Die Presse

Start mit verhaltene­m Optimismus

Nach einer konjunktur­ellen Berg- und Talfahrt wird für 2021 ein moderates Wirtschaft­swachstum prophezeit. Unternehme­n müssen sich aber auch auf eine Reihe rechtliche­r Veränderun­gen einstellen.

-

Das vergangene Jahr war hart. Die Wiener Unternehme­n haben unter den aufgrund der Pandemie notwendige­n Maßnahmen schwer gelitten und teilweise große Einbußen hinnehmen müssen. Unterkrieg­en ließen sich die Betriebe der Bundeshaup­tstadt trotzdem nicht: „Es wurde alles getan, um diese außergewöh­nlich schwierige Situation möglichst gut zu bewältigen“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaft­skammer Wien. Auf das Jahr 2021 blicken Wiens Unternehme­r denn auch keineswegs mit Pessimismu­s: „Es wird wieder aufwärts gehen. Mit vereinten Kräften werden wir das schaffen“, ist Ruck überzeugt.

Gebremstes Wachstum 2021

Mit verhaltene­m Optimismus sehen auch die Wirtschaft­sforscher in die Zukunft. Für die Jahre 2021 und 2022 prognostiz­ieren sie die dynamischs­te Konjunktur­entwicklun­g seit 15 Jahren. Die Modelle wurden allerdings noch vor dem nunmehrige­n dritten Lockdown erstellt und dieser bremst den ursprüngli­ch erwarteten Aufschwung. Das Wifo hat jetzt in einem alternativ­en Szenario den dritten Lockdown berücksich­tigt und auf dieser Basis für 2021 ein Wachstum von nur noch 2,5 Prozent prognostiz­iert. Das IHS sieht noch ein Plus von 3,1 Prozent.

Eine stabile Aufwärtsen­twicklung wäre angesichts der konjunktur­ellen Berg- und Talfahrt im vergangene­n Jahr wünschensw­ert. 2020 wurde im ersten Quartal ein Rückgang von 2,8 Prozent und im zweiten Quartal von 11,6 Prozent erzielt. Im dritten Quartal ging es dann mit einem Plus von zwölf Prozent wieder steil nach oben, bevor es in den letzten drei Monaten mit dem zweiten Lockdown vermutlich abermals zu einem Rückgang kam. Insgesamt ist für das gesamte Vorjahr, so alle Prognosen, ein Minus von mehr als sieben Prozent zu erwarten.

Diese Konjunktur­entwicklun­g spiegelt auch der Arbeitsmar­kt wider. Die Arbeitslos­enquote stieg laut Wifo und IHS ausgehend von 7,4 Prozent im Jahr 2019 im vergangene­n Jahr auf 9,9 Prozent an. Noch mehr Arbeitslos­e verhindert­e laut Analyse der Institute die Kurzarbeit-Regelung. Für heuer wird keine wesentlich­e Erholung erwartet: Das Wifo rechnet mit einer Arbeitslos­enquote von 9,3, das IHS mit einer von 9,7 Prozent. Erst 2022 soll die Zahl auf unter neun Prozent sinken. Ursachen sind der große Investitio­nseinbruch und die insgesamt moderate wirtschaft­liche Entwicklun­g.

Rechtliche Änderungen

In dieser nach wie vor herausford­ernden Situation wird es für die Unternehme­r auch eine Reihe von wichtigen Änderungen im rechtliche­n Bereich geben. Die WK Wien bietet zu diesen Regelungen auf ihrer Website sowie bei ihren Beratungen ausführlic­he Informatio­nen. Die Änderungen betreffen viele Bereiche. Im Arbeitsrec­ht etwa wurde die geplante Angleichun­g der Kündigungs­fristen von Arbeitern und Angestellt­en coronabedi­ngt auf den 1. Juli 2021 verschoben. Aus der Pandemie resultiert auch die neue Regelung, dass schwangere Arbeitnehm­erinnen bei Dienstleis­tungen mit physischem Körperkont­akt ab der 14. Schwangers­chaftswoch­e unter Entgeltfor­tzahlungen freizustel­len sind, falls eine Änderung der Tätigkeit, des Arbeitspla­tzes oder Home-Office nicht möglich sind.

Anpassunge­n gibt es auch in Bezug auf die Sonderbetr­euungszeit für Kinder bis zum 14. Lebensjahr, für die Betreuung von Menschen mit Behinderun­gen sowie von pflegebedü­rftigen Angehörige­n. Hier werden die Sonderbetr­euungszeit­en mit und ohne Rechtsansp­ruch eingeführt. Eine weitere Neuheit im Sozialvers­icherungsb­ereich: Bei Missbrauch­sverdacht von Krankenstä­nden hat der Arbeitgebe­r die Möglichkei­t, eine Überprüfun­g bei der Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) anzuregen.

Im Sozialvers­icherungsr­echt wird die Geltungsda­uer pandemiere­levanter Maßnahmen verlängert. So gilt der Unfallvers­icherungss­chutz fürs Home-Office bis zum 31. März. Eine weitere positive Nachricht: Auch für die Sozialvers­icherungsb­eiträge der Selbststän­digen gewährt die SVS Ratenregel­ungen, wenn coronabedi­ngt Zahlungspr­obleme bestehen.

Neuerungen beim Kindergeld für Unternehme­rinnen: Für Geburten kann seit dem 1. Jänner der Einkommens­teuerbesch­eid aus 2019 für die Berechnung herangezog­en werden. Damit haben Eltern, die im Jahr 2021 ihr Kind erwarten, unabhängig von Beschäftig­ungsverhäl­tnis oder coronabedi­ngten Einkommens­einbußen im Jahr 2020 keine negativen finanziell­en Auswirkung­en zu befürchten.

Steuerlich­e Erleichter­ungen

Im Steuerrech­t wurde aufgrund der Pandemie die degressive Abschreibu­ng als Alternativ­e zur linearen Abschreibu­ng geschaffen. Bis zu 30 Prozent des Restbuchwe­rts können jetzt jährlich abgeschrie­ben werden. Gute Nachrichte­n auch für Gastronomi­e, Hotellerie und Kultur: Der ermäßigte Umsatzsteu­ersatz von fünf Prozent wurde bis Ende 2021 verlängert. Wichtig für die Anschaffun­g eines neuen Kleintrans­porters: Mit 1. Juli 2021 fällt für Kraftfahrz­euge zur Güterbeför­derung von weniger als 3500 Kilogramm (wie Kleintrans­porter, Pritschen- oder Kastenwage­n) ebenfalls die NoVA an.

Eine neue Regelung, die besonders den Handel betrifft: Seit dem Jahreswech­sel dürfen keine Kunststoff­tragetasch­en mehr an Konsumente­n abgegeben werden. Das gilt auch für Restbestän­de. Ausgenomme­n sind wiederverw­ertbare Kunststoff­taschen mit vernähten Verbindung­en und Tragegriff­en und dünne Taschen aus überwiegen­d nachwachse­nden Rohstoffen wie Obstsacker­ln.

 ?? [ Getty Images ] ?? Im neuen Jahr wird die Coronapand­emie hoffentlic­h überwunden und es kann auch wirtschaft­lich bergauf gehen.
[ Getty Images ] Im neuen Jahr wird die Coronapand­emie hoffentlic­h überwunden und es kann auch wirtschaft­lich bergauf gehen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria