„Man muss die Richtung vorgeben“
Porträt. Er gehe immer gern neue Wege, sagt A1-CCO Martin Resel. Also setzt er auf agile Teams, wenn es darum geht, Use Cases der Kunden in technische Lösungen zu übersetzen.
Digitalisierung, sagt Martin Resel, soll sie gelingen, braucht zwei Voraussetzungen. Als erste nennt der CCO Enterprise bei A1 das Mindset der Beteiligten: „Unabhängig, ob Startup oder Corporate – man muss offen sein und auch bereit, weit zu gehen.“Etwa künstliche Intelligenz einzusetzen. Und zweitens: „Es müssen intern wie extern die technologischen Voraussetzungen gegeben sein.“Das heißt leistungsfähige Geräte und ein Breitbandnetz, das raschen Datentransfer ermöglicht.
Wobei noch immer sehr Unterschiedliches unter Digitalisierung, ursprünglich die Übertragung von Analogem ins Digitale, verstanden wird: Manche sind erst dabei, sich über den Webauftritt oder den Onlineshop Gedanken zu machen, andere sind längst mit Big Data befasst.
Oder mit dem Internet of Things (IoT). „80 Millionen Connected Devices gibt es derzeit in Österreich“, sagt Resel – vom Sensor, der den Blutdruck misst und die Daten überträgt, über Industrieanwendungen bis hin zu Riesenbaumaschinen, die vernetzt sind. Österreich liege dabei im Mittelfeld, deutlich hinter asiatischen Ländern wie etwa Südkorea. „Weil dort das 5G-Netz weiter ausgebaut ist.“Das 5G-Mobilfunknetz hebe zwar auch die Qualität für den privaten User deutlich, sei aber in erster Linie ein IoT-Netz.
Langweile – ein Fremdwort
Resel verbirgt seine Begeisterung nicht. Gleich nach dem Studium der Internationalen Betriebswirtschaft war er in die Telekommunikationsbranche eingestiegen. Er arbeitete für Tele2, MobiltelWireless in Albanien, NexitraOne und DimensionData in Wien, ehe er 2016 als CCO Enterprise zu A1 kam. „Ich gehe immer gern neue Wege“, sagt der 41-Jährige, „und baue Lösungen, nicht, weil wir sie bauen können, sondern weil wir Use Cases in technische Lösungen übersetzen.“So erlebe er viele verschiedene Anwendungen und viele
Einblicke in unterschiedliche Branchen: „Es wird nie langweilig.“
Um so zu arbeiten, müsse man „weg von der Projektstruktur hin zu crossfunktionalen Teams, in denen ITler, Marketer, Techniker, DataScientists interdisziplinär zusammenarbeiten.“Und brauche Teams, die mit den Kunden in co-kreativer Weise Lösungen erarbeiten.
Das funktioniere am besten mit agilen Methoden. „Mit Agilität ist man viel schneller“, sagt Resel, „die Teams steuern den Ressourceneinsatz selbstverantwortlich. Und sehen wesentlich früher, was funktioniert und was nicht.“Aber, räumt er mit einem Irrtum auf: „Agilität bedeutet nicht weniger Transparenz.“Im Gegenteil: „Agilität ist zahlenorientierter als jedes Wasserfallmodell.“
Allerdings sei in seinem Zuständigkeitsbereich nicht jede Abteilung so organisiert. „Manche müssen auch lean aufgestellt sein, etwa dort, wo es um kritische Infrastruktur geht.“
Agil zu arbeiten erfordere auch eine andere Art der Führung: Statt Mikromanagement sei Leadership gefragt, sagt Resel. Es gehe darum, das Warum zu vermitteln, „man muss die Richtung vorgeben“. In seinem Fall laute die Vision: „Wir wollen Österreich digitalisieren – denn ohne unsere Netze funktioniert nichts, auch kein Home-Office.“Das Wie, also wie das umgesetzt wird, legen die Mitarbeiter autonom fest.
Damit das funktionieren kann, ist intensive Kommunikation nötig: „Gerade in diesem Jahr war es wichtig, transparent, offen und vor allem viel zu kommunizieren.“Richtig gemacht entstehe Sogwirkung samt vollem Einsatz als Konsequenz.
Kein Meeting zu Mittag
Kommunikation heiße Newsflashes in den unternehmensinternen sozialen Netzwerken, ein Daily um acht Uhr morgens mit dem Management-Board für den täglichen Wissensaustausch, dreimal wöchentlich ein abendliches Standup-Meeting, ein Wochenrückblick mit den Learnings, um allenfalls im Mitarbeiter- oder Kundenbereich nachzujustieren. Und einmal monatlich eine interaktive Frage-Antwort-Session mit allen Mitarbeitern, ein Video-Strategie-Update (Wie steht es um das Business?) und eine Mitarbeiterbefragung zu Themen wie Krisenmanagement oder Life-Work-Balance. Eine der konkreten Konsequenzen der Befragung: Zwischen zwölf und 13 Uhr dürfen – außer im Notfall – keine Meetings stattfinden, weil viele Mitarbeiter sich im Home-Office um das Essen mit den Kindern kümmern müssen.
Zurück zur Digitalisierung. Ihr stellten sich einige Hürden in den Weg. Drei nennt Resel: Erstens die technologische Ausstattung und die IT-Infrastruktur. Zweitens laufende Cyberangriffe: „2020 gab es so viele Angriffe wie noch nie“, sagt Resel. Es sei eben attraktiv, von der Couch aus in ein Unternehmen einzubrechen und nicht physisch. Angesichts der Angriffe investiere sein Unternehmen so viel wie nie zuvor in Cybersicherheit. Drittens sind es die zum Teil fehlenden Spezialisten. „Es gibt einen Bedarf an Data Scientists: Menschen, die verstehen, welche Daten relevant sind und was man daraus machen kann.“Und an Menschen, die sich um Cybersecurity kümmern. Diese haben jedenfalls aktuell viel zu tun.