Umstrittenes Investitionsabkommen EU/China
Handelspolitik. Peking wollte offenbar chinaskeptische Mitgliedstaaten mit Hürden bei dem Marktzugang bestrafen.
Brüssel/Peking. Das Investitionsschutzabkommen, das die EU und China Ende Dezember vereinbart haben, gilt angesichts seiner geopolitischen Dimension ohnehin als problematisch. Nun kommen allerdings Hinweise hinzu, denen zufolge die Führung der Volksrepublik das Abkommen als Mittel der Disziplinierung einzelner EU-Mitgliedstaaten handhaben möchte.
Nach einem Bericht der Deutschen Presse Agentur wollte Peking in dem Investitionspakt einen Passus verankern, der darauf abzielte, Unionsmitgliedern, „die chinesische Telekommunikationsunternehmen im Gesetz oder in der Politik blockieren oder willkürlich diskriminieren“, den Zugang zu dem chinesischen Telekomsektor zu verweigern. Die Klausel richtete sich primär gegen jene EU-Mitglieder, die Chinas Telekomausrüster Huawei vom Ausbau der 5G-Infrastruktur fernhalten. Der Grund dafür sind Sicherheitsbedenken – konkret der Verdacht, Huawei-Ausrüstung könnte vom Geheimdienst der Volksrepublik als Hintertür zu EU-Kommunikationsnetzwerken genutzt werden.
Das Ansinnen wurde von den europäischen Verhandlungsführern zwar abgelehnt, doch die juristischen Details des Abkommens müssen noch finalisiert werden – es ist übrigens der erste reine Investitionspakt, den die EU verhandelt hat, denn üblicherweise ist Investitionsschutz Teil von Freihandelsabkommen. Doch nachdem der chinesische Staat seine Unternehmen nach Kräften fördert, ist die Zuversicht in Bezug auf fairen Wettbewerb auf Chinas Markt, der eine Voraussetzung für freien Handel wäre, enden wollend.
Trotz seines engeren Rahmens ist das Abkommen (das ein strategisches Ziel des deutschen EU-Vorsitzes war) aus mindestens drei Gründen umstritten. Kritisiert wird erstens, dass sich Brüssel mit schwammigen Zusagen Pekings bezüglich eines Verbots der Zwangsarbeit hat abspeisen lassen. Vor allem im Europaparlament, das dem Abkommen zustimmen muss, ist man wegen des harten Kurses der Volksrepublik in Hongkong, der Internierung muslimischer Uiguren und der Verfolgung von Bürgerrechtlern alarmiert. Zweitens gibt es Zweifel an Pekings Vertragstreue. Und zu guter Letzt kam die Einigung wenige Wochen vor dem Amtsantritt von Joe Biden als US-Präsident zustande, was als chinesischer Keil in transatlantischen Beziehungen gewertet wird.
Transatlantisches Tauwetter?
Dass China mit seinem Versuch, die EU und die USA zu spalten, nachhaltig erfolgreich sein wird, ist fraglich – angesichts des offen EUfeindlichen Kurses von Amtsinhaber Donald Trump übt man sich in Bidens Team in Zurückhaltung punkto EU-Kritik und arbeitet an einer Allianz der Demokratien als Gegengewicht zur autokratischen Volksrepublik. Deren Zustandekommen wird allerdings davon abhängen, wie gut Brüssel und Washington ihre Handelskonflikte (etwa um geplante EU-Steuern für Online-Konzerne, um Subventionen für Boeing und Airbus oder um die angedachte CO2-Grenzsteuer) entschärfen können.