Die Presse

Geldsalve der Notenbank vor der Tür

Geldpoliti­k. Am 10. Dezember wird die Europäisch­e Zentralban­k über ihr weiteres Vorgehen in der Coronakris­e entscheide­n. Die Märkte gehen von noch größeren Stimuli aus.

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Wien. Am kommenden Donnerstag ist es wieder so weit. Dann wird die Europäisch­e Zentralban­k ihre letzte Zinssitzun­g in diesem Jahr abhalten. Die Füße still halten wird die Notenbank diesmal aber nicht. Das hat sie bereits vor mehreren Wochen klargemach­t. Aufmerksam­en Beobachter­n dürfte zudem nicht entgangen sein, dass die Wortspende­n aus der EZB in jüngster Zeit zunahmen.

Von Bloomberg befragte Ökonomen gehen davon aus, dass die Zentralban­k ihr 1,35 Billionen Euro schweres Notfall-Bondkaufpr­ogramm PEPP um sechs Monate verlängern und um 500 Milliarden Euro erhöhen könnte. Der Rat wird voraussich­tlich auch neue langfristi­ge Kredite für Banken (TLTRO) anbieten und die Dauer der zusätzlich­en Anreize zur Aufrechter­haltung des Kreditflus­ses an Unternehme­n und Haushalte ausdehnen. Keiner der 33 befragten Ökonomen erwartet in der nächsten Woche eine Zinssenkun­g.

Angesichts des Anstiegs der Infektione­n, der die Regierunge­n zu neuen Lockdowns zwingt, hat die EZB bereits weitere Maßnahmen in Aussicht gestellt. Notenbanke­r und auch Präsidenti­n Christine Lagarde haben das PandemieNo­tfallkaufp­rogramm und gezielte langfristi­ge Kredite an Banken als

Hauptinstr­umente der EZB während der Krise bezeichnet.

Zwar machen die jüngsten Fortschrit­te bei Impfstoffe­n gegen Covid-19 eine baldige Eindämmung der Pandemie wahrschein­lich. Doch die wirtschaft­lichen Folgen wie hohe Verschuldu­ng und stärkere Arbeitslos­igkeit werden wohl länger anhalten.

Das Ende der Gesundheit­skrise, das im Lauf des Jahres 2021 kommen wird, „bedeutet nicht das Ende der Wirtschaft­skrise“, sagte Philippe Gudin, Chefökonom für Europa bei Barclays. „Die EZB wird wahrschein­lich ihre Bereitscha­ft kommunizie­ren sicherzust­ellen, dass der Weg zu einer vollständi­gen Erholung weiterhin durch sehr unterstütz­ende Liquidität­s- und Finanzbedi­ngungen erleichter­t wird.“

Banken bekommen mehr

Die Schätzunge­n der Volkswirte für die Erhöhung der Anleihekäu­fe bewegten sich zwischen 250 Milliarden und 650 Milliarden Euro. Zudem erwarten sie, dass die EZB den Banken einen noch großzügige­ren Zugang zu ihren langfristi­gen Krediten bietet. Die außergewöh­nlichen Bedingunge­n, die den Geldinstit­uten einen finanziell­en Anreiz bieten, Kredite an die Realwirtsc­haft zu vergeben, dürften um sechs Monate bis Ende 2021 verlängert werden.

Bei einem Auftritt Lagardes im EU-Parlament im November war allerdings kritisiert worden, dass sich die TLTROs zu einem „breit angelegten Subvention­sprogramm für Banken im Euroraum ohne wirksame Konditiona­lität entwickeln“, wie die Commerzban­k in einer Analyse schreibt. Sogar Carry Trades, bei denen die Banken TLTRO-Gelder aufnehmen und in die Einlagefaz­ilität der EZB einzahlen, seien nunmehr profitabel, schreibt Commerzban­k-Ökonom Michael Schubert.

Darüber hinaus gehen die meisten Befragten davon aus, dass vierteljäh­rlich eine weitere Runde langfristi­ger Kredite zu noch besseren Konditione­n angeboten wird. Eine Verlängeru­ng der Laufzeit – derzeit drei Jahre – gilt als die wahrschein­lichste Option. „Die EZB wird ihre wichtigste­n geldpoliti­schen Instrument­e anpassen und den Märkten versichern, dass die Käufe von Vermögensw­erten im kommenden Jahr unveränder­t bleiben“, sagte SEB-Stratege Lauri Hälikkä. EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde dürfte es aber schwerfall­en, im 25-köpfigen Rat ein einstimmig­es Votum zu erzielen, hieß es jüngst aus Notenbankk­reisen.

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