Erstmals zum zweiten Mal
USA. Im Repräsentantenhaus war eine Mehrheit für eine Amtsenthebung sicher. Es ist diesmal nicht ausgeschlossen, dass der Präsident schuldig gesprochen wird.
Im Repräsentantenhaus war eine Mehrheit für eine Amtsenthebung sicher. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Trump schuldig gesprochen wird.
New York. Als erster Präsident der US-Geschichte stand Donald Trump in der Nacht auf Donnerstag vor einem zweiten Verfahren zur Amtsenthebung. Nach dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol hatten die Demokraten im Repräsentantenhaus in Windeseile einen Antrag auf Impeachment eingebracht. Die für den späten Mittwochabend angesetzte Abstimmung in Washington sollte nur Formsache sein. Auch mehrere Republikaner hatten angekündigt, mit den Demokraten, die in der Kammer die Mehrheit halten, gegen den Präsidenten zu stimmen.
Das Repräsentantenhaus um seine Vorsitzende Nancy Pelosi wirft Trump „Anstiftung zum Aufruhr“sowie das „Anzetteln von Gewalt gegen die Regierung der Vereinigten Staaten“vor. Zudem bezieht sich der Antrag zur Amtsenthebung auf Aussagen Trumps, wonach das Resultat der Präsidentschaftswahl im November durch weitläufigen Betrug zustande gekommen sei. Auch auf Trumps Telefonat von Anfang Jänner mit dem Innenminister von Georgia, Brad Raffensperger, nimmt es Bezug. In dem Gespräch hatte der Präsident den Verantwortlichen für die Wahl in dem Bundesstaat aufgefordert, Stimmen zu „finden“, um den Sieg seines Widersachers Joe Biden rückgängig zu machen.
Zum zweiten Impeachment gegen Trump kam es, nachdem Vizepräsident Mike Pence die Aufforderung der Demokraten, seinen Chef für amtsunfähig zu erklären, zurückgewiesen hatte. In einem Brief an Pelosi hatte Pence erklärt, dass er die „politischen Spielchen“nicht mitmachen werde und der Fokus in den letzten Tagen der Amtszeit Trumps auf einer geordneten Machtübergabe liegen sollte. Die Angelobung Bidens steht am 20. Jänner an. Das FBI hat vor erneuten Ausschreitungen gewarnt. Die Nationalgarde will mehr als 20.000 Soldaten nach Washington schicken, um für Sicherheit zu sorgen.
Spalt bei Republikanern
Die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsenthebung kann im Abgeordnetenhaus mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Im Dezember 2019 strengten die Demokraten, die nach den Zwischenwahlen im Jahr zuvor die Mehrheit im „House“übernommen hatten, ein Impeachment gegen Trump wegen dessen Rolle in der Ukraine-Affäre an. Im Mittelpunkt stand ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskij, in dem Trump diesen zu Ermittlungen gegen Biden aufgefordert hatte. Die Konservativen standen im Repräsentantenhaus geschlossen hinter Trump, nur Mitt Romney stellte sich im Senat gegen ihn.
Diesmal geht ein Spalt durch die Republikaner. Im Repräsentantenhaus wollte unter anderem Liz Cheney, Tochter von Ex-Vizepräsident Dick Cheney, für die Amtsenthebung stimmen. Im Senat hat sich eine Handvoll Republikaner gegen den Präsidenten gewandt. Als nächsten Schritt werden die Demokraten noch diese Woche den Senat auffordern, offiziell das Verfahren gegen Trump zu eröffnen. Dass der Prozess in der zweiten Kongresskammer noch vor der Angelobung Bidens beginnt, ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.
Für eine tatsächliche Amtsenthebung ist im 100-köpfigen Senat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Nach dem Wahlsieg in Georgia halten die Demokraten 50 Sitze. Sofern alle Senatoren erscheinen, müssten also 17 Republikaner gegen Trump stimmen.
Spekulation über Begnadigung
Eine entscheidende Rolle fällt Senatsführer Mitch McConnell zu. Laut Fox News soll der Republikaner zwar „stinkwütend“auf Trump sein, sich aber trotzdem weiterhin gegen dessen Amtsenthebung aussprechen. Die „New York Times“wiederum berichtet, dass McConnell das Impeachment gutheiße, weil Trump nach einer Verurteilung in Zukunft von allen Ämtern ausgeschlossen werden könnte.
Trump selbst ist sich keiner Schuld bewusst: „Was ich gesagt habe, war total angemessen.“Hinter den Kulissen spekuliert er mit einer Selbstbegnadigung vor Ende seiner Amtszeit.