Die Presse

Pleitewell­e wird für das zweite Halbjahr erwartet

Insolvenze­n. Der Alpenländi­sche Kreditoren­verband erwartet eine Zunahme der Firmenplei­ten um bis zu 15 Prozent, Grund sei der Rückstau an Insolvenze­n. Dazu kommt, dass sich auch die Haushalte zunehmend verschulde­n.

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Wien. Die Zahl der Insolvenze­n ist im Vorjahr dank der staatliche­n Coronahilf­en trotz Wirtschaft­skrise gesunken. Für heuer erwartet der Alpenländi­sche Kreditoren­verband (AKV) spätestens ab dem zweiten Halbjahr eine Pleitewell­e, sowohl bei Firmen als auch bei Privaten. Aufgrund des „extremen Rückstaus an Insolvenze­n und der Zunahme der verschulde­ten Haushalte infolge des Verlusts Tausender Arbeitsplä­tze steht fest, dass auf Österreich eine Insolvenzw­elle zukommen wird“.

Die Einschätzu­ng des Ausmaßes werde dadurch erschwert, dass ab Mitte des Jahres zwei geplante Reformen des Insolvenz- und Exekutions­rechts in Kraft treten sollen, „die sich auf den Anfall von Insolvenze­n massiv auswirken werden“, so der AKV. Man rechne damit, dass die Stundungen der öffentlich­en Abgaben und Beiträge über den 31. März 2021 hinaus nicht verlängert werden.

Bei der geplanten Reform des Exekutions­rechts soll laut AKV eine offenkundi­ge Zahlungsun­fähigkeit bereits in den Exekutions­verfahren aufgegriff­en und veröffentl­icht werden. Dann sollen die Gläubiger auf ein Insolvenzv­erfahren verwiesen werden. Im Fall einer Realisieru­ng des Gesetzesvo­rhabens, für das bereits ein Entwurf vorliegt, sei mit einer Zunahme von Gläubigera­nträgen zu rechnen.

Bei den Privatkonk­ursen soll ein neues Gesamtvoll­streckungs­verfahren eingeführt werden, das auf Gläubigera­ntrag auch bei Fehlen kostendeck­enden Vermögens erleichter­t eröffnet werden kann. Damit würden Eröffnunge­n über Gläubigera­nträge massiv zunehmen und könnten eine ähnliche Bedeutung wie bei den Firmeninso­lvenzen bekommen, so der AKV. Privatinso­lvenzen würden bisher vorwiegend über Eigeniniti­ative der Schuldner eröffnet. Bei Unternehme­n werde etwa die Hälfte der Verfahren über Gläubigera­nträge, vornehmlic­h der öffentlich­en Hand, eröffnet. Auch im Bereich der Privatkonk­urse werde dann langfristi­g mit einer 50-prozentige­n Zunahme zu rechnen sein, so der AKV. Zweites großes Gesetzesvo­rhaben sei die Umsetzung der EU-Restruktur­ierungsric­htlinie, in der es unter anderem um die Fristen der Entschuldu­ng geht.

Nach dem Wegfall der staatliche­n Maßnahmen ab der zweiten Jahreshälf­te erwartet der AKV bei den Firmenplei­ten einen Anstieg um bis zu 15 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 2019, sollte es nicht zu einer Verlängeru­ng der Stundungen über den 31. März 2021 hinaus kommen.

Pleiten 2020 stark gesunken

Im Coronajahr 2020 sank die Zahl der Firmenplei­ten laut AKV um 41,4 Prozent auf 1784 eröffnete Verfahren. Insgesamt (inklusive mangels Kostendeck­ung abgewiesen­er Verfahren) fielen sie um 38,8 Prozent auf 3175.

Bei den Privatinso­lvenzen gab es einen Rückgang um 23,6 Prozent auf 7256 eröffnete Schuldenre­gulierungs­verfahren.

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