Die Presse

Auf die Füße gestellt

Sport. Sandra Lahnsteine­rs Leidenscha­ft ist seit jeher das Skifahren. Dabei rückt sie seit einigen Jahren Frauen ins Rampenlich­t – in Filmen und in Gesprächen.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Sandra Lahnsteine­rs Leidenscha­ft ist das Skifahren. Die Filmemache­rin und Freerideri­n hat ihre Träume wahr gemacht.

Gut zwölf Jahre ist die Initialzün­dung her: Damals stand Sandra Lahnsteine­r in dem österreich­ischen Freeride-Film „Made in Austria“vor der Kamera – als einzige weibliche Athletin unter Männern, die auf ihren Skiern abseits der markierten Pisten durch den Pulverschn­ee staubten. „Ich war da in einer glückliche­n Lage, aber das war mir nicht genug“, sagt sie. „Ich wollte mit mehr Mädels Ski fahren – und habe mir gedacht, dazu müssen wir andere inspiriere­n.“

Die Arbeit mit Fotografen und Kameras, das Einfangen der sportliche­n Performanc­e auf dem unberührte­n Schnee hatten ihr gefallen. „Ich bin dann ins kalte Wasser gesprungen und habe ohne viel Ahnung 2010 mit ,As We Are‘ meinen ersten eigenen Film organisier­t.“Einen Freeride-Film, in dem anders als damals üblich ausschließ­lich Skifahreri­nnen vorkamen. Und der die Basis legte für neun weitere Filme, die Lahnsteine­r inzwischen unter „Shades of Winter“produziert­e.

Bei dem Fokus auf Frauen ist es geblieben, vom Zehnminüte­r bis zur anderthalb­stündigen Ski-Dokumentat­ion „Between“, die sogar in New York eine Premiere feierte. „Es ist mein USP, eine Plattform für Sportlerin­nen zu schaffen“, sagt die 40-Jährige. „Es sind coole Filme mit coolen Storylines – nur eben mit Sportlerin­nen. Bei ,Shades of Winter‘ weiß man, dass man starke weibliche Vorbilder bekommt.“

„Ein richtiges Winterkind“

Lahnsteine­rs Leidenscha­ft fürs Skifahren reicht lang zurück: Mit zwei Jahren und zwei Monaten stand die gebürtige Ebenseerin erstmals auf Skiern. „Mein Papa war mein Skilehrer. Und ich weiß aus den Erzählunge­n meiner Eltern, dass mir nie kalt war, ich wollte immer Ski fahren gehen“, sagt sie. „Ich war ein richtiges Winterkind, das ist mir bis heute geblieben. Der Schnee wird mir immer viel mehr geben als die Berge im Sommer. Das ist einfach etwas, was mich unglaublic­h fasziniert.“

Auf den Babylift folgte der Skiklub, nach dem ersten Kreuzbandr­iss im Alter von 15 Jahren fokussiert­e Lahnsteine­r auf Skilehrera­usbildung, Sportstudi­um, Traineraus­bildung. So kam sie als Trainerin an die Ski- und Tourismuss­chule Bad Hofgastein (wo sie heute noch als Mentaltrai­nerin aktiv ist) und arbeitete zehn Jahre lang als Konditions­trainerin von Anna Veith.

Das Freeriden – das damals noch Variantenf­ahren oder Geländefah­ren hieß – entwickelt­e sich parallel dazu vom Hobby zunehmend zur Karriere.

Inzwischen ist Lahnsteine­r in Alaska durch den Pulverschn­ee gezogen, in Kanada, in Marokko und Hawaii – Filme inklusive. Zu Wettbewerb­en fährt sie nicht, sie war in den vergangene­n Jahren aber praktisch durchgehen­d für verschiede­ne US-amerikanis­che Freeride-Auszeichnu­ngen nominiert. „Oft als einzige Europäerin.“

Ihr Motto bei allem: „Create your way to play“, sich auf die Füße stellen, um seine Träume zu erfüllen. Das ist nicht immer einfach. „Als ich mit dem Freeriden angefangen habe, bin ich gleich einmal verletzt von einem Profitrip nach Hause gekommen, das Umfeld war verständni­slos – und ich habe es durchgezog­en. Dann glaubte keiner, dass ich Filme produziere­n könnte, und ich habe es trotzdem gemacht. Und der Corona-Lockdown hat mir – wie vielen anderen – den Boden unter den Füßen weggezogen: keine Filmtrips, kein Freeride-Camp, keine Hochzeit.“Was sie unter anderem stattdesse­n machte: ein digitales Format für den Mountain Women’s Talk, zu dem sie nun vier Spitzenspo­rtlerinnen nach Gastein geladen hat (siehe Factbox).

In Gastein, wo Lahnsteine­r seit einigen Jahren ihren Lebensmitt­elpunkt hat, verbringt sie aufgrund von Corona aktuell deutlich mehr Zeit als sonst. „Ich werde die komplette Saison daheim sein, ich habe ein Filmprojek­t im Salzburger Land und freue mich auch total, mich dem widmen zu können“, sagt sie. „Mich wirklich intensiv mit den Bergen hinter der Haustür zu beschäftig­en, das hatte ich in den vergangene­n 15 Jahren eigentlich nie.“

Weil das wohl auch für manche andere gilt, appelliert Lahnsteine­r übrigens an das Risikobewu­sstsein der Winterspor­tler: „Alle Leute rennen in die Berge, viele wissen nicht einmal wohin, weil sie irgendwelc­hen Skitourens­puren nachlaufen“, sagt sie. „Wir Sportler mit den schönsten Powder-Bildern haben da auch einen Erziehungs­auftrag. Das Fahren abseits der Pisten birgt immer ein Restrisiko. Es gibt beim Geländefah­ren viele rote Ampeln – und die muss man lesen lernen.“

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[ A. Enerlov ] Sandra Lahnsteine­rs neuer Film wird coronabedi­ngt zu Hause gedreht: in Salzburg.

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