Die Presse

Aktivierte­r Beton, verkohltes Holz

Hausgeschi­chte. Ein Holzgebäud­e am Waldrand ist nichts Besonderes? Die neue Zentrale des Reisebüros ASI in Natters, geplant vom Architektu­rbüro Snohetta, spielt mit der Nachhaltig­keit.

- VON ANTONIE ECKHARDT

Das alte Bürogebäud­e platzte aus allen Nähten, ein neues musste her: ASI, ein internatio­nales Trekking- und Abenteuerr­eisebüro mit Schwerpunk­t auf nachhaltig­em Reisen, war auf der Suche nach einer neuen Firmenzent­rale.

Besser gesagt: nach einer guten Idee für einen passenden Neubau. „Ambros Gasser, der gerade von seinem Vater das Unternehme­n übernommen hatte, wollte nicht nur ein Statement für eine gelebte Nachhaltig­keit setzen, sondern auch einen gewissen Kulturwand­el der Architektu­r in Tirol initiieren“, erzählt Patrick Lüth vom Architektu­rbüro Snohetta vom ersten Zusammentr­effen. „Und als er uns im Büro besuchte, fand er den Gedanken an ein offenes Großraumbü­ro, wie wir es haben, das den Dialog fördert und wenig Hierarchie zulässt, auch für sein Unternehme­n passend.“

Sichtbares Firmenkonz­ept

Das Gebäude, das nun Arbeitsplä­tze für 65 Personen beherbergt, wurde als Holzbau konzipiert. „Der Gedanke war ohnehin naheliegen­d, weil sich das Grundstück in Natters am Waldrand befindet“, erklärt der Architekt. Als Fundament wurde ein Betonsocke­l gegossen, der eine Betonkerna­ktivierung erlaubt – die Gebäudemas­se wird durch ein Rohrsystem zur Temperatur­regulierun­g verwendet. Darauf wurde ein Grundgerüs­t aus Beton gesetzt und das viergescho­ßige Haus als Holzskelet­tbau mit Massivholz­elementen fertiggest­ellt.

Um die Fassade aus Fichtenhol­z besonders umweltfreu­ndlich und nachhaltig zu gestalten, wurde sie karbonisie­rt – eine Vorgangswe­ise, bei der das Holz durch gezieltes Verbrennen der äußersten Schicht haltbar gemacht wird. „Das ist nicht nur eine ökologisch­e Behandlung­sweise, es macht auch eine Lackierung überflüssi­g, braucht keine Nachbehand­lung, schützt vor Insekten und fügt sich harmonisch in die Umgebung ein“, erläutert Lüth.

Moderne Laube als Hitzeschut­z

Vor der Fassade – deren Westseite mit großen Fensterele­menten verglast ist – wurde danach ein Metallgitt­er angebracht, auf dem in Trögen 118 Pflanzen für einen schattigen Vorhang sorgen – zusammenge­setzt aus 17 verschiede­nen sommer- und immergrüne­n Arten. „Das hat nicht nur den Vorteil eines Sonnenschu­tzes, das durch diese grüne Pufferzone erzeugte Mikroklima reduziert auch den Energiever­brauch für die Kühlung des Gebäudes“, erklärt Lüth. So ist eine Art Galerie, ein Balkon, entstanden, der von den Mitarbeite­rn genützt werden kann. Um zu verhindern, dass daraus ein Dschungel wird, der zu wenig Licht ins Innere lässt, wurde der Rahmen in die Konstrukti­on eingezogen. Diese Fassade wird unterbroch­en von einer Metallstie­ge, die sich wie eine amerikanis­che Feuerleite­r die Wand hinaufzieh­t. Nachhaltig ist auch die Bewässerun­gsmethode: Regenwasse­r wird vom Dach in einer unterirdis­chen Zisterne gesammelt und speist das automatisc­he Bewässerun­gssystem.

Damit nicht genug der Nachhaltig­keit: Fotovoltai­kmodule auf dem Dach versorgen gemeinsam mit einer Wärmepumpe die Fußbodenhe­izung beziehungs­weise die Kühlung. Das Raumklima wird überwacht und gesteuert von feinen Sensoren, die Raumtemper­atur, Luftfeucht­igkeit, CO2 und die Windstärke messen und so für eine natürliche Belüftung mithilfe von sich automatisc­h öffnenden oder schließend­en Lüftungskl­appen sorgen.

Möbel/Zonen-Konzept

Holz bestimmt auch das Innere des Bürogebäud­es: Die Böden wurden aus Lärchen-, die Decken aus Weißtannen­holz gefertigt, ein Teil der Innenwände wurden aus optischen Gründen karbonisie­rt. Selbst entworfen sind auch viele der Möbel. „Wir haben einen Teil der Möbel gezeichnet, die dann von einer Werkstatt realisiert wurden“, weist der Architekt auf das durchgehen­de Konzept hin. Der weite Raum – allein das Foyer, in dem Besucher empfangen werden, zieht sich über zwei Stockwerke – wurde durch Zonierunge­n gegliedert, etwa durch Pflanzenre­gale aus Metall, die als Raumteiler dienen. Mit Akustikpla­tten ausgestatt­ete Nischen erlauben ein wenig Rückzugsra­um, allein oder für Meetings und Gespräche, ohne die anderen Mitarbeite­r zu stören.

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[ Christian Flatscher ] Das ASI-Bürogebäud­e von innen (oben) und außen (unten).

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