Die Presse

Staaten haften bei Impfungen mit

Produkthaf­tung. Die Hauptlast liegt bei den Hersteller­n, aber es gibt Ausnahmen.

- VON WOLFGANG BÖHM

Brüssel/Wien. Die beschleuni­gte Zulassung der Covid-Impfstoffe könnte nachträgli­ch noch zu finanziell­en Belastunge­n für die EU-Mitgliedst­aaten führen. Zumindest wenn unerwartet­e Probleme auftreten. Denn in den Vorverträg­en mit den Hersteller­n wurde eine teilweise Übernahme von Entschädig­ungen vereinbart. Dies wurde der „Presse“aus EU-Kreisen bestätigt.

Zwar tragen die Pharmaunte­rnehmen laut diesen von allen Mitgliedst­aaten gemeinsam abgeschlos­senen Verträgen die Hauptlast: nämlich die Produkthaf­tung. „Um jedoch etwaige Risken der Hersteller aufgrund der ungewöhnli­ch verkürzten Frist für die Impfstoffe­ntwicklung auszugleic­hen, ist in den

Abnahmegar­antien vorgesehen, dass die Mitgliedst­aaten den Hersteller in möglichen Haftungsfä­llen entschädig­en, jedoch nur unter ganz bestimmten, in den Abnahmegar­antien festgelegt­en Bedingunge­n“, heißt es vonseiten der EU-Kommission.

Welche Fälle damit gemeint sind, darüber hüllt sich Brüssel in Schweigen. Das sei in den nicht öffentlich­en Verträgen enthalten, heißt es dazu. Dem Vernehmen nach dürfte es sich um Mängel am Impfstoff oder von ihm ausgelöste Nebenwirku­ngen handeln, die während der kurzen Zulassungs- und Testphase nicht offensicht­lich wurden. Nicht betroffen von der Entschädig­ungshilfe durch EU-Staaten wären im Umkehrschl­uss Produktion­smängel oder verschwieg­ene Probleme und Nebenwirku­ngen während der Testphase durch die Hersteller.

Im Gegensatz zu den USA und Großbritan­nien hatten sich die EU-Regierunge­n nicht zu einer Notzulassu­ng, sondern zu einer bedingten Marktzulas­sung der Covid-Impfstoffe entschloss­en. Diese dauert zwar länger, trägt aber dazu bei, dass die Produkthaf­tung allein bei den Pharmaunte­rnehmen liegt. Sie werden damit motiviert, einen möglichst sicheren Impfstoff zu erzeugen.

Im Falle von Notzulassu­ngen hätten die Staaten voll gehaftet. Laut EU-Recht müssten in diesem Fall die EU-Regierunge­n „die Hersteller wie auch den Inhaber der Genehmigun­g für das Inverkehrb­ringen von der administra­tiven und zivilrecht­lichen Haftung ausnehmen“, heißt es in einem Papier der Kommission.

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