„Innovation liegt in unserer DNA“
Umdasch. Die Coronakrise mache „die Starken stärker und die Schwachen schwächer“, sagt der Chef der Umdasch Group, Andreas Ludwig, und erklärt, warum sein Unternehmen gestärkt aus der Krise herauskommen wird.
Die Presse: Wohin man schaut, Baustellen. Dennoch heißt es bei Ihnen, dass sich die Krise nachhaltig aufs Geschäft niederschlägt. Wie kann das sein? Andreas Ludwig: Generell ist Corona ein Verstärker in alle Richtungen. Natürlich beschleunigt die Pandemie den Trend zur Digitalisierung, natürlich spüren wir im Ladenbau den Onlinehandel. Tatsächlich geht es der Bauwirtschaft nach dem ersten Schock im Frühjahr wieder gut, allerdings nicht überall. In Europa und Nordamerika laufen die Geschäfte sehr gut. Aber im Mittleren Osten nicht. In Südamerika steht praktisch alles still. Grundsätzlich denke ich: Corona macht die Schwachen schwächer und die Starken stärker.
Unterm Strich trifft Sie die Pandemie also.
Ja, weil wir eben ein sehr stark international ausgerichtetes Unternehmen sind. Hätten wir nicht 90 Prozent Exportanteil, hätten wir vermutlich gar kein Problem. Aber die Situation ist nicht so dramatisch, wie wir am Anfang des Lockdowns im März befürchtet haben.
Viele Wirtschaftsforscher glauben ja an eine schnelle Erholung. Was erwarten Sie?
Die Konjunkturprognosen sind eigentlich sehr optimistisch. Sobald die Impfungen losgehen, wird die Stimmung besser, und dann wird eine Konsum- und Investitionswelle prognostiziert. Ich würde es mir wünschen. Ich glaube aber, dass es in einigen Industrien und Branchen einen strukturellen Wandel geben wird. Etwa im Handel. Das ist natürlich für unsere Ladenbau-Division von Bedeutung. Andererseits werden Unternehmen, die schon vor der Krise gut aufgestellt waren, von dem Konsumboom profitieren. Die Leute werden auch wieder gern ins Geschäft einkaufen gehen und nicht nur online shoppen. Es wird zu einer Gegenreaktion kommen.
Es wird also Gewinner und Verlierer geben.
Ja, und ich bin zuversichtlich, dass unser Unternehmen auch zu den Gewinnern zählen wird. Wir sind gut ausgestattet und können somit antizyklisch investieren.
Die Angst und Unsicherheit vom Frühjahr sind längst verflogen. Damals war diese Pandemie für alle Neuland, da musste man zuerst einmal das Risiko managen. Investitionen wurden heruntergefahren. Vollbremsung. Jetzt in der zweiten Welle sagen viele Unternehmen – und wir auch: Das ist eine Chance. Die Frage lautet: Wo kann man investieren, um die Weichen zu stellen? Wir haben deshalb auch einige Akquisitionen getätigt. Das kann man nur, wenn man die finanzielle Basis hat. Ich bin davon überzeugt, dass wir insgesamt stärker aus der Krise herauskommen werden, als wir davor waren.
Was soll sich in der Bauwirtschaft groß verändern?
Die Bauwirtschaft hinkt ja etwa bei der Digitalisierung der restlichen Industrie hinterher. Das ändert sich jetzt dramatisch. Schon vor der Krise, aber jetzt umso schneller und stärker. Alle beschäftigen sich mit digitalisierten Prozessen. Es geht also darum, effizienter und schneller zu bauen.
Was heißt das für die Doka?
Wir beschäftigen uns schon seit drei Jahren intensiv mit diesen Zukunftsthemen.
Sie sprechen von Ihrer Innovationsschmiede Umdasch Group Ventures.
Ja, dort überlegen wir, welche Megatrends einen Einfluss auf unser zukünftiges Geschäft haben. Es geht etwa um Urbanisierung. Darum, dass man in den nächsten 20 Jahren global Wohnraum für 1,5 Milliarden Menschen schaffen muss. Das wird mit den bisherigen Methoden nicht funktionieren. Es liegt nicht am Geld. Man kann mit den derzeitigen Methoden einfach nicht schnell genug bauen. Also müssen wir uns auch völlig neue Methoden überlegen, wie Gebäude errichtet werden. Für mich zeigt dieses Beispiel, dass sich auch die klassische Old Economy mit grundlegenden Veränderung auseinandersetzen kann und muss.
Was heißt „grundlegende Veränderungen“?
Die Landkarte der Zukunft wird 50- bis 100-Millionen-MenschenStädte zeigen, die wir heute noch gar nicht kennen. Wird es dort nicht genug lebenswerten Wohnraum geben, werden sich diese Menschen in Bewegung setzen. Und mit Zukunft meine ich in 30 Jahren.
Wie könnte die Baustelle der Zukunft also aussehen?
Wir haben etwa in ein Unternehmen investiert, das Beton druckt. Aber auch in eine mobile Fertigteilfabrik. Derzeit haben wir ja das Problem, dass die industrielle Fertigung von Beton-Bauteilen mit hohen Transportwegen und -kosten verbunden ist. Also transportieren wir die Fabrik zur Baustelle, bauen dort die Fertigteile und gehen dann mit der Fabrik woanders hin. Das ist etwa eine Idee für Afrika, wo viele Eigenheime standardisiert gebaut werden.
Was ist dann mit der Schalung?
In diesem Fall braucht man die nicht mehr. Ja, das mag nach Bedrohung klingen, aber Innovation liegt in unserer DNA. Auch disruptive. Der Unternehmensgründer hat bei der Weltausstellung in Wien (1873, Anm.) einen Innovationspreis erhalten. Die Doka gilt auch als Erfinderin der Schalung. Hier in Amstetten wurde die Idee geboren, Module zu bauen, die man wiederverwenden kann. Vorher wurden diese Holzteile nach dem Bau verheizt. Und natürlich gehört auch dazu, dass man bewusst ein gewisses überschaubares Risiko eingeht. Also eine konservative Finanzgebarung gepaart mit unternehmerischem Risiko.
Konservativ und Risiko ist also kein Widerspruch?
Ganz im Gegenteil. Die Doka hat in den 1970er- und 1980er-Jahren ihren größten Expansionsschritt gemacht. Mitten im Ölpreisschock hat Umdasch überall im Mittleren Osten Niederlassungen aufgebaut. Alle haben damals den Kopf geschüttelt, aber es war genau richtig. Denn 20 Jahre später machten wir ein Viertel des Konzernumsatzes dort.
Und die Zentrale ist und bleibt in Amstetten.
Das gehört auch zu unserer Genetik. Ich finde es schön, dass viele Mitarbeiter in der zweiten oder dritten Generation bei uns arbeiten. Der Standort ist aber auch durchaus eine Herausforderung. Wenn wir über Digitalisierung sprechen, dann reden wir auch über eine Generation von jungen IT-Fachkräften, die nicht unbedingt alle in Amstetten zu finden und auch nicht fürs Landleben geschaffen sind. Wir haben deshalb auch in Wien und Linz Offices. Und in den vergangenen Monaten haben wir ja ohnehin gelernt, dass nicht alle, die im Unternehmen arbeiten, dort auch permanent anwesend sein müssen. Wichtig ist aber, dass die Entscheidungen in Amstetten getroffen werden.