Alles, was man nicht machen soll
Persönliche Erklärungen lassen meist keinen Raum für Rückfragen.
Der Rücktritt von Arbeitsministerin Aschbacher wirft Fragen im Umgang mit wissenschaftlichen Abschlussarbeiten auf.
Die Ankündigung einer „persönlichen Erklärung“ist so etwas wie der schrillende Alarm, der die innenpolitische Branche aufrütteln soll. Wer diese Botschaft aussendet, vermeldet gleichzeitig: Ich trete zurück. Offen bleiben nur noch das Wie und Warum. Begründung, Form und Stil sagen dabei viel über den Rückzug aus. Die Kunst des Rücktritts wurde in Österreich zuletzt gar nicht so selten, aber sehr unterschiedlich angewandt.
Zuletzt von Christine Aschbacher: schriftlich am Samstagabend, via Aussendung. Damit hat sie die schmerzloseste Variante für Betroffene gewählt, aber die unbefriedigendste für alle anderen: Sie erlaubt keine direkte Konfrontation, keine Nachfrage. Es ist eine Flucht vor der Öffentlichkeit, trotz offener Fragen.
Denn eines ist Aschbachers Rücktritt nicht, wie sie schriftlich betont: ein Schuldeingeständnis. Es ist auch nicht die Anerkennung, dass das Vertrauen in ihre Person durch die Vorwürfe leidet – und sie daher, bis die Causa geklärt ist, ihren Platz frei macht. Verantwortlich für ihren Rücktritt ist laut Aschbacher etwas anderes: „die Anfeindungen, die politische Aufgeregtheit und die Untergriffe“gegenüber ihrer Familie. Und die Art, wie sie selbst „medial in unvorstellbarer Weise“vorverurteilt wurde.
Es ist nicht die erste „persönliche Erklärung“von Türkis-Grün. Vergangenen Mai gab auch Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) eine ab – und zwar tatsächlich persönlich: „Ich mache Platz für jemanden, die in dieser Krisensituation hoffentlich mehr erreichen kann, als mir gelungen ist“, sagte sie, nachdem ihr Kulturschaffende mangelnde Hilfen vorgeworfen hatten. Seitenhiebe gab es zwar auch in Lunaceks Ansprache („Mir wurde keine Chance mehr gegeben“), aber auch Ironie: „Vielleicht gehe ich später dann zu einem Abend von Stermann und Grissemann oder Lukas Resetarits und schaue, ob ich an deren Programm genauso viel Kritik finde wie sie an meinem.“
Fragen waren aber auch in diesem Fall nicht zugelassen. Genauso wie beim Rücktritt von Kanzler Werner Faymann (SPÖ): Er gab 2016 so kurzfristig das Ende seiner politischen Karriere bekannt, dass es viele Medienleute nicht einmal zum Termin schafften. Auch ÖVP-Chef Reinhold
Mitterlehner wünschte einen „schönen Sommer“, bevor er Partei und Parteizentrale verließ. Neos-Chef Matthias
Strolz ging „auf zur Freiheit, auf zum Glück“. Nur Eva Glawischnig ließ bei ihrem Rückzug 2017 Nachfragen zu. Vizekanzler Heinz-Christian Strache holte sich buchstäblich Rückendeckung seiner damaligen Partei: Das gesamte FPÖ-Regierungsteam stand hinter ihm, als er nach Ibiza den Rücktritt verkündete. Strache entschuldigte sich für seine Äußerungen im Video – bei allen, die er damit verletzt habe, bei Kanzler Sebastian Kurz und seiner Frau, Philippa. Nur in ihrem Fall nahm er die Entschuldigung später nicht zurück. Rücktritte sind also nur selten wirkliche Schuldeingeständnisse.