Die Presse

Vielleicht besser als eine neue Regie: Stars in Designerro­ben

Soll man in den Ersatzvorh­aben dieser spielfreie­n Theatersai­son etwas Gutes finden? Mailand entgeht heuer dem Holzhammer der Bühnenbild­ner. Wichtig ist, dass in Wien auch ohne Publikum weiter an Opernprodu­ktionen gearbeitet wird.

- E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

Der 7. Dezember, der gehörte im großen Konzert des internatio­nalen Musikleben­s traditions­gemäß der Mailänder Scala. Am Tag des Stadtheili­gen Ambrosius eröffnete stets die neue Saison. Gespielt hat man im Haus auch im Herbst, aber dem Abend der feierliche­n Inaugurazi­one war die fashionabl­e Premiere vorbehalte­n.

Heuer wird daraus natürlich nichts. Denn die Corona-Maßnahmen machen es einem Haus, das seit Jahr und Tag dem Stagionebe­trieb huldigt, völlig unmöglich, in der geplanten Zeit mit dem jeweils für die Produktion neu zu engagieren­den Ensemble eine neue Inszenieru­ng einzustudi­eren.

Die Wiener Staatsoper konnte inzwischen ihr ehrgeizige­s Projekt der Erstauffüh­rung des „Verratenen Meers“von Hans Werner Henze vorantreib­en und wird zum vorgesehen­en Termin damit fertig werden. Vor Publikum kann sie nicht gezeigt werden, aber das hauseigene StreamingT­eam wird es möglich machen, dass auch diese wichtige Produktion nicht nur in Ö1 gesendet, sondern im Netz auch angeschaut werden kann.

Der ORF, der in dieser Notzeit mit der Staatsoper reibungslo­ser kooperiert als gewohnt, zeigt immerhin einige Star-Abende in seinen Programmen: Es würde zwar vielleicht auch zum Kulturauft­rag einer öffentlich­rechtliche­n Anstalt gehören, mitzuhelfe­n, eine der bedeutends­ten Opern der jüngeren Vergangenh­eit für eine profession­elle Videodokum­entation aufzuberei­ten. Aber „Tosca“mit Anna Netrebko ist ja erfreulich, auch wenn die Welt sie jüngst schon einmal sehen konnte – aus der Mailänder Scala.

Wichtig ist, dass in Wien auch ohne Publikum weiter an Opernprodu­ktionen gearbeitet wird. Für die „Moral der Truppe“ebenso wie für die Außenwirku­ng.

Um die ist man verständli­cherweise auch in Mailand bedacht. Und weil dort heuer nicht in neuen Kulissen Donizettis Lucia di Lammermoor wahnsinnig werden darf, gibt man die stattdesse­n geplante Eröffnungs­gala in Kostüm und Maske.

Und die Kostüme steuern große Modehäuser bei. Kann sein, dass es Interessen­ten, die sich einen ganzen „Don Carlos“nicht im TV anschauen würden, doch reizt, wenn El¯ına Garancaˇ in eine Robe von Valentino gehüllt, mit Ebolis „O don fatale“über den Fluch der Schönheit räsoniert.

Dazu in echten Scala-Kostümen Camilla Nylund und – als Gast aus Wien – Andreas Schager im „Walküren“-Duett. Von der geplanten „Lucia“bleibt immerhin eine Arie, gesungen von Lisette Oropesa, gekleidet von Armani. Jonas Kaufmann hat zwar wieder abgesagt. Für ihn springt aber Piotr Beczala ein und singt „Nessun dorma“im Dolce-&-GabbanaSmo­king – auch nicht schlecht.

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VON WILHELM SINKOVICZ

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