Kapazitäten lassen sich nicht einfach ausbauen
Impfstoff. Weltweit gibt es Engpässe bei der ImpfstoffProduktion. So schnell lassen sich diese nicht lösen.
Wien. Noch nie wurde ein Impfstoff innerhalb so kurzer Zeit zur Zulassung gebracht. Während die Rekordgeschwindigkeit, in der die neuen Covid-Impfstoffe entwickelt wurden, bei manchen für Skepsis sorgt, kann es den Staaten mit der Auslieferung jetzt nicht schnell genug gehen.
Kaum sind die weltweiten Impf-Kampagnen angelaufen, werden erste Rufe nach einer Erhöhung der Impfstoff-Kapazitäten laut. So einfach lassen sich diese jedoch nicht ausbauen, erklärt Renee´ Gallo-Daniel, Unternehmenssprecherin von Pfizer Österreich und Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller: „Bestehende Produktionen für herkömmliche Impfstoffe und Arzneimittel lassen sich nicht einfach auf die mRNATechnologie umrüsten.“
Ein solcher Prozess würde Monate dauern, die meisten Standorte seien dafür ohnehin nicht ausgerichtet. Das gilt auch für das Pfizer-Werk im niederösterreichischen
Orth an der Donau, wo FSMEImpfstoffe hergestellt werden. Bisher werden in der Europäischen Union ausschließlich Impfungen mit dem Biontech/PfizerWirkstoff verabreicht, der als Erstes die europäische Zulassung bekommen hat.
Prognosen angehoben
Die deutsch-amerikanischen Pharma-Partner haben am Montag die Produktionsprognose für ihren Covid-19-Impfstoff deutlich angehoben. Biontech gehe nun von einer Produktionskapazität von zwei Milliarden Impfdosen aus, teilte das Mainzer Unternehmen in einer Investorenpräsentation mit. Bisher peilte man bis Ende 2021 noch 1,3 Milliarden Dosen an. Die neue Einschätzung beruhe auf einer kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse und einer Erweiterung der bestehenden Werke.
Ein solches wird aktuell im hessischen Marburg aufgebaut. Im Februar soll der Produktionsstandort in Betrieb gehen und die Impfstoffproduktion damit massiv ausgebaut werden. Bis das neue Werk umgerüstet ist und die Produktion anläuft, werden aber wohl noch einige Wochen vergehen.
Auch der deutsche Arzneimittelspezialist Dermapharm kooperiert mit Biontech und stellt seine Produktionskapazitäten für die besonders sensible Abfüllung und Verpackung zur Verfügung. Erst vergangene Woche kündigte Dermapharm an, seine Produktionskapazitäten zu verdoppeln. Derartige Kooperationen mit Vertragsherstellern seien wichtig, betont Gallo-Daniel. Gestiegene Produktionskapazitäten erfordern eben auch eine Steigerung der Abfüllkapazitäten.
Jene Dosen, die in Europa verteilt und geimpft werden, werden im Pfizer-Werk im belgischen Puurs produziert. Von dort kommen sämtliche Impfstoffdosen, die bisher auch in Österreich verabreicht wurden. Generell sei Europa das Herz der weltweiten Vakzin-Produktion, sagt die Impfstoffexpertin. „86 Prozent der weltweit hergestellten Impfstoffe kommen aus Europa.“Um die ImpfstoffProduktion zu beschleunigen, hat IfoPräsident Clemens Fuest vergangenes Wochenende an die deutsche Regierung appelliert, den Herstellern stärker unter die Arme zu greifen. „Der Staat sollte die Hersteller unterstützen, möglichst schnell Kapazität aufzubauen. Etwa durch beschleunigte Genehmigungen, aber auch finanziell“, so der Präsident des Münchener Wirtschaftsforschungsinstituts.
„Marxismus“-Vorwurf
In Deutschland mehren sich unterdessen Stimmen, die Pharmakonzerne zwingen wollen, ihre Rezepte für die Covid-Impfung freizugeben, um somit die Produktion anzukurbeln. PharmigChef Alexander Herzog kann der Idee nichts abgewinnen und hält sie für „völligen Unsinn“. „Wenn man der Industrie das Patent auf ihren Wirkstoff wegnimmt, kommt das der Enteignung der gesamten Pharmaindustrie gleich. Mit einem derart marxistischen Vorgehen lässt sich keine Versorgungskrise lösen.“Das Problem fehlender Produktionskapazitäten sei so längst nicht gelöst.
Produktionen für andere Arzneimittel lassen sich nicht auf mRNA-Technologie umrüsten.
Renee´ Gallo-Daniel Pfizer Österreich