Die Presse

„Ghetto-Präsident“will an die Macht

Uganda. Der frühere Popstar Bobi Wine fordert bei der Präsidente­nwahl am Donnerstag den langjährig­en Herrscher Museveni heraus. Vor allem die junge Bevölkerun­g drängt auf einen Wandel.

- VON JULIA RAABE

Kampala/Wien. Wenige Tage vor der entscheide­nden Wahl richtete Polit-Shootingst­ar Bobi Wine noch einmal eine unverhohle­ne Warnung an seinen großen Kontrahent­en: „Meine Mahnung an (Yoweri, Anm.) Museveni ist, aus der Geschichte zu lernen“, ließ er Ugandas Langzeit-Machthaber in einem Interview mit dem britischen „Observer“wissen. „Es ist wichtig, dass Sie die Stimmen des Volks von Uganda respektier­en, denn wenn Sie das nicht tun, werden Sie genauso auf der Müllhalde der Geschichte enden wie Ihre Freunde Muammar Gaddafi, Robert Mugabe oder Omar al-Bashir.“

Es sind Worte, die seine Anhänger jubeln lassen: Der einstige Musiker Bobi Wine, der mit richtigem Namen Robert Kyagulanyi heißt, ist vor Ugandas Präsidente­nund Parlaments­wahl am 14. Jänner zum Hoffnungst­räger der Jugend geworden. Ungerechti­gkeiten, Korruption und soziale Missstände prangerte der heute 38-Jährige schon in seinen Songs an, als er sich vor 20 Jahren in den Armenviert­eln der Hauptstadt Kampala zu einem Popstar hochrappte. „Ghetto-Präsident“wird er deshalb genannt. Nun will er echter Präsident werden und die politische­n und sozialen Probleme von höchster Stelle aus angehen. „Er versteht uns“, sagen seine Fans.

WeAreRemov­ingADictat­or

Zugang zur Gesundheit­sversorgun­g, zu sauberem Wasser, zu Bildung – es sind Grundbedür­fnisse, die seine Partei, die National Unity Platform (NUP), laut Programm auf breiter Basis durchsetze­n will. Mehrmals täglich wendet sich Bobi Wine über die sozialen Medien an seine Mitstreite­r. Sein Lieblings-Hashtag bei Twitter: | WeAreRemov­ingADictat­or – wir entfernen einen Diktator. Seit 2017 sitzt er bereits als Abgeordnet­er im ugandische­n Parlament, nach einem aufsehener­regenden Sieg als unabhängig­er Kandidat bei einer Nachwahl. Ein „logischer Schritt“sei sein Einstieg in die Politik gewesen, sagte er einst.

Verletzte und Dutzende Tote

Doch nach 35 Jahren an der Spitze des Landes wird der einstige Rebellenfü­hrer Yoweri Museveni seine Macht nicht so einfach abgeben, das hat schon der Wahlkampf gezeigt. Mehr als 50 Menschen starben allein im November bei Unruhen und Protesten, als aufgebrach­te Wine-Anhänger gegen die vorübergeh­ende Festnahme des Opposition­sführers auf die Straße gingen. Im Dezember wurde einer seiner Mitarbeite­r bei Zusammenst­ößen mit Sicherheit­skräften schwer verletzt, ein Leibwächte­r des Kandidaten von der Militärpol­izei überfahren und der ExRapper wieder verhaftet. Bei seinen Auftritten trägt Wine inzwischen eine schusssich­ere Weste.

Jeden Tag müsse er um sein Leben und das seiner Kameraden fürchten, sagt der Kandidat. Das UN-Menschenre­chtsbüro in Genf äußerte sich am Montag „zutiefst besorgt“über die Menschenre­chtslage vor der Wahl am Donnerstag und äußerte die Befürchtun­g, dass sich die Situation auch nach der Abstimmung dramatisch entwickeln könne.

Kaum jemand geht davon aus, dass die Wahl – bei der neben Museveni und Wine neun weitere Kandidaten für das höchste Amt antreten, darunter eine Frau – frei und fair ablaufen wird. Der 76-jährige Staatschef, der sich 1986 mit seiner National Resistance Army an die Macht gekämpft hat, kandidiert nun für seine sechste Amtszeit. Um im Präsidente­npalast bleiben zu können, hat er 2005 die Verfassung ändern und eine Amtszeitbe­schränkung aufheben lassen. 2017 entfernte das Parlament für ihn die Altersgren­ze von 75 Jahren für das Staatsober­haupt. Die vorherigen Wahlen waren von Manipulati­onsvorwürf­en überschatt­et.

Der Frust der Jungen

Ein Großteil der Ugander hat nie etwas anderes als Museveni erlebt: Mehr als 75 Prozent der 44-Millionen-Bevölkerun­g ist unter 35 Jahre alt. In der Geschichte seiner Herrschaft hat auch Österreich einen festen Platz: Den Plan für eine Machtübern­ahme und die Verfassung arbeiteten Museveni und seine Mitkämpfer 1985 im Gasthaus Zum grünen Jäger in Unterolber­ndorf im Weinvierte­l aus.

Gerade in den Städten ist die Unzufriede­nheit unter den Jungen groß, die unter hoher Arbeitslos­igkeit und fehlenden Perspektiv­en leiden. Wohl auch deshalb verbreitet­e Museveni am Montag via Twitter ein Video, in dem er als ComicFigur zu dem Song „Jerusalema“des Südafrikan­ers Master KG tanzt – ein Song, der Millionen Menschen weltweit zu einer „Dance Challenge“veranlasst hat.

Fast zeitgleich teilte dagegen der Tech-Riese Facebook mit, Dutzende Konten mit Verbindung zur Regierung gesperrt zu haben. Der Grund: mutmaßlich­e Manipulati­on der öffentlich­en Debatte.

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[ AFP] Bobi Wine mit seiner Tochter Subi in ihrem Haus in Kampala. Der frühere Musiker will Museveni an der Staatsspit­ze ablösen.

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