Geld für Trauer um eng verbundenen Bruder
Lawine. OGH bestätigt: Den Geschwistern eines in Lech verunglückten Niederländers steht Schadenersatz zu.
Wien. Vor fast genau vier Jahren, am 16. Jänner 2017, starb im Skigebiet Lech/Zürs ein 33-jähriger Niederländer durch eine Lawine. Mit einem Landsmann war er in Begleitung eines einheimischen Skiführers im freien Skiraum unterwegs gewesen, ehe sich im Bereich Gamsmulde eine Lawine löste und den Urlauber unter sich begrub. Der Skiführer hatte sich unbestritten grob fahrlässig verhalten und war für das Unglück verantwortlich. Weniger klar war, ob den Geschwistern des Verunglückten Schmerzengeld für die Trauer zusteht.
Ein solcher Schadenersatz steht bei schwerem Verschulden des Schädigers nächsten Angehörigen zu, die mit dem Getöteten in einer „intensiven Gefühlsgemeinschaft“standen. Diesen Grundsatz hat der Oberste Gerichtshof (OGH) entwickelt, gemünzt primär auf die Kernfamilie von Eltern/Kindern, Ehegatten oder Lebensgefährten und Geschwistern, die im gemeinsamen Haushalt leben.
Der Skiführer hatte den Verschütteten rasch gefunden und freigelegt. Dennoch konnte das Opfer nur noch tot geborgen werden. Die Geschwister, eine zwei Jahre ältere Schwester und ein zwei Jahre jüngerer Bruder, waren von der Todesnachricht tief getroffen – tiefer noch, als dies unter erwachsenen Geschwistern ohnehin selbstverständlich ist. Das Landesgericht Innsbruck und das Oberlandesgericht sprachen den beiden jeweils 15.000 Euro Trauerschmerzengeld zu.
Ein „eingeschworenes Team“
Angesicht der besonderen familiären Situation hatte der OGH nichts daran auszusetzen. Obwohl die Geschwister keinen gemeinsamen Haushalt führten, waren sie nämlich besonders innig miteinander verbunden. Das hatte mit dem frühen Tod der Mutter begonnen, der die drei im Alter von neun, elf und 13 zu einem „eingeschworenen Team“gemacht hatte. Auch als Erwachsene waren sie ständig miteinander in Kontakt und verbrachten auch Urlaube gemeinsam. Sowohl bei der geplanten Hochzeit der Schwester als auch jener des Bruders hätte der Verunglückte Trauzeuge sein sollen.
Diese innige Bindung „geht in ihrer Intensität über eine durchschnittliche, auch gute Beziehung zwischen erwachsenen Geschwistern hinaus“, fand auch der OGH. Die Revision des Skiführers war unzulässig, er haftet (10 Ob 41/20g).