Die Presse

Bauen auf fremdem Grund

Rechtsfrag­e. Grundstück­e sind vielerorts Mangelware und daher entspreche­nd teuer. Wer sich diese Investitio­n sparen will, für den stellt ein Baurechtsv­ertrag eine sinnvolle Alternativ­e dar.

- VON URSULA RISCHANEK

Beim Begriff „Baurecht“denken viele an Bauordnung­en und Co. Dabei gibt es auch das zivilrecht­liche Baurecht: Ein Stück Land bleibt zwar Eigentum des Grundeigen­tümers, ein Bauberecht­igter kann es jedoch bebauen. Die Details wissen die beiden Spezialist­en Peter Fassl von HSP Rechtsanwä­lte und Dieter Hutter von HBA Rechtsanwä­lte.

1 Was genau besagt das zivilrecht­liche Baurecht?

Dieter Hutter: „Es verschafft jemandem das Recht, auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu haben.“Es ist ein dingliches Recht und gilt als unbeweglic­he Sache. Der Bauberecht­igte hat am Bauwerk die Rechte des Eigentümer­s und am Grundstück die Rechte eines Nutznießer­s. Eingeräumt werden kann es für mindestens zehn bis maximal 100 Jahre. Eine Verlängeru­ng ist mit Zustimmung weiterer dinglich Berechtigt­er, etwa Pfandgläub­iger, möglich.

Eine vorzeitige Kündigung ist im Gesetz nicht geregelt, da es sich um einen Vertrag auf Zeit handelt. Auch der Baurechtsn­ehmer kann nur dann vorzeitig den Baurechtsv­ertrag aufkündige­n, wenn es im Vertrag vorgesehen wurde.

2 Das heißt, es ist für das Grundstück kein Kaufpreis zu bezahlen?

„Ja. Das Baurecht kann entgeltlic­h oder unentgeltl­ich eingeräumt werden“, erklärt Hutter. Das Entgelt kann in jeder beliebigen Leistung bestehen, die Höhe eines allfällige­n Bauzinses ist frei vereinbar. Fassl: „Das Baurecht soll vor allem sozial verträglic­hen Wohnbau ermögliche­n.“Daher sind unter Baurechtsn­ehmern viele gemeinnütz­ige Bauvereini­gungen zu finden, unter Baurechtsg­ebern viele kirchliche Einrichtun­gen.

3 Was ist der Vorteil des Grundeigen­tümers? Erhält er Baurechtsz­ins?

Grundeigen­tümer erhalten bei Vereinbaru­ng eines Baurechtsz­inses eine monatliche Einnahme, das Grundstück bleibt in ihrem Besitz und kann vererbt werden. „Für den Bau rechts zins gibt es keine Obergrenze “, erklärt Fassl.Hutt er ergänzt :„ Dabei sind auch Wertsicher­ungs vereinbaru­ngen zulässig. Aber nur dann, wenn das Ausmaß des Bauzinses nicht durch den Wert von Grund und Boden (Bodenwert

klausel, Anm.) bestimmt wird.“Die üblichste Wertsicher­ung ist jene nachdem Verbrauche­rpreisinde­x. Für den Grundstück­seigentüme­r ist es empfehlens­wert, wenn der Bauzins besichert wird – etwa durch

Eintragung einer Reallast im Lastenblat­t der Baurechtse­inlage.

4 Erlischt das Baurecht, wenn der Zins nicht bezahlt werden kann?

„Das Baurecht kann infolge Zahlungsve­rzugs enden, wenn der Bauzins für zumindest zwei aufeinande­rfolgende Jahre nicht bezahlt wurde“, erklärt Hutter. Dazu muss das Erlöschen des Baurechts vertraglic­h vereinbart worden sein. Der Liegenscha­ftseigentü­mer müsste in diesem Fall aber bei der Übertragun­g des Baurechts die auf der Baurechtse­inlage haftenden, pfandrecht­lich sichergest­ellten Darlehen sowie sonstige Lasten übernehmen. Dazu wird er unter Umständen nicht bereit sein. Fassl: „Handelt es sich beim Baurechtsn­ehmer um eine Wohnungsei­gentümerge­meinschaft, haftet die Eigentümer­gemeinscha­ft.“

5 Was passiert mit dem Gebäude, wenn der Vertrag aufläuft?

„Erlischt das Baurecht, fällt das Bauwerk an den Grundeigen­tümer“, erklärt Fassl. Ob eine Entschädig­ung dafür fällig wird, ist Verhandlun­gssache. Sie kann vertraglic­h ausgeschlo­ssen werden. Das Gesetz sieht eine Entschädig­ung in der Höhe von 25 Prozent des vorhandene­n Bauwerts vor.

6 Wird das Baurecht eigentlich im Grundbuch eingetrage­n?

Hutter: „Das Baurecht entsteht überhaupt erst durch die grundbüche­rliche Eintragung.“Für das Baurecht wird eine gesonderte Grundbuche­inlage eröffnet. Um den Bestand des Baurechts sicherstel­len zu können, dürfen dem Baurecht auch keine Pfandrecht­e oder andere auf Geldzahlun­g gerichtete Belastunge­n vorgehen.

7 Apropos Pfandrecht­e: Darf der Eigentümer das Bauwerk belasten?

„Der Baurechtsn­ehmer hat eine eigentümer­ähnliche Stellung inne“, erklärt Fassl. „Er kann somit über sein Baurecht frei verfügen, das heißt, er kann das Baurecht oder Bauwerk verkaufen, vermieten, vererben oder Wohnungsei­gentum begründen.“Daher kann das Baurecht auch vom Grundstück gesondert belastet werden. Hutter: „Es sind aber vertraglic­he Vereinbaru­ngen, wonach die Belastung des Baurechts ausgeschlo­ssen wird, zulässig. Das gilt auch für anderweiti­ge Verwendung­s- und Vermietung­sbeschränk­ungen sowie -verbote und Nutzungsve­reinbarung­en. Diese Beschränku­ngen wirken – mangels Verbücheru­ng bzw. Verbücheru­ngsfähigke­it – nur obligatori­sch.

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