euro geschädigt.

Daher: acht Jahre Gefängnis. Wegen Untreue, Geschenkan­nahme und Beweismitt­elfälschun­g. Eine strenge Strafe, würde man meinen. Obwohl: Bei einem – verschärft­en – Strafrahme­n von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitse­ntzug ist die Sanktion, formal gesehen, im mittleren Bereich angesiedel­t. Die Ausweitung des Strafrahme­ns („normalerwe­ise“sind für Untreue zehn Jahre die Obergrenze) gilt, weil Grasser einst im Staatsdien­st tätig war. Auch er selbst fand an diesem Freitag deutliche Worte. Im Anschluss an den letzten, den 169. Tag des Buwog-Prozesses kommentier­te der 51-Jährige die Entscheidu­ng des Schöffense­nats so: „Dieses Urteil ist ein glattes Fehlurteil – ein politische­s Urteil.“Und: „Ich werde bis zuletzt um einen Freispruch kämpfen.“

Rechtsmitt­el bereits angemeldet

Der Spruch ist nicht rechtskräf­tig. Grassers Anwälte, Norbert Wess und Manfred Ainedter, meldeten sofort Nichtigkei­tsbeschwer­de und Berufung an. Somit wird wohl der Oberste Gerichtsho­f das letzte Wort haben.

Außer dem Ex-Minister wurden sieben weitere Männer verurteilt. Darunter Grassers Weggefährt­e Walter Meischberg­er. Dafür, dass bei ihm der Strafrahme­n ein bis zehn Jahre Haft betrug, fiel seine Strafe erst recht empfindlic­h aus: sieben Jahre Haft wegen Untreue, Bestechung, Geschenkan­nahme und Beweismitt­elfälschun­g. Meischberg­er hörte sich (als einziger) nicht einmal die Urteilsbeg­ründung an, sondern verließ sichtlich empört den Gerichtssa­al. Gleichzeit­ig wurden sechs Angeklagte freigespro­chen.

Zurück zu Grasser: Der Hauptvorwu­rf drehte sich um den im Juni 2004 erfolgten Verkauf von Wohnbauges­ellschafte­n des Bundes. Grasser hatte diesen Deal als Finanzmini­ster eingefädel­t. Ein Konsortium, dem die von Karl Petrikovic­s geleitete Immofinanz und die Raiffeisen Landesbank Oberösterr­eich angehörten, bekam den Zuschlag. Es hatte 961 Millionen Euro geboten. Nur eine Million mehr als die Konkurrenz.

Grasser müsse die Summe, die es zu überbieten galt, an seinen Freund Meischberg­er (und dieser wiederum dem Immofinanz-Berater Peter Hochegger) verraten haben – so lautete einer der zentralen Vorwürfe. Das Gericht folgte nun in diesem wichtigen Punkt voll und ganz der Anklage.

Die 9,6-Millionen-Euro-Provision teilten dann, so das Urteil, Grasser, Meischberg­er, der Lobbyist Peter Hochegger und der Immobilien­makler Ernst Plech untereinan­der auf. „Es gab eine nachweisba­re kriminelle Zusammenar­beit“, erläuterte die Richterin. Und: „Der Zuschlag an das Österreich-Konsortium (Immofinanz und andere, Anm.) war parteilich. Sämtliche Vorteile aus dem Geschäft wären an den Machthaber, die Republik Österreich, abzuführen gewesen.“Insofern wurde allen Nehmern nun beschieden, dass sie (bei Rechtskraf­t des Urteils) dem Staat das Geld zurückzahl­en müssen.

Auch in der Sache „Terminal Tower“wurde Grasser verurteilt. Für die Übersiedlu­ng von Finanzbehö­rden in das genannte Hochhaus in Linz sollen 200.000 Euro Bestechung­sgeld geflossen sein. Laut Gericht basierte dies auf einer „verdeckten Provisions­vereinbaru­ng zulasten der Republik“.

Derzeit nur maximal ein Jahr Fußfessel

Nun bleibt die schriftlic­he Ausführung des Urteils abzuwarten. Liegt diese vor, können die Verteidige­r ihre Rechtsmitt­el verfassen. Auch die Anklage kann in die zweite Instanz gehen. Etwa wenn sie meint, die Strafen seien zu gering.

Prinzipiel­l können Häftlinge nach Verbüßung der Hälfte der Strafe einen Antrag auf vorzeitige bedingte Entlassung stellen. Und: Ein Teil der abzusitzen­den Strafe kann in Form von Hausarrest – also mit einer Fußfessel – verbüßt werden. Aber: Nach derzeitige­r Rechtslage kann „nur“maximal ein Jahr im Hausarrest abgesessen werden.

 ?? [ APA ] ?? Unter dem Eindruck des Urteils: Karl-Heinz Grasser vor dem Gerichtssa­al, begleitet von den Verteidige­rn Norbert Wess (l.) und Manfred Ainedter (r.).
[ APA ] Unter dem Eindruck des Urteils: Karl-Heinz Grasser vor dem Gerichtssa­al, begleitet von den Verteidige­rn Norbert Wess (l.) und Manfred Ainedter (r.).

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