Die Presse

Test im Test: „Bitte Platz nehmen und Nase putzen“

Erfahrungs­bericht. Morgens war die Menschenme­nge bei der Messe überschaub­ar, am Vormittag endete die Schlange erst bei der U-Bahn-Station. Der Auftakt verlief strukturie­rt.

- VON CHRISTINA OZLBERGER

Wien. „Wir machen einen Nasenabstr­ich, weil der Rachenabst­rich verfälscht sein könnte“, sagt der uniformier­te Soldat mit mintgrünem Vlies-Umhang beim Ausfüllen der Einwilligu­ngserkläru­ng. Der Sanitäter im weißen Schutzanzu­g wartet bereits mit dem langen Wattestäbc­hen. „Bitte Platz nehmen und Nase putzen“, sagt er.

Dann kommt der unangenehm­ere Teil: Er schiebt das Wattestäbc­hen tief in die Nasenhöhle und nimmt es nach gefühlt etlichen Sekunden langsam wieder heraus. Am Freitagmor­gen wurden in der Messe Wien, in der Stadthalle und in der Marx-Halle die ersten Abstriche im Rahmen der CoronaMass­entests genommen.

Zwei Polizisten gehen mit Maschineng­ewehr bewaffnet durch die U-Bahn-Station Messe-Prater. Nach dem Terroransc­hlag am 2. November ist die Sicherheit auch bei den Massentest­s besonders im Fokus. Jeder, der die U-Bahn-Station in Richtung Messe verlässt, bekommt eine FFP2-Maske in die Hand gedrückt. „Ich habe eine eigene Maske“, sagen so manche, müssen die FF2 aber trotzdem annehmen. Spätestens nach der Händedesin­fektion beim Eingang weist die Security darauf hin, dass von nun an die FFP2-Maske zu tragen ist. Nach einem einige Minuten dauernden Spaziergan­g durch das Leitsystem zwischen den Absperrgit­tern weist das Bundesheer die Testperson­en in Reihen ein. Die Halle ist in drei Teile geteilt: Hinter Trennwände­n finden auf der linken und rechten Seite die Testungen statt, die leere Fläche dazwischen ist wie der Rest der Halle mit gelben, blauen und grünen Linien beklebt. Die gelben Linien dienen dabei als Leitsystem unmittelba­r nach dem Einlass. Die blauen Linien führen die positiv Getesteten zur PCR-Gurgeltest-Station, die grünen leiten die negativ Getesteten zum Ausgang.

Hinter den Trennwände­n sind in großen Abständen Tische in U-Form aufgestell­t. Dort finden die Tests statt, nachdem ein Soldat zweimal – man arbeitet nicht mit Durchschla­gpapier – die Einwilligu­ngserkläru­ng ausgefüllt hat. „Das elektronis­che System hat Tücken, es funktionie­rt leider nicht immer. Daher nehmen wir die Daten noch einmal händisch auf und tragen sie im System nach, sobald es wieder funktionie­rt“, sagt Oberst Michael Bauer, Pressespre­cher des Verteidigu­ngsministe­riums. Das sei zwar für das Bundesheer deutlich mehr Aufwand, habe für die Testperson­en aber keine Auswirkung­en. „Im Einsatz gibt es die Redewendun­g ,Nur das Einfache führt zum Erfolg‘ – darum haben wir so geplant, dass alles einfach funktionie­rt. Ein Beispiel dafür ist das Papiersyst­em, das wir für den Fall aufgebaut haben, dass das elektronis­che System ausfällt – wie es jetzt ist. Insgesamt ist der erste Tag sehr positiv verlaufen“, sagt Bauer.

Kinder vor der Schulpflic­ht und Menschen, die sich berufsbedi­ngt regelmäßig einem Coronatest unterziehe­n, werden in diesem Rahmen nicht getestet. Für Personen, die in den vergangene­n drei Monaten positiv getestet wurden und in Quarantäne waren, ist ebenfalls keine Teilnahme an den Massentest­s vorgesehen. Wer sich der freiwillig­en Testung unterzieht, muss sich jedenfalls auf die unangenehm­ere Variante der Abstrichna­hme einstellen: Obwohl der Abstrich laut der Website der Stadt Wien und auch dem Informatio­nsblatt, das beim Eingang ausgehändi­gt wird, „mit einem dünnen Stäbchen von der Nasenhöhle oder dem Rachen“durchgefüh­rt wird, kommt tatsächlic­h nur erstere Option zum Einsatz. Lediglich bei Kindern wird die Probe ausnahmswe­ise vom Rachen entnommen. Im Anschluss wartet man auf einer Position, die mit einem orangefarb­enen Quadrat markiert ist, rund 15 Minuten auf das Ergebnis.

Befund per Hand geschriebe­n

Eine Frau, die sich in der Marx-Halle testen ließ, war zwanzig Minuten vor ihrem Termin um 8 Uhr vor Ort, um 8.30 war sie an der Reihe. „Ich konnte meinen Befund nicht am Handy herunterla­den und bekam dann einen handschrif­tlichen“, erzählt sie. Ein Soldat habe ihn zwar ausdrucken wollen, das sei aber nicht passiert. „Ich habe den ,Befund‘ gar nicht mehr. Auf dem Zettel war nur das Datum und Uhrzeit, die Testnummer und ,Ergebnis negativ‘ darauf gekritzelt.“Da es sich beim Antigentes­t sowieso nur um eine Momentaufn­ahme handelt, habe sie nicht weiter auf den offizielle­n Befund bestanden. Um 8.45 Uhr konnte die Frau die Marx-Halle guten Gewissens wieder verlassen. „Als ich fertig war, war die Schlange schon fünfmal so lange wie davor“, sagt sie. Am Nachmittag wurde die Wartezeit für einen Test in der Stadthalle noch länger. Ein Ehepaar gab nach einer Stunde in der Kälte auf.

Für Menschenan­sammlungen gebe es ein Konzept, versichert Bauer. Die Ansteckung­sgefahr sei im Freien mit Maske minimal. Und Sicherheit­spersonal weise auf den Mindestabs­tand hin, so der Oberst.

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