Österreichs „Interesse, dass er nicht redet“
Spionage. Ein 53-Jähriger, der für den türkischen Geheimdienst MIT gearbeitet haben soll, wurde nach Italien abgeschoben. Die Staatsanwaltschaft ist darüber nicht glücklich.
Wien. Am 4. Februar sollte, wie berichtet, ein 53-jähriger türkischstämmiger Geschäftsmann als Spion in Wien vor Gericht stehen. Dieser Termin dürfte platzen, da der Mann kurz vor Weihnachten nach Italien abgeschoben worden ist. Dies geschah, weil von ihm laut Abschiebebescheid eine „erhebliche Gefährdung der nationalen Sicherheit“ausgehe.
Bis auf Weiteres muss also die Justiz ohne den Angeklagten auskommen. Über die vom Bundesasylamt angeordnete Abschiebung sei man „nicht glücklich“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek. Dies ist insofern aus Justizsicht verständlich, da nicht nur gegen den 53-Jährigen ein Verfahren läuft. Es gibt auch Ermittlungen gegen mögliche Hintermänner bzw. Helfer. Und dabei hätte der Verdächtige – er wurde nun mit einem Aufenthaltsverbot belegt – als Zeuge aussagen sollen.
Die Vorwürfe drehen sich um mutmaßliche Mordpläne in Bezug auf die kurdischstämmige Wiener Grünen-Landtagsabgeordnete Berˆıvan Aslan (früher: Nationalratsabgeordnete). Der 53-Jährige hatte angegeben, er sollte im Auftrag des türkischen Geheimdienstes MIT einen Anschlag auf Aslan verüben.
Whistleblower oder Spion?
Dabei sollte diese getötet oder verletzt werden. Weil er dies aber nicht habe machen wollen, wendete sich der mittlerweile nach Italien abgeschobene Mann an österreichische Behörden. Er hoffte, den Status eines Whistleblowers zu bekommen. Die türkische Botschaft erklärte, der türkische Staat stehe nicht in Verbindung zu dem Mann.
Aslan verblieb seit Bekanntwerden der (angeblichen) Anschlagspläne aus Sicherheitsgründen die meiste Zeit in ihrer Wohnung. Mehrere Personenschützer achten nach wie vor auf ihre Sicherheit.
Der 53-Jährige soll seit 1991 Kontakt zum türkischen Geheimdienst haben. Er soll spätestens 2017 für diverse Aufträge herangezogen worden sein. Dass er nun nicht mehr für Befragungen zur Verfügung steht, „macht es natürlich nicht einfacher“, so Staatsanwaltssprecherin Bussek.
Der Abgeschobene habe auch „von einer großen Menge an Waffen“erzählen wollen, „die von A nach B transportiert werden sollen“, erklärte sein Anwältin Veronika Ujvarosi´ der Austria Presse Agentur. Offenbar gebe es aber „ein Interesse, dass er nicht redet“. Anders sei seine Abschiebung nicht zu erklären. „Österreich ist vollkommen egal, was mit ihm passiert. Und jetzt nimmt man bewusst in Kauf, dass es ihn nicht mehr gibt. Man überlässt ihn seinem Schicksal“, ergänzt Co-Anwalt Daniel Mozga.