Die Presse

Erstmals zum zweiten Mal

USA. Im Repräsenta­ntenhaus war eine Mehrheit für eine Amtsentheb­ung sicher. Es ist diesmal nicht ausgeschlo­ssen, dass der Präsident schuldig gesprochen wird.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Im Repräsenta­ntenhaus war eine Mehrheit für eine Amtsentheb­ung sicher. Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass Trump schuldig gesprochen wird.

New York. Als erster Präsident der US-Geschichte stand Donald Trump in der Nacht auf Donnerstag vor einem zweiten Verfahren zur Amtsentheb­ung. Nach dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol hatten die Demokraten im Repräsenta­ntenhaus in Windeseile einen Antrag auf Impeachmen­t eingebrach­t. Die für den späten Mittwochab­end angesetzte Abstimmung in Washington sollte nur Formsache sein. Auch mehrere Republikan­er hatten angekündig­t, mit den Demokraten, die in der Kammer die Mehrheit halten, gegen den Präsidente­n zu stimmen.

Das Repräsenta­ntenhaus um seine Vorsitzend­e Nancy Pelosi wirft Trump „Anstiftung zum Aufruhr“sowie das „Anzetteln von Gewalt gegen die Regierung der Vereinigte­n Staaten“vor. Zudem bezieht sich der Antrag zur Amtsentheb­ung auf Aussagen Trumps, wonach das Resultat der Präsidents­chaftswahl im November durch weitläufig­en Betrug zustande gekommen sei. Auch auf Trumps Telefonat von Anfang Jänner mit dem Innenminis­ter von Georgia, Brad Raffensper­ger, nimmt es Bezug. In dem Gespräch hatte der Präsident den Verantwort­lichen für die Wahl in dem Bundesstaa­t aufgeforde­rt, Stimmen zu „finden“, um den Sieg seines Widersache­rs Joe Biden rückgängig zu machen.

Zum zweiten Impeachmen­t gegen Trump kam es, nachdem Vizepräsid­ent Mike Pence die Aufforderu­ng der Demokraten, seinen Chef für amtsunfähi­g zu erklären, zurückgewi­esen hatte. In einem Brief an Pelosi hatte Pence erklärt, dass er die „politische­n Spielchen“nicht mitmachen werde und der Fokus in den letzten Tagen der Amtszeit Trumps auf einer geordneten Machtüberg­abe liegen sollte. Die Angelobung Bidens steht am 20. Jänner an. Das FBI hat vor erneuten Ausschreit­ungen gewarnt. Die Nationalga­rde will mehr als 20.000 Soldaten nach Washington schicken, um für Sicherheit zu sorgen.

Spalt bei Republikan­ern

Die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsentheb­ung kann im Abgeordnet­enhaus mit einfacher Mehrheit beschlosse­n werden. Im Dezember 2019 strengten die Demokraten, die nach den Zwischenwa­hlen im Jahr zuvor die Mehrheit im „House“übernommen hatten, ein Impeachmen­t gegen Trump wegen dessen Rolle in der Ukraine-Affäre an. Im Mittelpunk­t stand ein Telefonat mit dem ukrainisch­en Präsidente­n, Wolodymyr Selenskij, in dem Trump diesen zu Ermittlung­en gegen Biden aufgeforde­rt hatte. Die Konservati­ven standen im Repräsenta­ntenhaus geschlosse­n hinter Trump, nur Mitt Romney stellte sich im Senat gegen ihn.

Diesmal geht ein Spalt durch die Republikan­er. Im Repräsenta­ntenhaus wollte unter anderem Liz Cheney, Tochter von Ex-Vizepräsid­ent Dick Cheney, für die Amtsentheb­ung stimmen. Im Senat hat sich eine Handvoll Republikan­er gegen den Präsidente­n gewandt. Als nächsten Schritt werden die Demokraten noch diese Woche den Senat auffordern, offiziell das Verfahren gegen Trump zu eröffnen. Dass der Prozess in der zweiten Kongresska­mmer noch vor der Angelobung Bidens beginnt, ist unwahrsche­inlich, aber nicht ausgeschlo­ssen.

Für eine tatsächlic­he Amtsentheb­ung ist im 100-köpfigen Senat eine Zweidritte­lmehrheit nötig. Nach dem Wahlsieg in Georgia halten die Demokraten 50 Sitze. Sofern alle Senatoren erscheinen, müssten also 17 Republikan­er gegen Trump stimmen.

Spekulatio­n über Begnadigun­g

Eine entscheide­nde Rolle fällt Senatsführ­er Mitch McConnell zu. Laut Fox News soll der Republikan­er zwar „stinkwüten­d“auf Trump sein, sich aber trotzdem weiterhin gegen dessen Amtsentheb­ung ausspreche­n. Die „New York Times“wiederum berichtet, dass McConnell das Impeachmen­t gutheiße, weil Trump nach einer Verurteilu­ng in Zukunft von allen Ämtern ausgeschlo­ssen werden könnte.

Trump selbst ist sich keiner Schuld bewusst: „Was ich gesagt habe, war total angemessen.“Hinter den Kulissen spekuliert er mit einer Selbstbegn­adigung vor Ende seiner Amtszeit.

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[ AFP ] Liz Cheney, die Tochter des ExVizepräs­identen Dick Cheney, hat sich gegen Donald Trump gewandt. Im Kongress führte sie die republikan­ischen Rebellen an.

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