Osram, Buwog, Viatris – Abspaltungen sind besser als ihr Ruf
Bei einer Abspaltung (Spin-off ) erhalten Aktionäre eine zusätzliche Position. Die neuen Firmen erweisen sich häufig als gar nicht so schlecht. Bei einer Abspaltung ist oft von einem Geschenk an die Aktionäre die Rede. Doch haben ihnen beide Teile schon v
So mancher Pfizer-Aktionär war ein wenig ratlos, als er kürzlich eine weitere Position in seinem Depot entdeckte: Viatris. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsgeschäft von Pfizer und Mylan mit patentfreien Medikamenten, das ausgegliedert wurde. „Spin-off“nennt man diesen Vorgang, bei dem ein Unternehmensteil nicht verkauft, sondern einfach abgespalten wird. Die Aktionäre haben ab sofort beide Aktien, in dem Fall Pfizer und Viatris, im Depot. Oft ist von einem „Geschenk an die Aktionäre“die Rede. Das ist es aber nicht, denn beide Konzernteile haben ihnen ja auch schon vorher gehört.
Was die Freude über den Neuzugang oft dämpft, ist die geringe Größe der neuen Position, die nicht zum Depot passt. Pfizer ist 20 Mal so groß wie Viatris. Für Anleger stellt sich also die Frage: aufstocken oder verkaufen?
Auf den ersten Blick liegt Letzteres nahe. Der Konzern hat den Unternehmensteil schließlich abgespalten, und das hätte er wohl nicht getan, wenn er in diesem Geschäft die größte Zukunft sähe. Als der Bergbaukonzern BHP Billiton im Jahr 2015 große Teile seines Mangan-, Aluminium- und Nickelgeschäfts abspaltete, wurde das neue Unternehmen scherzhaft als „Crap Co“(„Schrott-Unternehmen“) bezeichnet. Offiziell wurde es nach dem 32. südlichen Breitengrad, an dem viele Minen liegen, „South32“benannt. Bei der Performance konnte die Aktie in weiterer Folge nicht mit der Mutter mithalten. Deren Kurs ist seit der Abspaltung um fast die Hälfte gestiegen, jener des neuen Unternehmens um nicht einmal ein Fünftel.
Ist es also doch so, dass Konzerne sich tendenziell von weniger profitablen, weniger wachstumsstarken Teilen trennen? Nicht unbedingt. Häufig will sich ein Unternehmen nur stärker auf sein Kerngeschäft fokussieren. Die Abspaltungen können dann ihre eigene Strategie verfolgen. Mitunter erfolgreich. Siemens hat etwa im Jahr 2013 den Lichttechnikkonzern Osram, im Jahr 2018 das Gesundheitstechnikunternehmen Healthineers und kürzlich die Energietechnikfirma Siemens Energy abgespalten.
Alle drei haben sich seit der Abspaltung jeweils besser entwickelt als der Mutterkonzern. Das mag Zufall sein – bei Siemens Energy ist der Zeitraum noch zu kurz, um festzustellen, ob die Performance nachhaltig ist, dem Kurs von Osram kam die Übernahme durch AMS zugute.
Doch auch die Bayer-Abspaltungen – der Chemiekonzern Lanxess 2005 und das Kunststoffunternehmen Covestro 2015 – haben sich besser entwickelt als der deutsche Pharma- und Chemiekonzern selbst. Das hängt jedoch vor allem mit den hauseigenen Problemen von Bayer zusammen, die sich der Konzern durch die Übernahme von Monsanto eingehandelt hat.
Auch dafür, dass sich die Buwog besser entwickelt hat als die Immofinanz, gibt es spezifische Gründe: Wohnimmobilien sind in unsicheren Zeiten ein besseres Geschäft als Büros und Einkaufszentren. 2014 hatte die Immofinanz ihr Wohnungsgeschäft abgespalten und mit der Buwog an die Börse gebracht, um sich auf Gewerbeimmobilien zu konzentrieren. Viereinhalb Jahre später wurde die Buwog von der deutschen Vonovia zum doppelten Preis übernommen, die Immofinanz-Aktie hatte im gleichen Zeitraum nachgegeben.
In den ersten Wochen nach dem Spin-off neigen Abspaltungen zum Schwanken, weil viele Investoren die Aktien aufstocken oder abstoßen. Danach entwickeln sie sich entgegen dem Vorurteil, das ihnen entgegengebracht wird, oft (wenngleich nicht immer) überdurchschnittlich gut. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass die Erwartungen an sie realistischer und der Preis nach dem Börsegang angemessener ist als bei so manchem gehypten Börsegang.