Anschober: „Bitte stürmen Sie nicht in die Einkaufszentren“
Regierung. Kanzler Kurz zieht positive Lockdown-Bilanz. Kogler erwägt längere Reisebeschränkungen. Neos orten Versagen im Pflegebereich.
Wien. Während Österreich mit Beginn dieser Woche von einem harten in einen weicheren Lockdown gleitet, appellierte Kanzler Sebastian Kurz am Wochenende, die neuen Regeln einzuhalten. Es sei „alternativlos“, Ausgangsbeschränkungen in der Nacht zu haben sowie Lokale und Hotels weiterhin geschlossen zu halten. Gesundheitsminister Rudolf Anschober ersuchte indes die Bevölkerung, die teilweise wiedererlangten Freiheiten nicht intensiv zu nutzen: „Bitte stürmen Sie nicht an den ersten Tagen in die Einkaufszentren, auch nach dem 8. Dezember gibt es ausreichend Einkaufsmöglichkeiten“, betonte er.
Der bisherige Lockdown habe gewirkt, meinte Kurz. Es sei gelungen, die durchschnittlichen täglichen Neuansteckungen zu halbieren. Einmal mehr warb der Kanzler auch für die von ihm initiierten, aber mau angelaufenen Massentests. Er selbst will sich heute, Montag, öffentlichkeitswirksam in der Messe Wien testen lassen – gemeinsam mit Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig.
Vizekanzler Werner Kogler ließ durchblicken, dass es auch nach dem 10. Jänner noch strenge Regeln bei der Einreise nach Österreich geben könnte. „Wenn es uns gelingt, dass in Österreich die Infektionszahlen aufgrund strenger Maßnahmen sinken, dann soll man nicht wieder dorthin kurven, wo diese Maßnahmen nicht gelten“, drückte es Kogler gegenüber dem „Kurier“aus. Im Sommer sei vieles Kroatien zuzuordnen gewesen, meinte Kogler. „Da ging es auch ganz stark um österreichische Urlauber, die dort Party gemacht haben“, erklärte der GrünenChef.
Das ist offenbar eine Reaktion auf eine Äußerung von Kanzler Kurz über in der Heimat urlaubende Migranten, die für Unmut beim grünen Koalitionspartner gesorgt hat. „Wir hatten im Sommer sehr, sehr niedrige Ansteckungszahlen nach dem Lockdown und haben dann durch Reiserückkehrer und insbesondere durch Menschen, die in ihren Herkunftsländern den Sommer verbracht haben, uns Ansteckungen wieder ins Land hereingeschleppt“, hatte Kurz bei einer Pressekonferenz erklärt. Der daneben stehende Kogler hatte das zunächst nicht kommentiert, Kurz später aber Einseitigkeit und „mangelnde Sensibilität“vorgeworfen.
Dass man bei Grenzkontrollen momentan genau hinschauen muss, steht für Kogler aber außer Streit. „Inhaltlich sind die Reisebeschränkungen richtig. Da bin ich offen gestanden strenger als die ÖVP“, erklärte der Grünen-Obmann am Wochenende.
Wenig zufrieden mit der Koalition sind die Neos. Obfrau Beate Meinl-Reisinger attestierte Bund und Ländern Versagen im Bereich der Pflege. Neun Monate nach Pandemie-Ausbruch sei es noch immer nicht gelungen, die Einrichtungen so zu schützen, dass es zu keinen größeren Clusterbildungen komme, kritisierte sie am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“. Daher müssten jetzt mindestens zweimal pro Woche alle Mitarbeiter und – wo es geht – auch Bewohner getestet werden. Aber auch an Schulen sei wöchentlich ein Test beim Personal, wenn möglich auch bei den Schülern, sinnvoll.
Erneut Debatte um Impfpflicht
Für Debatten sorgt weiter eine mögliche Impfpflicht, wie sie Oberösterreichs Landeshauptmann, Thomas Stelzer (ÖVP), zuletzt wieder im Kampf gegen Corona angedacht hat. Meinl-Reisinger lehnt diese aber als „kontraproduktiv“ab. Es komme eine neue Impfstoff-Variante zum Einsatz, daher solle man zunächst auf Freiwilligkeit setzen. Sehr wohl vorstellbar sei für sie aber, dass man gewisse Dinge, wie Reisen, nur noch mit einer Impfung werde machen können.
Die Bundesregierung hatte eine Impfpflicht immer verneint, aber auch nicht ausgeschlossen, dass es Beschränkungen für Impfverweigerer geben könnte. (red/APA)