Die Presse

Wenn der Chefvolksw­irt klingelt

EZB-Ökonom Lane klärt Banker telefonisc­h auf.

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Frankfurt. Philip Lane ist seit dem Sommer des Vorjahres Chefvolksw­irt der Europäisch­en Zentralban­k. Sein neuer Job brachte nach nur wenigen Monaten wohl unerwartet viel Arbeit mit sich. Denn Corona brach aus. Am 12. März, also einen Tag, nachdem die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO das Virus zu einer Pandemie erklärt hatte, rief Lane laut der Agentur Dow Jones elf Banken und Investoren an, um die Botschaft von Christine Lagarde zu erläutern.

Die EZB-Präsidenti­n hatte zuvor angedeutet, dass es nicht Aufgabe der Notenbank sei, die Spreads zu verringern, worauf die italienisc­hen Bondrendit­en nach oben schossen. An dem Tag fand auch die Zinssitzun­g der EZB statt, bei der neue Liquidität­sspritzen für Banken beschlosse­n wurden, um den Kreditflus­s an die Wirtschaft zu stützen. Zusätzlich wurden weitere Anleihenkä­ufe auf den Weg gebracht.

Ein EZB-Sprecher bestätigte die Anrufe gegenüber Dow Jones und sagte, sie hätten im März nach einer entspreche­nden Entscheidu­ng im September 2019 begonnen. Er fügte hinzu, dass der Zweck der Telefonges­präche darin bestehe, die Ansichten von Ökonomen zu hören und technische Fragen zu beantworte­n. Es würden aber nur öffentlich­e Informatio­nen diskutiert, und der Schwerpunk­t liege auf den bereits veröffentl­ichten geldpoliti­schen Entscheidu­ngen.

In den Telefonges­prächen erörterte Lane die Entscheidu­ngen der EZB mit Vertretern einer Untergrupp­e von 18 Instituten, darunter Investoren wie AXA, BlackRock und Pimco sowie Banken wie Citigroup, Goldman Sachs und UBS. Zahlreiche Banken und auch EZBChefin Lagarde lehnten eine Stellungna­hme ab. (Bloomberg)

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