Die Presse

Impf-Dashboard: Rechenspie­le statt Fakten

Impfplan. Dem Gesundheit­sressort fehlen valide Zahlen, darum werden nun Schätzunge­n zu den laufenden Impfungen veröffentl­icht.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Wie viel wurde geimpft? Wer wurde geimpft? Wo wurde viel geimpft, wo wenig? Alle diese Fragen soll das neue Dashboard des Gesundheit­sministeri­ums beantworte­n – kann es aber nicht.

59.088 geimpfte Personen soll es am Mittwoch um 13.20 Uhr gegeben haben, wurde per Liveprogno­se errechnet. Was das ist? Eine Hochrechnu­ng, die auf den bestellten und gelieferte­n Impfdosen beruht. Man geht davon aus, dass gelieferte Dosen auch verimpft werden, heißt es im Ministeriu­m.

Das Dashboard enthält auch eine Darstellun­g nach Bundesländ­ern – demnach liegt Vorarlberg vorn. Dort wurden 1,56 Personen von hundert geimpft. Oberösterr­eich liegt auf dem letzten Platz, hier wurden nur 0,26 von einhundert Menschen geimpft. Stand Dienstag, 18 Uhr.

E-Impfpass nicht fertig

Die Zahlendars­tellung des Gesundheit­sministeri­ums ist also eine Rechenspie­lerei, es handelt sich nicht um in Echtzeit erhobene Daten. Grund dafür ist, dass es noch kein einheitlic­hes Impfregist­er gibt, und auch der elektronis­che Impfpass steckt noch in den Kinderschu­hen. Momentan können nur die Spitäler, die mit den Elga-Akten verknüpft sind, darauf zugreifen. Das System ist dazu derzeit in rund 1100 Arztpraxen etabliert. Insgesamt wurden 74.100 Impfungen eingetrage­n – rund 40 Prozent davon sind Covid-Impfungen.

Die Software für den elektronis­chen Impfpass soll nun flächendec­kend etabliert werden – ein Kostenersa­tz von 1300 Euro wurde am Mittwoch im Nationalra­t beschlosse­n.

Die Software ist noch in Entwicklun­g. Anschober rechnet damit, dass der Impfpass mit Ende März so weit sein werde wie gewünscht. Dazu kommen Verhandlun­gen auf europäisch­er Ebene, um einen EU-Pass.

Aktuell wird also nur ein Teil der Impfungen in das elektronis­che Dokument eingetrage­n – der Rest wird in den gelben Pass eingestemp­elt. Das soll dann irgendwann nachgetrag­en werden.

Das Ministeriu­m verfügt demnach kaum über Daten, ob die Impfungen überhaupt zielgerech­t eingesetzt werden und der Impfplan abgearbeit­et wird – punktuell werden immer mehr Fälle bekannt, wonach Impfdosen an Personen verimpft wurden, die nicht auf der Prioritäte­nliste stehen. Zuletzt gab es etwa Aufregung in der Israelitis­chen Kultusgeme­inde, weil sich unter anderem Präsident Oskar Deutsch Impfungen sicherte. Auch in Vorarlberg gibt es Vorwürfe gegen das Rote Kreuz, zu locker Impfungen verteilt zu haben. Kontrollie­ren können das die Gesundheit­sbehörden nicht, denn eine Differenzi­erung nach Alter, Geschlecht oder Berufsgrup­pe ist derzeit gar nicht möglich.

Das soll sich aber bald ändern, denn die Impfer sollen mit Tablets ausgestatt­et werden, wo derartige Daten erhoben werden. Es kam zu Verzögerun­gen bei der Auslieferu­ng der Hardware.

Kritik zur Datenerheb­ung und Veröffentl­ichung von Ländern und Ministerie­n gibt es seit Anbeginn der Pandemie. Noch immer ist etwa die Darstellun­g von durchgefüh­rten Tests nicht einheitlic­h und darum nicht wirklich brauchbar.

Durchimpfu­ng in vier Jahren?

Auch SPÖ-Parteichef­in Pamela Rendi-Wagner klagte am Mittwoch in der einberufen­en Nationalra­tssondersi­tzung über die mangelnden und langsamen Vorbereitu­ngen auf die Impfung. Auch das Impftempo kritisiert­e sie. Laut Dashboard seien nun 0,5 Prozent der Bevölkerun­g geimpft worden. „Wird in dem Tempo weitergeim­pft, wird eine Durchimpfu­ngsrate von 60 Prozent erst in vier Jahren erreicht sein. Diese Zeit haben wir nicht!“

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[ AFP ] Die Impfungen laufen. Wie gut und wie schnell kann nur bedingt nachvollzo­gen werden.
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[ Screenshot ] Das Dashboard ist seit Mittwoch online.

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