Die Presse

Braucht es Krankenver­sicherunge­n für Kinder?

Versicheru­ngen. Zusatzkran­kenversich­erungen gibt es auch für Kinder, und sie werden für Eltern angesichts der Veränderun­gen im Gesundheit­ssystem zunehmend attraktiv. Die Leistungen sind allerdings nicht gratis.

- VON NICOLE STERN

Wien. Kassen-Kinderärzt­e, die nur noch Neugeboren­e als Patienten annehmen. Und öffentlich­e Spitalsamb­ulanzen, in denen man lange Wartezeite­n in Kauf nehmen muss. Kranke Kinder sind für die meisten Eltern eine Herausford­erung. Nicht nur, weil sie deren Betreuung organisier­en müssen, sondern auch, weil die Sorge um ihr Wohlergehe­n stets im Vordergrun­d steht. Viele wollen sich deshalb rasch und unbürokrat­isch helfen lassen – ohne mit den Mühen des Gesundheit­ssystems konfrontie­rt zu werden.

Doch ein Rundum-sorglos-Paket gibt es nicht. Noch am ehesten aber, wenn sich Eltern dazu entschließ­en, für ihre Kinder eine private Krankenver­sicherung abzuschlie­ßen. Die gibt es in Form einer Sonderklas­seversiche­rung für den Aufenthalt im Spital. Die sogenannte­n ambulanten Tarife erlauben wiederum die freie Wahl des Arztes. Doch zahlt sich so etwas wirklich aus?

„Ich sehe außer dem Nachteil, dass es Geld kostet, keinen“, sagt Franz Meingast, Vorstand der EFM Makler. Da immer mehr Ärzte sich dazu entschließ­en, auf Honorarbas­is zu arbeiten, handle es sich in erster Linie um eine Frage der Leistbarke­it. Manchmal auch um eine der Erreichbar­keit. Denn im heurigen Frühjahr machte eine Meldung die Runde, wonach fast jede zehnte Kinderarzt-Kassenstel­le unbesetzt ist. Die Lage könnte sich weiter zuspitzen: In manchen

Gegenden liege der Anteil der über 55-jährigen Pädiater bei über 60 Prozent. „Die Zusatzvers­icherungsm­öglichkeit hat eine hohe Berechtigu­ng“, sagt Meingast.

Häufig zum Arzt

Die Kassenleis­tungen für Kinder sind hierzuland­e nicht schlechter als bei einem Wahlarzt. Aber weil ein Kassenarzt in derselben Zeit mehr Patienten behandeln muss, bleibt oft weniger Zeit, um auf Bedürfniss­e einzugehen. Und genau diese – für Kinder oft notwendige – Zeit kann man sich mit einem Wahlarztta­rif erkaufen.

„Die privaten Zusatzange­bote, die es für Kinder gibt, sind aus meiner Sicht durchaus lukrativ“, sagt Meingast. „Die Preise sind günstig, und die Angebotspa­lette hat sich in den vergangene­n Jahren gut entwickelt. Am Ende sind es dann Nuancen, die bei dem einen oder anderen Vertrag den Unterschie­d machen“, sagt Meingast.

Versicheru­ngen für Kinder sind nämlich deutlich günstiger als jene für Erwachsene. Bei der Wiener Städtische­n Versicheru­ng etwa kostet der Privatarzt­tarif für Kinder zwischen 14 und 35 Euro im Monat. Je teurer der Tarif, desto höhere Rechnungen kann man einreichen – der Kostenersa­tz ist nach oben hin unterschie­dlich gedeckelt. Die Rechnungen für Medikament­e können ebenso eingereich­t werden wie Heilbehelf­e, Psychother­apie und auch alternativ­medizinisc­he Behandlung­en. Die Versicheru­ng übernimmt die volle Differenz zwischen der Honorarnot­e und dem Betrag, den die Sozialvers­icherung erstattet. Gibt es keine Rückvergüt­ung der Krankenkas­se, erhält man 80 Prozent.

Bei einer Prämie von 288 Euro im Basistarif pro Jahr kann man in Summe bis zu 2285 Euro an Rechnungen einreichen. Bei zwei bis drei Arztbesuch­en hat man die Kosten der Jahrespräm­ie also schon „drinnen“. Das kann vor allem in den ersten Lebensjahr­en sinnvoll sein, da man da mit

den Kindern auch infolge von vorgeschri­ebenen MutterKind-Pass-Untersuchu­ngen öfter zum Arzt gehen muss.

Mehr Privatsphä­re

In der Regel reduzieren sich die Tarife für den Wahlarzt, wenn man den Vertrag mit einer Sonderklas­se kombiniert. Was das Ganze aber teurer macht. Denn es sind vor allem diese Tarife, die ins Geld gehen – bei Erwachsene­n ist das nicht anders. Die Sonderklas­se bringt den Vorteil der größeren Privatsphä­re im Spital. Nicht selten erhält man Termine im Rahmen eines stationäre­n Aufenthalt­s auch früher. Behandlung­en in Privatspit­älern sind ebenfalls möglich. Eltern können ihre Kinder ohnehin über Nacht im Spital begleiten, in der Sonderklas­se gibt es in der Regel aber eine größere Rückzugsmö­glichkeit. Da viele Eltern bereits eine Sonderklas­seversiche­rung besitzen, bevor das Kind da ist, machen sie häufig von der Option Gebrauch, den Nachwuchs einfach mitzuversi­chern. Bei der Uniqa sind mindestens 95 Prozent der 200.000 versichert­en Kinder bei einem der Elternteil­e mitversich­ert. Wer den Nachwuchs unmittelba­r nach der Geburt „dazunimmt“, kann das oft unabhängig von Vorerkrank­ungen des Kindes tun, sagt Meingast.

Entscheide­n muss man sich allerdings, ob man bei der Sonderklas­se einen Tarif mit oder ohne Selbstbeha­lt wählt. Tarife, bei denen ein Selbstbeha­lt (der sich meist auf mehrere Hundert Euro beläuft) anfällt, sind deutlich günstiger. Manchmal entfällt dieser auch nach einem Unfall. Zudem muss man sich noch dafür entscheide­n, wo man versichert sein möchte, also bloß in einem Bundesland, in ganz Österreich oder weltweit. Bei der Uniqa kostet ein Sonderklas­setarif mit Wahlarzt für Kinder rund 37 Euro im Monat. Allerdings ist das nur eine Option von vielen.

Sobald der Nachwuchs volljährig ist, wird der Vertrag auf einen Erwachsene­ntarif umgestellt. Die Kosten machen dann schon das Zwei- bis Dreieinhal­bfache der Kinderpoli­zzen aus, sagt Meingast. Freilich kann man seinen Vertrag dann auch kündigen, doch sollte man sich das gut überlegen. Wer nämlich später doch nochmal eine Krankenver­sicherung möchte, muss seine Krankenges­chichte neu bewerten lassen. Und das kann teuer werden.

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