Maskenpflicht im Unterricht: „No-Go“oder „gelinderes Mittel“?
Schule. Die Kritik der Eltern ist groß. Das Ministerium lenkt teilweise ein. Kinder dürfen bei großen Bedenken entschuldigt zu Hause weiterlernen.
Wien/Berlin. Noch vor wenigen Monaten blickte Österreichs Bildungsminister Heinz Faßmann überaus skeptisch auf die Einführung einer Maskenpflicht während des Unterrichts im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen. „Es ist ein bisschen ein PRGag“, sagte er damals dazu. Ab Montag wird die Maskenpflicht im Unterricht aber auch in Österreichs Schulen gelten. Und zwar für alle Schüler ab zehn Jahren. „Das ist eine heikle Angelegenheit“, gestand der Minister, „aber bevor wir den Präsenzunterricht aufgeben, ist mir dieses gelindere Mittel lieber.“
Das sehen längst nicht alle Eltern so. In Klassenchatgruppen, Internetforen und Elternvertretungsgremien formiert sich Widerstand. Auch eine Onlinepetition mit 5100 Unterschriften gibt es bereits. Ein „absolutes No-Go“ist die Maskenpflicht im Unterricht auch für Elisabeth Rosenberger, die Sprecherin der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen. Die Jugendlichen müssten den Mund-Nasen-Schutz auf dem Schulweg, den Vormittag über und am Nachmittag tragen. „Das hält ja kein Mensch aus“, sagt sie. Auch in den Augen der Kinder- und Jugendanwaltschaften stellt die Maskenpflicht „eine massive, auch gesundheitliche, Belastung dar“. Es sei eben „nicht das gelindeste Mittel“.
Das Bildungsministerium versucht zu beruhigen und macht einen Schritt auf skeptische Eltern zu. Anders als ursprünglich geplant können Eltern, deren Bedenken groß sind, ihre Kinder weiterhin zu Hause unterrichten. Das sei keine Schulpflichtverletzung. Generell handle es sich „um kein Maskentragen auf Biegen und Brechen“. Es dürften natürlich Maskenpausen gemacht werden. Sie sollten aber nicht mit den regulären Pausen zusammenfallen. Denn genau dort sei die Situation unkontrolliert. Schüler können die Maske während des Unterrichts kurz abnehmen. Vorausgesetzt, es wird gleichzeitig gelüftet und nicht gesprochen. Konkrete Leitlinien für Lüftpausen werden noch erarbeitet. Schon seit November konnten Direktoren eine Maskenpflicht im Unterricht erlassen. In den Pausen und auf dem Gang galt sie sowieso.
In Bayern sind Volksschüler maskiert
Auch Schüler im deutschen Klassenzimmer sind ab der siebenten Schulstufe im Unterricht maskiert. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen. Ginge es nach Bildungsministerin Anja Karliczek, sollte auch in Volksschulen der Mund-Nasen-Schutz zur Pflicht werden. Aber nach Karliczek geht es nicht. Seuchenschutz ist Ländersache. Jedes Bundesland, oft sogar jeder Landkreis, kocht sein eigenes Süppchen. In Bayern und einigen anderen Regionen zum Beispiel gilt die Maskenpflicht auch in der Volksschule und in Berlin in Hotspot-Bezirken ab der fünften und sechsten Klasse der Volksschule (die sechs statt vier Jahre dauert). In Berlin wird auch das Lüften der Klassen trainiert. Für den richtigen Lüftrhythmus gibt es CO2Messgeräte. Zwischen Nord- und Bodensee wird viel experimentiert. Zuweilen decken Städte in Eigenregie ihre Schulen mit mobilen Luftfilteranlagen ein.
Der Ruf nach CO2-Messgeräten und Lüftungssystemen wird auch in Österreich lauter. Als Alternative zur Maskenpflicht hat sie der Dachverband der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen neuerlich ins Spiel gebracht. So könne man temporär oder dauerhaft von der Maskenpflicht abrücken. Bisher schien der Bildungsminister von solchen Geräten wenig zu halten. Für das Lüften reiche, wie Faßmann sagte, der Hausverstand.