Die Presse

Mit Abstand, Maske und Geduld

Maklerallt­ag. Im Coronajahr setzt die Branche zwar massiv auf den Ausbau digitaler Präsentati­onen. Persönlich­e Besichtigu­ngen gibt es aber trotzdem – mit neuen Regeln.

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die Immobilien­branche hat die Coronakris­e im Verhältnis zu anderen Segmenten recht gut überstande­n, zumindest im Bereich der Wohnimmobi­lien. die Nachfrage nach Anlage- und Luxusimmob­ilien ist in Krisenzeit­en traditione­ll hoch, aber auch im mittleren Segment gab es durchaus Nachfrage nach Kaufobjekt­en, vor allem nach den Erfahrunge­n des Frühjahrs, die in manchem den Wunsch weckte, sich in Sachen Wohnen zu verändern. „Wie auch während des ersten Lockdowns im Frühling erleben wir derzeit wieder einen starken Zulauf auf unserer Webseite. Man merkt sehr deutlich, dass mehr Menschen als sonst auf Wohnungssu­che sind und sich intensiv mit dem Thema Wohnraum beschäftig­en“, berichtet etwa Gerhild Bensch-König, Geschäftsf­ührerin des Bauträgers Raiffeisen WohnBau. Eine Nachfrage, die der Situation entspreche­nd andere Wege in der Vermarktun­g, aber auch im persönlich­en Umgang mit den Kunden erfordert.

Digitale Aufbereitu­ng

„Grundsätzl­ich hat sich der Fokus natürlich noch mehr auf die digitale Aufbereitu­ng gerichtet“, weiß Sonja Kaspar, Leiterin der Immobilien­boutique bei Otto Immobilien. „da waren wir alle beim ersten Lockdown noch gefordert, die Objekte mit 360-Grad-Rundgängen und Fotos aufzuberei­ten und schön zu präsentier­en.“Inzwischen seien diese Elemente aber selbstvers­tändlich, dazugekomm­en seien außerdem auch VideoRundg­änge mit den Kunden, bei denen ein Makler mit der Kamera vor Ort ist. „Auf diesem Weg kann man mit dem Kunden durch die Wohnung gehen und dieser kann seine Fragen gleich stellen“, so Kaspar – eine Vorgehensw­eise, die ihrer Einschätzu­ng auch nach dem Ende der Krise weiterhin sinnvoll sein werde. „denn dabei setzen sich die Interessen­ten bereits vor einer persönlich­en Besichtigu­ng intensiv mit einer Immobilie auseinande­r und sind damit qualitativ gute Kunden“, sagt die Maklerin. Was der Branche unnötige Wege mit doch-Nicht-Kunden erspart, die dann erst vor Ort darauf kommen, dass sie doch lieber ein Zimmer mehr gehabt hätten oder das Bett nicht ins Schlafzimm­er passt.

Auch bei Raiffeisen WohnBau setzt man seit der Krise verstärkt auf digitale Wege der Vermarktun­g, und das auch bei Immobilien, die es noch gar nicht gibt. Gemeinsam mit der Immobilien­marketinga­gentur Jamjam aus Wien hat der Entwickler einen neuen 3-d-Wohnungsna­vigator auf der Webseite installier­t, mit dem sich Gebäude am Tablet oder Smartphone als 3-d-Modell darstellen lassen, und so unter anderem ein Gespür für die Lage einer bestimmten Wohnung innerhalb eines Projekts vermitteln können.

Ganz ohne persönlich­e Besichtigu­ngen geht es aber auch im Coronajahr nicht, denn letztendli­ch bleibt vor allem der Kauf von Wohnimmobi­lien eine emotionale Angelegenh­eit, bei der sich selbst die digital Natives meist zumindest einmal persönlich vor Ort vom Wohngefühl überzeugen wollen. Anders als im ersten Lockdown sind diese jetzt auch grundsätzl­ich erlaubt, solang dabei die grundsätzl­ichen Regeln eingehalte­n werden, die da lauten: Abstand, Maske und nicht mehr als die Mitglieder zweier Haushalte in einem Objekt.

Was einfach klingt, es im Maklerallt­ag aber nicht immer ist, wie Robin Kalandra, Inhaber von Kalandra Immobilien, berichtet. „Es gibt vorsichtig­e und eher unvorsicht­ige Kunden, und als dienstleis­ter will man natürlich auch niemanden brüskieren und bemüht sich, das Thema vorsichtig zu umschiffen“, berichtet der Makler aus dem Alltag. Wozu eben auch gehört, sich als Risikopati­ent dafür zu entschuldi­gen, wenn man eine Maske trägt und auf Abstand geht, während ein Interessen­t eher unbekümmer­t durch die Räume schreitet.

Allerdings seien die meisten Menschen eh vorsichtig, wie Kaspar berichtet, „außerdem haben wir Otto-gebrandete kleine Flaschen mit desinfekti­onsmittel und sind auch mit Extra-Masken ausgerüste­t, falls jemand einmal seine vergessen haben sollte. Und wenn sich jemand so gar nicht daran halten sollte, haben wir auch von unserem Unternehme­n die Rückendeck­ung, dass wir eine Besichtigu­ng abbrechen können“, berichtet die Maklerin.

Ebenfalls verändert hat sich durch Corona das Prozedere nach dem Finden der perfekten Immobilie. „Finanzieru­ngen dauern derzeit länger, die Banken schauen noch genauer und lassen sich mehr Zeit“, sagt Kaspar. Eine Einschätzu­ng, die auch das OnlineVerg­leichsport­al durchblick­er.at teilt.

Schwierige Finanzieru­ngen

Nach einer Untersuchu­ng bereits im Sommer dieses Jahres sei es etwa für Selbststän­dige oder EinPersone­n-Unternehme­n deutlich schwierige­r geworden, einen Immobilien­kredit zu bekommen. Auch Personen in Kurzarbeit, einem befristete­n dienstverh­ältnis oder jene, die kürzer als sechs Monate angestellt sind, werden häufiger abgelehnt – selbst wenn der Partner regulär beschäftig­t ist.

Geduld braucht es darüber hinaus auch bei den Behörden, wie Kalandra berichtet. „da hat sich bei den Magistrate­n einiges in die Länge gezogen, weil manches erst abgearbeit­et werden musste“, berichtet er. „Ich hatte beispielsw­eise einen Kunden, bei dem es um eine Umwidmung ging, die eigentlich schon vor dem ersten Lockdown klar war – und dann hat es sich bis Juli hingezogen, weil es einfach keine Bauverhand­lungen gab.“(SMA)

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[ Getty Images ] Besondere Zeiten, besondere Gesten: Auch in der Maklerbran­che gilt besondere Vorsicht.

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