Was hat der Staat eigentlich im digitalen „Kaufhaus“zu suchen?
Im Schatten der Coronakrise steigt auch bei uns die Lust der Regierung auf Interventionismus.
Ganz Österreich lacht derzeit über den holprigen Onlineversuch mit Kaufhaus Österreich. Dabei ist das verkappte Satireprojekt, bei dem das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer 700.000 Euro verbraten haben, eher zum Weinen. Und noch dazu hochproblematisch: Hier hat sich der Staat wieder einmal unnotwendigerweise auf unternehmerisches Terrain begeben. Mit dem erwartbaren Ergebnis.
Es ist nicht so, dass bisher noch niemand auf die Idee gekommen wäre. Mit dem Kaufhaus Österreich wurde der Onlinehandel in Österreich ja nicht erfunden. Es gibt schon eine ganze Reihe von privaten Plattformen, die hervorragend funktionieren und regionalen Händlern und Produzenten einen brauchbaren digitalen Absatzkanal bieten. Ja, der Staat selbst hat mit der (freilich auch häufig kritisierten) Shöpping-Plattform der teilstaatlichen Post schon einen Fuß in der Tür.
Es gibt also nicht den geringsten Anlass, noch einmal in den Markt hineinzudilettieren. Allerdings liegt das im Trend: Die Corona-Umbrüche liefern Regierungen in ganz Europa den Vorwand dafür, den Staat in allen Bereichen wieder stärker in Position zu bringen und den politischen Einfluss auszuweiten. Türkis-Grün ist in diesem Punkt leider auch keine Ausnahme.
„DDR 2.0“hat das ein leicht verärgerter Wirtschaftslenker neulich im Gespräch mit der „Presse“genannt. Das ist vielleicht ein wenig sehr übertrieben, aber es trifft den Punkt. Dabei sollte die Erfahrung etwa aus der Landwirtschaft, die seit Jahrzehnten mit zahllosen staatlichen Eingriffen und Lenkungsmaßnahmen planwirtschaftlich kaputt gemacht wird, eigentlich Warnung genug sein.
Dieser Trend führt jedenfalls zu völlig falschen Prioritätensetzungen. Der Staat soll sich nicht unternehmerisch versuchen, sondern für Rahmenbedingungen sorgen, die unternehmerisches Handeln in der digitalen Welt möglich machen und unterstützen.
Im konkreten Fall: Das Wirtschaftsministerium soll Steuergeld nicht in die Konstruktion windschiefer Online-Kaufhäuser stecken, sondern dafür sorgen, dass innovationsund investitionswillige Händler die regulatorischen und infrastrukturellen Voraussetzungen dafür vorfinden. Etwa in Form eines leistungsfähigen flächendeckenden Breitbandnetzes.
Genau da hapert es aber gewaltig. In Sachen Breitbandversorgung außerhalb der großen Städte sind wir nämlich, ganz entgegen den blumigen Politikversprechungen, sehr graues Mittelmaß. Im entsprechenden globalen Ranking schafften wir es zuletzt gerade noch auf Platz 40.
Das ist wirklich blamabel und entspricht eher dem Anspruch eines Schwellenlandes als dem einer Region, die sich selbst als HightechStandort versteht und in der Politiker regelmäßig den Anspruch postulieren, auf dem Weg zur globalen Nummer eins zu sein.
Man sieht: Die Gefahr, dass im Windschatten von Corona der überzogene Staatsinterventionismus – mit allen negativen Folgen – wieder zu blühen beginnt, ist sehr real. Die Blamage mit dem Kaufhaus Österreich sollte reichen, das schnell wieder zu stoppen.
josef.urschitz@diepresse.com