Die Wandlung Musevenis zum Willkürherrscher
Uganda. Langzeit-Präsident Yoweri Museveni mutierte von einer demokratischen Galionsfigur zum Autokraten. Mit allen Mitteln kämpft er um seine Wiederwahl.
Wien/Kampala. Die Computerbildschirme blieben schwarz, und auf den TV-Schirmen wandte sich Yoweri Museveni in einer auf Twitter angekündigten Ansprache an die Nation. In der Attitüde eines Patriarchen entschuldigte sich Ugandas 76-jähriger Langzeit-Präsident, der sich als „Großvater“seines Volks empfindet, für die Unannehmlichkeiten bei der Blockade der sozialen Netzwerke kurz vor der Wahl am Donnerstag. Umso vehementer attackierte er Facebook und Co.: „Wir können die Arroganz jener nicht tolerieren, die für uns entscheiden, was gut und schlecht ist.“
Der Präsident hat selbst eine millionenfache Fangemeinde in den sozialen Medien. Doch offenkundig fürchtet er nach der Wahl einen Protest, der sich virtuell rasend schnell zu einem Aufstand auswachsen könnte – zumal sein Hauptrivale Bobi Wine, der „Ghetto-Präsident“, über eine große Anhängerschaft unter der jungen, urbanen Wählerschaft verfügt. Für die Ugander ist es ein Dej`´a-vu: Schon bei der Wahl vor fünf Jahren ließ Museveni die neuen Medien sperren.
Politischer Familienbetrieb
Heuer zog der Autokrat abermals die Streitkräfte in der Hauptstadt Kampala zusammen, er ernannte Sohn Muhoozi – einen General – zum Chef der Spezialeinheit. Seine engste Gefährtin, seine Frau Janet, führt das Bildungsministerium und komplettiert so den „Familienbetrieb“. Wahlplakate in gelber Signalfarbe und mit Konterfeis mit breitem Hut – dem Markenzeichen Musevenis – dominieren das Straßenbild.
Und der „Big Man“drangsaliert Wine, wie er einst seinen großen Herausforderer und Oppositionsführer, seinen ehemaligen Leibarzt Kizza Besigye, eingeschüchtert hat. Zigmal ließ er ihn ins Gefängnis oder in den Hausarrest stecken. Seine Kinder schickte der 38-jährige Wine in die USA, er selbst trat mit schusssicherer Weste und Helm auf. Mit gutem Grund: Ein Leibwächter wurde kürzlich erschossen, und nach einer Verhaftung Wines bei einer Kundgebung kamen im November mehr als 50 Anhänger bei Auseinandersetzungen ums Leben. Aufgrund der Coronapandemie und einer regionalen Beschränkung lief der Wahlkampf ohnehin nur auf Sparflamme.
Der Staat als „Bananenplantage“
M7, so eine populäre Chiffre, scheut beim Kampf um seine Wiederwahl und seine sechste Amtszeit seit 1996 keine Mittel. An der Macht ist er indes bereits seit 1986, als er mit seiner Guerilla-Armee in Kampala einmarschierte, um an der Spitze einer Einheitsregierung dem Bürgerkrieg und der Despotie ein Ende zu bereiten. Museveni führte die einstige „Perle Afrikas“zu Stabilität und relativem Wohlstand. Er investierte in die Infrastruktur, die Erschließung der Ölvorkommen verheißt neue Prosperität.
In den 1990er-Jahren galt der frühere Rebellenführer Museveni als Galionsfigur Afrikas, von US-Präsident Bill Clinton als Führer einer neuen Generation gepriesen – und Uganda als afrikanische Musterdemokratie und verlässlicher Verbündeter des Westens. Museveni avancierte zum regionalen Player, zum Vermittler in Konflikten im Kongo, im Sudan oder in Äthiopien.
Dabei hat er damals bereits eines der Hauptübel ausgemacht, die den Kontinent stets zurückwerfen: „Das Problem Afrikas im Allgemeinen und Ugandas im Speziellen sind die Führer, die zu lang an der Macht bleiben wollen.“Er sprach davon, sich nach mehreren Amtszeiten auf seine Farm zurückzuziehen.
Doch im Lauf der Jahre erlag Museveni dem „afrikanischen Virus“, den Versuchungen von Potentaten vom Schlage eines Robert Mugabe in Zimbabwe. Er kumulierte Macht, förderte seinen Clan, was mit Nepotismus und Korruption einherging. Immer schärfer ging er zugleich gegen die Opposition und die Medien vor und mutierte zum Autokraten. Er hebelte die Amtszeitbeschränkung und zuletzt das Alterslimit von 75 Jahren aus. „Wie kann ich die Bananenplantage verlassen, die ich gepflanzt habe und die inzwischen Früchte trägt?“So hatte er schon vor fünf Jahren seine Kandidatur gerechtfertigt. Indessen grassieren in Uganda längst Gerüchte, wonach sein Sohn Muhoozi das Erbe antreten könnte. Unverdrossen hofft hingegen Bobi Wine: „Er wird der letzte Diktator unseres Landes sein.“