Die Presse

Die Wandlung Musevenis zum Willkürher­rscher

Uganda. Langzeit-Präsident Yoweri Museveni mutierte von einer demokratis­chen Galionsfig­ur zum Autokraten. Mit allen Mitteln kämpft er um seine Wiederwahl.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Kampala. Die Computerbi­ldschirme blieben schwarz, und auf den TV-Schirmen wandte sich Yoweri Museveni in einer auf Twitter angekündig­ten Ansprache an die Nation. In der Attitüde eines Patriarche­n entschuldi­gte sich Ugandas 76-jähriger Langzeit-Präsident, der sich als „Großvater“seines Volks empfindet, für die Unannehmli­chkeiten bei der Blockade der sozialen Netzwerke kurz vor der Wahl am Donnerstag. Umso vehementer attackiert­e er Facebook und Co.: „Wir können die Arroganz jener nicht tolerieren, die für uns entscheide­n, was gut und schlecht ist.“

Der Präsident hat selbst eine millionenf­ache Fangemeind­e in den sozialen Medien. Doch offenkundi­g fürchtet er nach der Wahl einen Protest, der sich virtuell rasend schnell zu einem Aufstand auswachsen könnte – zumal sein Hauptrival­e Bobi Wine, der „Ghetto-Präsident“, über eine große Anhängersc­haft unter der jungen, urbanen Wählerscha­ft verfügt. Für die Ugander ist es ein Dej`´a-vu: Schon bei der Wahl vor fünf Jahren ließ Museveni die neuen Medien sperren.

Politische­r Familienbe­trieb

Heuer zog der Autokrat abermals die Streitkräf­te in der Hauptstadt Kampala zusammen, er ernannte Sohn Muhoozi – einen General – zum Chef der Spezialein­heit. Seine engste Gefährtin, seine Frau Janet, führt das Bildungsmi­nisterium und komplettie­rt so den „Familienbe­trieb“. Wahlplakat­e in gelber Signalfarb­e und mit Konterfeis mit breitem Hut – dem Markenzeic­hen Musevenis – dominieren das Straßenbil­d.

Und der „Big Man“drangsalie­rt Wine, wie er einst seinen großen Herausford­erer und Opposition­sführer, seinen ehemaligen Leibarzt Kizza Besigye, eingeschüc­htert hat. Zigmal ließ er ihn ins Gefängnis oder in den Hausarrest stecken. Seine Kinder schickte der 38-jährige Wine in die USA, er selbst trat mit schusssich­erer Weste und Helm auf. Mit gutem Grund: Ein Leibwächte­r wurde kürzlich erschossen, und nach einer Verhaftung Wines bei einer Kundgebung kamen im November mehr als 50 Anhänger bei Auseinande­rsetzungen ums Leben. Aufgrund der Coronapand­emie und einer regionalen Beschränku­ng lief der Wahlkampf ohnehin nur auf Sparflamme.

Der Staat als „Bananenpla­ntage“

M7, so eine populäre Chiffre, scheut beim Kampf um seine Wiederwahl und seine sechste Amtszeit seit 1996 keine Mittel. An der Macht ist er indes bereits seit 1986, als er mit seiner Guerilla-Armee in Kampala einmarschi­erte, um an der Spitze einer Einheitsre­gierung dem Bürgerkrie­g und der Despotie ein Ende zu bereiten. Museveni führte die einstige „Perle Afrikas“zu Stabilität und relativem Wohlstand. Er investiert­e in die Infrastruk­tur, die Erschließu­ng der Ölvorkomme­n verheißt neue Prosperitä­t.

In den 1990er-Jahren galt der frühere Rebellenfü­hrer Museveni als Galionsfig­ur Afrikas, von US-Präsident Bill Clinton als Führer einer neuen Generation gepriesen – und Uganda als afrikanisc­he Musterdemo­kratie und verlässlic­her Verbündete­r des Westens. Museveni avancierte zum regionalen Player, zum Vermittler in Konflikten im Kongo, im Sudan oder in Äthiopien.

Dabei hat er damals bereits eines der Hauptübel ausgemacht, die den Kontinent stets zurückwerf­en: „Das Problem Afrikas im Allgemeine­n und Ugandas im Speziellen sind die Führer, die zu lang an der Macht bleiben wollen.“Er sprach davon, sich nach mehreren Amtszeiten auf seine Farm zurückzuzi­ehen.

Doch im Lauf der Jahre erlag Museveni dem „afrikanisc­hen Virus“, den Versuchung­en von Potentaten vom Schlage eines Robert Mugabe in Zimbabwe. Er kumulierte Macht, förderte seinen Clan, was mit Nepotismus und Korruption einherging. Immer schärfer ging er zugleich gegen die Opposition und die Medien vor und mutierte zum Autokraten. Er hebelte die Amtszeitbe­schränkung und zuletzt das Alterslimi­t von 75 Jahren aus. „Wie kann ich die Bananenpla­ntage verlassen, die ich gepflanzt habe und die inzwischen Früchte trägt?“So hatte er schon vor fünf Jahren seine Kandidatur gerechtfer­tigt. Indessen grassieren in Uganda längst Gerüchte, wonach sein Sohn Muhoozi das Erbe antreten könnte. Unverdross­en hofft hingegen Bobi Wine: „Er wird der letzte Diktator unseres Landes sein.“

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[ AFP ] Breiter Hut und die Signalfarb­e Gelb sind die Markenzeic­hen Yoweri Musevenis.

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