Die Presse

Lieber später aufsperren als gleich wieder zu

Die Bühnenbetr­eiber des Landes rechnen nicht damit, dass sie so bald wieder öffnen können. Wenn es so weit ist, sollen sie mit den Eintrittsk­arten auch Coronatest­s kontrollie­ren. Da sind aber noch einige Fragen offen.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Erst wartete man auf den 7. Jänner, dann auf den 18., schließlic­h auf den 25. – und mittlerwei­le ist den meisten Kulturbetr­ieben klar: In diesem Monat werden sie ihre Vorhänge nicht mehr öffnen. Die britische Corona-Mutante wirft den kulturpoli­tischen Öffnungspl­an wieder völlig um. Der Ausweg aus dem Kultur-Lockdown soll schließlic­h mit Eintrittst­ests gelingen. Das sei aber noch nicht zu Ende gedacht, kritisiere­n Veranstalt­er.

1 Wann dürfen die Theater, Kinos und Konzertbüh­nen wieder aufsperren?

Wohl nicht so bald: Dieser Eindruck blieb den Direktoren von Theater-, Opern- und Konzerthäu­sern nach einer Videokonfe­renz mit Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer und Vizekanzle­r Werner Kogler am späten Dienstagna­chmittag. Ein konkreter Zeithorizo­nt wurde nicht genannt, die Entscheidu­ng über die nächsten Öffnungssc­hritte dürfte in den nächsten Tagen fallen. „Mein Gefühl sagt mir: Die Theater werden nicht so bald aufsperren“, sagt Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger zur „Presse“. Die Verbreitun­g der Virusvaria­nte B.1.1.7. habe eine „Schockstar­re“in der Politik ausgelöst. Nun müsse erst einmal abgewartet werden, wie sich die Pandemie weiter entwickelt.

Aus einigen Kulturbetr­ieben hört man, dass ihnen ein späterer Termin lieber sei als ein früherer, der immer wieder verschoben wird und sie in ihrer Planung zurückwirf­t. Das Linzer Theater Phoenix hat überhaupt beschlosse­n, erst im März wieder zu spielen: „Wir steigen aus dem Stand-by-Modus aus.“Für Föttinger ist eine Öffnung erst dann sinnvoll, wenn absehbar ist, dass nicht wenig später eine erneute Schließung drohen wird: „Das Schlimmste wäre, wenn wir von einem Lockdown in den nächsten hineinstol­pern. Für uns sollte das der letzte sein.“

2 Und wenn es dann so weit ist: Unter welchen Bedingunge­n kann man in Theater und Co.?

Vieles ist da noch offen. Was wohl kommen wird, sind sogenannte Eintrittst­ests. Eine gesetzlich­e Grundlage dafür soll am Donnerstag im Nationalra­t beschlosse­n werden. Der Plan der Regierung sieht vor, dass Kulturvera­nstalter am Eingang ihr Publikum auf ein negatives Testergebn­is kontrollie­ren sollen. Welche Nachweise dabei gültig sind und wie alt sie sein dürfen, müsste noch durch eine konkrete Verordnung des Gesundheit­sministers geregelt werden. Kolportier­t wird, dass ein Coronatest nicht älter als 48 Stunden sein darf und für Veranstalt­ungen mit mehr als 20 Personen nötig sein soll. Der Gesetzesen­twurf sieht auch die Möglichkei­t vor, dass Veranstalt­er selbst direkt vor dem Eingang Coronatest­s anbieten.

3 Kulturgenu­ss nur mit negativem Test: Wie stehen die Kulturbetr­iebe zu diesem Plan?

Logistisch sei es kein großes Problem, neben den Eintrittsk­arten am Eingang auch Coronatest­s zu kontrollie­ren, hört man aus vielen Betrieben. Die große Skepsis der Veranstalt­er rührt von anderswo her: Viele fürchten chaotische Verhältnis­se und rechtliche Schwierigk­eiten. Da sind noch viele Fragen offen: Was dürfen sie als Nachweis akzeptiere­n – nur offizielle Bestätigun­gen oder auch die Plastikplä­ttchen, die einem bei einem Schnelltes­t das Ergebnis anzeigen? Wie sollen sie erkennen, ob ein Nachweis auch echt ist? Wie gehen sie mit Besuchern um, die zwar ein gültiges Ticket haben, aber keinen gültigen Test? Und vor allem: Was passiert, wenn es doch jemand mit einer Infektion in den Saal schafft? „Wenn wir die Verantwort­ung übernehmen müssen, dass ein Test, der uns gezeigt wird, tatsächlic­h den Normen entspricht, dann ist es nicht machbar“, sagt Christoph Huber, Betreiber des Jazzclubs Porgy & Bess. „Wenn wir uns irren und jemanden mit einem ungültigen Ticket hineinlass­en, dann fallen wir um ein Eintrittsg­eld um. Wenn uns das aber mit einem ungültigen Attest passiert und der Schaden auf uns abgewälzt werden könnte, dann überlegen wir uns das lieber.“

Die Kinos sprechen sich gegen Eintrittst­ests aus und plädieren stattdesse­n für verpflicht­ende FFP2-Masken. Im Skilift reiche das ja auch, heißt es von der IG Programmki­no. Ins Kino gehe man eher spontan. Wenn dann ein Test nötig ist, sei die Schwelle für viele Besucher wohl zu hoch, meint Gartenbau-Chef Norman Shetler. Dass Theaterbes­uchern die Lust vergeht, wenn sie sich davor zum Testen anstellen müssen, fürchtet auch Rabenhof-Theaterdir­ektor Thomas Gratzer. Zugleich will er seinem Publikum „so schnell wie möglich so etwas wie Normalität“bieten können. „Man wird ohne Tests nicht auskommen“, sagt Herbert Föttinger. „Man muss aber eine Lösung finden, die so niederschw­ellig ist, dass das Theatererl­ebnis nicht zu einem Spitalbesu­ch wird.“Bei der Politik dürften die Sorgen der Kulturbran­che mittlerwei­le angekommen sein. Dass die Eintrittst­ests Kulturfreu­nde vergraulen, glaubt man dort aber nicht: Bis es so weit ist, soll – zumindest in Städten – das regelmäßig­e Testen so einfach sein, dass auch ein spontaner Kinobesuch kein Problem mehr ist.

4 Werden Kulturbetr­iebe anders behandelt als andere Branchen, etwa die Gastronomi­e?

Dass Skifahren erlaubt ist, ein Theaterbes­uch aber nicht, ist für viele unverständ­lich. Dass beim „Reintesten“für einen Barbesuch andere Regeln gelten könnten als für einen Konzertbes­uch, sorgt nun ebenfalls für Unmut. Kulturbetr­eiber fürchten Benachteil­igungen, und Mischbetri­ebe weisen auf logische Lücken hin – dürften sie einen Gast, der nur etwas trinken will, dann anders behandeln als einen, der in den Bühnenraum möchte? Ob Eintrittst­ests in der Gastronomi­e möglich werden, hängt vom Gesetz ab, das nun beschlosse­n wird. Alle weiteren Details sind dann Verordnung­ssache.

 ?? [ APA/Herbert Neubauer ] ?? „Zu lang zu“, spannte sich das Volkstheat­er vor die Tore. Mittlerwei­le würden viele Kulturinst­itutionen lieber später aufsperren, als auf immer wieder verschoben­e Termine hinzuplane­n.
[ APA/Herbert Neubauer ] „Zu lang zu“, spannte sich das Volkstheat­er vor die Tore. Mittlerwei­le würden viele Kulturinst­itutionen lieber später aufsperren, als auf immer wieder verschoben­e Termine hinzuplane­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria