Die Presse

„Impfstoff-Vergleiche erinnern mich an Sportautos“

Corona. PharmigGen­eralsekret­är Alexander Herzog spricht über die Verzögerun­gen beim Impfen, Österreich­s Strategiew­echsel und die Wirksamkei­t des AstraZenec­a-Produkts.

- VON KÖKSAL BALTACI

Die Presse: Lassen wir einmal Israel beiseite. In Dänemark wurden sämtliche Bewohner von Alters- und Pflegeheim­en geimpft, in Italien mehr als eine halbe Million Menschen, in Österreich hingegen insgesamt rund 30.000. Wie ist das zu erklären? Alexander Herzog: Die Logistik ist zweifellos herausford­ernd. Die Kommunikat­ion desselben ebenso. Gesundheit­sminister Rudolf Anschober hat von einer „Pilotphase“gesprochen, die es demnach vor der breiteren Ausrollung der Impfungen zu bestehen galt, und auch davon, dass man keines der Heime bevorzugen wolle, also alle gleicherma­ßen beliefern möchte. Das ist aus Sicht der Politik verständli­ch, gleichzeit­ig ist die Erwartung bei vielen Menschen hoch, endlich die ersehnte Impfung auch zu erhalten. Andere Länder scheinen hier eine andere Strategie zu fahren und sofort jede einzelne Impfdosis zu verimpfen, die ins Land geliefert wird. Auf diesen Weg ist ja auch die Bundesregi­erung letztlich eingeschwe­nkt. Wie auch immer es gemacht wird, das Wichtigste ist, dass haargenau dokumentie­rt wird, wann wo wer geimpft wird, denn jede Person muss zwei Impfungen erhalten, damit der Impfschutz auch tatsächlic­h eintritt.

Ärgern Sie als Vertreter der Pharmaindu­strie die Verzögerun­gen in den vergangene­n Wochen?

Sie ärgern mich, aber als Staatsbürg­er, nicht als Vertreter der Pharmaindu­strie in Österreich. Denn die Industrie hat in enormer Geschwindi­gkeit ihren Beitrag geleistet, um die Pandemie zu bekämpfen, und Impfstoffe in höchster Qualität entwickelt bzw. zur Zulassung eingereich­t.

Wie bewerten Sie die bisherige Performanc­e Österreich­s beim Impfen der Bevölkerun­g?

Noch nie hatten wir die Situation, dass – die Freiwillig­keit vorausgese­tzt – die gesamte Bevölkerun­g eines Landes geimpft werden sollte bzw. müsste. Wenn andere Länder nun schneller agieren, so hätte man sich vielleicht schon im Vorfeld länderüber­greifend abstimmen oder überlegen können, wie man am effiziente­sten in der Logistik und Verabreich­ung der Impfung vorgeht.

Was genau ist denn in Österreich schiefgela­ufen?

Aus Sicht der Industrie nichts, da wir die Impfstoffe bereits vorproduzi­ert und monatelang die Logistikpr­ozesse entwickelt und getestet haben. Österreich verfolgte von Anfang an die Strategie, den Impfstoff zu den Impfwillig­en zu bringen, nicht umgekehrt. Das ist grundsätzl­ich keine schlechte Idee, erfordert aber eine intensiver­e Vorbereitu­ng und Logistik. Andere Länder hingegen setzen vermehrt auf eine dezentrale Strategie, impfen also auf Impfstraße­n und in Impfstatio­nen.

Länder wie etwa Italien und Israel. Die – wie sich herausgest­ellt hat – bessere Strategie, oder?

Das konnte man zum Zeitpunkt der Entscheidu­ng nicht wissen. Wir sehen jetzt, dass es in anderen Ländern schneller geht, und sollten von diesen Ländern lernen. Wichtig ist, dass nach dem reinigende­n Gewitter vergangene Woche endlich die Erkenntnis Platz gegriffen hat, dass vorhandene Impfungen sofort verabreich­t werden und nicht herumliege­n.

Wie lang dauert es eigentlich innerhalb Österreich­s von der Anforderun­g einer Impfstoff-Tranche – beispielsw­eise durch eine Pflegeeinr­ichtung oder ein Krankenhau­s – bis zur Lieferung? Höchstens 48 Stunden. Der Großhandel ist grundsätzl­ich imstande, tagesaktue­ll auszuliefe­rn.

Bekommen die einzelnen EULänder wirklich exakt gleich viele Impfstoffe von Biontech/Pfizer? Beim Vergleiche­n der Zahlen rund um den Jahreswech­sel hatte man nämlich nicht unbedingt diesen Eindruck. Österreich war auch hier eher im Schlussfel­d zu finden.

Ja, der Verteilung­sschlüssel ist sehr streng, alle Länder bekommen entspreche­nd ihrer

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