2021: Das Jahr der Veränderung für die Grünen
In Wien und im Bund stehen die Grünen vor Herausforderungen.
So schnell kann es gehen. Vor mehr als einem Jahr waren die Grünen nicht im Parlament vertreten, regierten aber als einflussreicher Juniorpartner in der Bundeshauptstadt. Nun sind die Grünen, nach ihrem Wiedereinzug ins Parlament 2019, Juniorpartner in der Bundesregierung – in Wien allerdings keine Regierungspartei mehr, nun regiert RotPink.
Damit stehen die Bundesgrünen, wie auch die wichtigste Landespartei von Werner Kogler, im Jahr 2021 vor einer herausfordernden Aufgabe: Die Bundesgrünen mit der nicht einfachen Regierungsarbeit in Coronazeiten – die ÖVP macht es den Grünen auch nicht immer leicht. Die Wiener Grünen dagegen stehen (nach einem Jahrzehnt) vor der schwierigen Transformation einer Regierungs- in eine Oppositionspartei. Konkret müssen Wiens Grüne wieder Opposition lernen und Tritt fassen – nachdem sie nicht mehr in der Stadtregierung vertreten sind, ihre Parteichefin Birgit Hebein öffentlich demontierten und nun de facto führungslos sind, während es in einigen grünen Bezirksorganisationen (wegen Hebeins Demontage) brodelt.
Warum es für die Bundeshauptstadt nicht unwichtig ist, dass die Wiener Grünen wieder Tritt fassen? Die rot-pinke Rathauskoalition steht de facto keiner Opposition gegenüber. Die Freiheitlichen, die bei der Wien-Wahl nur noch 7,11 Prozent erreichten, ergehen sich demoralisiert in Kopflosigkeit. Und die ÖVP forciert fast ausschließlich das Integrationsthema. Damit eröffnet sich für die Wiener Grünen das weite Feld einer umfassenden, markanten Oppositionspolitik, die Wien dringend benötigt.
Die Blaupause für ihre Neuaufstellung besitzen die Wiener Grünen bereits. Vor 2010 waren sie für die rote Alleinregierung eine unangenehme Kontrollpartei, die Missstände aufdeckte, aber auch konstruktiv agierte. Man erinnere sich an die rot-grünen Projekte, die die SPÖ mit den oppositionellen Grünen umgesetzt hatte. Wobei die Grünen der innovative Antrieb dieser Kooperation waren.
Das fehlt derzeit. Wien benötigt (neben der ÖVP, die das Integrationsthema zurecht thematisiert, wie die Silvester-Randale in Favoriten zeigen) eine konstruktive Kontrollpartei, die alle Aspekte der Stadt miteinbezieht. Und das könnten die Wiener Grünen sein. Wenn sie eine Neuaufstellung schaffen. Aber Werner Kogler hat ja Erfahrung damit.
martin.stuhlpfarrer@diepresse.com