Industrie will nicht mehr auf Impfungen warten
Impfung. IV-Präsident Georg Knill kritisiert die Impfstrategie des Gesundheitsministeriums auf Schärfste. Die ersten Wochen seien eine reine „Impf-Show“für schöne Bilder gewesen. Die Exportwirtschaft müsse priorisiert werden.
Wien. „Wir schaffen es, Nationalratswahlen an einem Tag abzuwickeln mit einer Wahlbeteiligung von halb Österreich“, wundert sich der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill. Aber ein klarer Impfplan fehle. Natürlich sei der Aufwand bei einem Kreuzerl und beim Impfen ein anderer, aber deswegen brauche man kein halbes Jahr, zeigt sich der Unternehmer gegenüber der „Presse“verständnislos.
„Impfen, impfen, impfen ist der einzige Weg aus der Krise.“Der Steirer ortet auch eine hohe Bereitschaft dafür in den Betrieben und unter den Mitarbeitern. 53.000 Impfungen bisher seien äußerst spärlich, moniert der IV-Präsident. Nach zehn Monaten Pandemie wirke das Gesundheitsministerium jetzt „überrascht“und arbeite „sehr stümperhaft“. Österreich habe monatelang auf einen Impfstoff gewartet. Nun gebe es ihn, er werde aber nicht zur Verfügung gestellt. Das Gesundheitsministerium hätte darauf hinarbeiten müssen. „Die ersten Wochen waren eine reine Impf-Show, damit man schöne Bilder bekommt, aber wirklich ins Tun kommt man nicht“, zeigt sich Knill erbost.
Wirtschaftserholung gefährdet
Ein längerer Lockdown und weitere Unklarheit seien die Folgen. Das führe zu Unmut bei den Industriebetrieben. Die IV vertritt 5000 Mitglieder mit über einer Million Beschäftigten – inklusive den indirekten Mitarbeitern sind es 2,5 Millionen. Zum Jahresende 2020 war die IV noch voller Optimismus und stellte einen Aufschwung von 5,1 Prozent in Aussicht – ein Wirtschaftswachstum, so stark wie seit vierzig Jahren nicht mehr. Doch die Verzögerung der Impfungen trübe nun die positiven Aussichten, warnt Knill. Schon im vergangenen Jahr hat Corona laut der IV einen Schaden von mehr als 35 Milliarden Euro angerichtet. Mehr als 8,5 Milliarden Euro davon trage Österreichs Industrie.
Natürlich müsse man vulnerable Gruppen beim Impfen priorisieren. Die Priorisierungsliste wurde von Epidemiologen nach Gesundheitsaspekten erstellt. „Die Politik muss die Exportwirtschaft direkt nach der vulnerablen Gruppe ansiedeln.“Denn mit der Impfverspätung entstünden inzwischen Wettbewerbsnachteile gegenüber Ländern, die rascher impfen. Diese könnten schneller zum Kunden. „Wir müssen zu Hause sitzen und verlieren Marktanteile. Der Export ist die Stärke der Industrie und wichtigste Stütze der österreichischen Wirtschaft.“Allein in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres sorgte Corona laut Statistik Austria für einen Rückgang der Exporte um rund elf Prozent.