Zwanghafter Fokus auf den Kunden
Management. Amazon-Gründer und -Chef Jeff Bezos offenbart sein Erfolgsrezept. Die Kundenzentrierung zählt bekanntermaßen dazu. Aber auch, lang, schwer und intelligent zu arbeiten.
Man muss Jeff Bezos und sein Amazon-Imperium nicht mögen. Auch nicht, wie er sich um Steuerzahlungen schlängelt. Ebenso, wie er Wettbewerbs- und Arbeitsrecht versteht.
Bemerkenswert aber ist dennoch, dass er seinen Job bei einem Hedgefonds in New York aufgab, 1995 in einer Garage in der Nähe von Seattle eine Onlinebuchhandlung gründete, aus der er, wie er 1999 formulierte, einen Ort machte, „an dem Kunden alles und jedes finden können, was sie online kaufen möchten“.
Rechtzeitig vor Weihnachten legt er sein Erfolgsrezept „erfinden und die Gedanken schweifen lassen“unter dem Titel „Invent & Wander“vor: Interessanter als der biografische Teil sind seine jährlichen Briefe an die Aktionäre, die im Buch abgedruckt sind, in denen er sich als jemand präsentiert, der nach der Maxime handelt: Was sich nicht messen lässt, lässt sich auch nicht managen.
Noch eine Charakterisierung, von Walter Isaacson, ehemaliger Chef vom Dienst bei der „Time“und CEO von CNN, der Bezos etwas schwärmerisch in eine Reihe mit Leonardo da Vinci, Benjamin Franklin, Ada Lovelace, Albert Einstein und Steve Jobs stellt: Er sei leidenschaftlich neugierig, gleichermaßen von Natur- und Geisteswissenschaften begeistert, könne um die Ecke denken und habe sich die kindliche Fähigkeit zu staunen bewahrt. Er gehe aber auch mit „Mitbewerbern und manchmal sogar Kollegen schonungslos und gelegentlich rabiat“um. Fünf Prinzipien im Handeln Bezos’ streicht Isaacson heraus:
I Langfristig denken. Das wollen langfristig denkende Aktionäre hören. Bezos schreibt auch, die lange Sicht sei „für Erfindungen grundlegend“, weil „man auf dem Weg zum Erfolg eine ganze Reihe Fehlschläge in Kauf nehmen muss“. I Auf die Kunden konzentrieren. Wie ein Mantra predigt Bezos, Amazon als das „kundenorientierteste Unternehmen“aufzubauen. Das bedeute einen „zwanghaften Fokus auf den Kunden statt auf den Mitbewerb“. Und: Er verdiene Geld nicht, in dem er Produkte verkaufe, sondern „indem wir Kunden bei ihren Kaufentscheidungen helfen“. Über dafür notwendige Daten dürfte Amazon ausreichend verfügen.
I Folienpräsentationen meiden. Geschichten zu erzählen sei besser als jede Präsentation. Ideen sollten auf sechs Seiten zusammengefasst werden, wobei die Texte erzählerisch strukturiert sein sollten. Klare Sprache, davon ist Bezos überzeugt, führe zu klarem Denken. I Die richtigen Personen finden. In Sachen Recruiting stellt Bezos den Managern drei Fragen: Werden Sie diese Person bewundern? Wird diese Person das durchschnittliche Effektivitätsniveau ihrer Gruppe heben? In welcher Hisicht könnte diese Person ein Superstar werden? Im Übrigen heiße für Amazon tätig zu sein: lang, schwer und intelligent zu arbeiten.
Bei der Wahl von Übernahmekandidaten bevorzuge er die „Missionare“gegenüber den „Söldnern“. Söldner versuchten Ware loszuwerden. Missionare hingegen liebten ihr Produkt/ihre Dienstleistung, seien serviceorientiert – und erwirtschafteten mehr Geld. I Die großen Dinge entscheiden. Führungskräfte würden dafür bezahlt, wenige, aber wichtige Entscheidungen zu treffen, schreibt Bezos. Entscheidungen, die unumkehrbar sind, brauchten mehr Vorsicht. Solche, die rückgängig zu machen seien, könnten Angestellte mit jeder der vielen Hundert befugten Führungskräfte besprechen und sich eine entsprechende Freigabe einholen.
Und eine Idee gibt das Buch noch: dass Bezos nach seiner „Leitlinie zur Minimierung von Reue“entscheidet. Dazu stellt er sich vor, wie er sich fühlen will, wenn er mit 80 Jahren diese Entscheidung Revue passieren lässt.