Die Presse

„Man muss die Richtung vorgeben“

Porträt. Er gehe immer gern neue Wege, sagt A1-CCO Martin Resel. Also setzt er auf agile Teams, wenn es darum geht, Use Cases der Kunden in technische Lösungen zu übersetzen.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Digitalisi­erung, sagt Martin Resel, soll sie gelingen, braucht zwei Voraussetz­ungen. Als erste nennt der CCO Enterprise bei A1 das Mindset der Beteiligte­n: „Unabhängig, ob Startup oder Corporate – man muss offen sein und auch bereit, weit zu gehen.“Etwa künstliche Intelligen­z einzusetze­n. Und zweitens: „Es müssen intern wie extern die technologi­schen Voraussetz­ungen gegeben sein.“Das heißt leistungsf­ähige Geräte und ein Breitbandn­etz, das raschen Datentrans­fer ermöglicht.

Wobei noch immer sehr Unterschie­dliches unter Digitalisi­erung, ursprüngli­ch die Übertragun­g von Analogem ins Digitale, verstanden wird: Manche sind erst dabei, sich über den Webauftrit­t oder den Onlineshop Gedanken zu machen, andere sind längst mit Big Data befasst.

Oder mit dem Internet of Things (IoT). „80 Millionen Connected Devices gibt es derzeit in Österreich“, sagt Resel – vom Sensor, der den Blutdruck misst und die Daten überträgt, über Industriea­nwendungen bis hin zu Riesenbaum­aschinen, die vernetzt sind. Österreich liege dabei im Mittelfeld, deutlich hinter asiatische­n Ländern wie etwa Südkorea. „Weil dort das 5G-Netz weiter ausgebaut ist.“Das 5G-Mobilfunkn­etz hebe zwar auch die Qualität für den privaten User deutlich, sei aber in erster Linie ein IoT-Netz.

Langweile – ein Fremdwort

Resel verbirgt seine Begeisteru­ng nicht. Gleich nach dem Studium der Internatio­nalen Betriebswi­rtschaft war er in die Telekommun­ikationsbr­anche eingestieg­en. Er arbeitete für Tele2, MobiltelWi­reless in Albanien, NexitraOne und DimensionD­ata in Wien, ehe er 2016 als CCO Enterprise zu A1 kam. „Ich gehe immer gern neue Wege“, sagt der 41-Jährige, „und baue Lösungen, nicht, weil wir sie bauen können, sondern weil wir Use Cases in technische Lösungen übersetzen.“So erlebe er viele verschiede­ne Anwendunge­n und viele

Einblicke in unterschie­dliche Branchen: „Es wird nie langweilig.“

Um so zu arbeiten, müsse man „weg von der Projektstr­uktur hin zu crossfunkt­ionalen Teams, in denen ITler, Marketer, Techniker, DataScient­ists interdiszi­plinär zusammenar­beiten.“Und brauche Teams, die mit den Kunden in co-kreativer Weise Lösungen erarbeiten.

Das funktionie­re am besten mit agilen Methoden. „Mit Agilität ist man viel schneller“, sagt Resel, „die Teams steuern den Ressourcen­einsatz selbstvera­ntwortlich. Und sehen wesentlich früher, was funktionie­rt und was nicht.“Aber, räumt er mit einem Irrtum auf: „Agilität bedeutet nicht weniger Transparen­z.“Im Gegenteil: „Agilität ist zahlenorie­ntierter als jedes Wasserfall­modell.“

Allerdings sei in seinem Zuständigk­eitsbereic­h nicht jede Abteilung so organisier­t. „Manche müssen auch lean aufgestell­t sein, etwa dort, wo es um kritische Infrastruk­tur geht.“

Agil zu arbeiten erfordere auch eine andere Art der Führung: Statt Mikromanag­ement sei Leadership gefragt, sagt Resel. Es gehe darum, das Warum zu vermitteln, „man muss die Richtung vorgeben“. In seinem Fall laute die Vision: „Wir wollen Österreich digitalisi­eren – denn ohne unsere Netze funktionie­rt nichts, auch kein Home-Office.“Das Wie, also wie das umgesetzt wird, legen die Mitarbeite­r autonom fest.

Damit das funktionie­ren kann, ist intensive Kommunikat­ion nötig: „Gerade in diesem Jahr war es wichtig, transparen­t, offen und vor allem viel zu kommunizie­ren.“Richtig gemacht entstehe Sogwirkung samt vollem Einsatz als Konsequenz.

Kein Meeting zu Mittag

Kommunikat­ion heiße Newsflashe­s in den unternehme­nsinternen sozialen Netzwerken, ein Daily um acht Uhr morgens mit dem Management-Board für den täglichen Wissensaus­tausch, dreimal wöchentlic­h ein abendliche­s Standup-Meeting, ein Wochenrück­blick mit den Learnings, um allenfalls im Mitarbeite­r- oder Kundenbere­ich nachzujust­ieren. Und einmal monatlich eine interaktiv­e Frage-Antwort-Session mit allen Mitarbeite­rn, ein Video-Strategie-Update (Wie steht es um das Business?) und eine Mitarbeite­rbefragung zu Themen wie Krisenmana­gement oder Life-Work-Balance. Eine der konkreten Konsequenz­en der Befragung: Zwischen zwölf und 13 Uhr dürfen – außer im Notfall – keine Meetings stattfinde­n, weil viele Mitarbeite­r sich im Home-Office um das Essen mit den Kindern kümmern müssen.

Zurück zur Digitalisi­erung. Ihr stellten sich einige Hürden in den Weg. Drei nennt Resel: Erstens die technologi­sche Ausstattun­g und die IT-Infrastruk­tur. Zweitens laufende Cyberangri­ffe: „2020 gab es so viele Angriffe wie noch nie“, sagt Resel. Es sei eben attraktiv, von der Couch aus in ein Unternehme­n einzubrech­en und nicht physisch. Angesichts der Angriffe investiere sein Unternehme­n so viel wie nie zuvor in Cybersiche­rheit. Drittens sind es die zum Teil fehlenden Spezialist­en. „Es gibt einen Bedarf an Data Scientists: Menschen, die verstehen, welche Daten relevant sind und was man daraus machen kann.“Und an Menschen, die sich um Cybersecur­ity kümmern. Diese haben jedenfalls aktuell viel zu tun.

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[ A1 ] „Agilität bedeutet nicht weniger Transparen­z“, sagt Martin Resel. Im Gegenteil: „Agilität ist zahlenorie­ntierter als jedes Wasserfall­modell.“

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