Lieber später aufsperren als gleich wieder zu
Die Bühnenbetreiber des Landes rechnen nicht damit, dass sie so bald wieder öffnen können. Wenn es so weit ist, sollen sie mit den Eintrittskarten auch Coronatests kontrollieren. Da sind aber noch einige Fragen offen.
Erst wartete man auf den 7. Jänner, dann auf den 18., schließlich auf den 25. – und mittlerweile ist den meisten Kulturbetrieben klar: In diesem Monat werden sie ihre Vorhänge nicht mehr öffnen. Die britische Corona-Mutante wirft den kulturpolitischen Öffnungsplan wieder völlig um. Der Ausweg aus dem Kultur-Lockdown soll schließlich mit Eintrittstests gelingen. Das sei aber noch nicht zu Ende gedacht, kritisieren Veranstalter.
1 Wann dürfen die Theater, Kinos und Konzertbühnen wieder aufsperren?
Wohl nicht so bald: Dieser Eindruck blieb den Direktoren von Theater-, Opern- und Konzerthäusern nach einer Videokonferenz mit Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer und Vizekanzler Werner Kogler am späten Dienstagnachmittag. Ein konkreter Zeithorizont wurde nicht genannt, die Entscheidung über die nächsten Öffnungsschritte dürfte in den nächsten Tagen fallen. „Mein Gefühl sagt mir: Die Theater werden nicht so bald aufsperren“, sagt Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger zur „Presse“. Die Verbreitung der Virusvariante B.1.1.7. habe eine „Schockstarre“in der Politik ausgelöst. Nun müsse erst einmal abgewartet werden, wie sich die Pandemie weiter entwickelt.
Aus einigen Kulturbetrieben hört man, dass ihnen ein späterer Termin lieber sei als ein früherer, der immer wieder verschoben wird und sie in ihrer Planung zurückwirft. Das Linzer Theater Phoenix hat überhaupt beschlossen, erst im März wieder zu spielen: „Wir steigen aus dem Stand-by-Modus aus.“Für Föttinger ist eine Öffnung erst dann sinnvoll, wenn absehbar ist, dass nicht wenig später eine erneute Schließung drohen wird: „Das Schlimmste wäre, wenn wir von einem Lockdown in den nächsten hineinstolpern. Für uns sollte das der letzte sein.“
2 Und wenn es dann so weit ist: Unter welchen Bedingungen kann man in Theater und Co.?
Vieles ist da noch offen. Was wohl kommen wird, sind sogenannte Eintrittstests. Eine gesetzliche Grundlage dafür soll am Donnerstag im Nationalrat beschlossen werden. Der Plan der Regierung sieht vor, dass Kulturveranstalter am Eingang ihr Publikum auf ein negatives Testergebnis kontrollieren sollen. Welche Nachweise dabei gültig sind und wie alt sie sein dürfen, müsste noch durch eine konkrete Verordnung des Gesundheitsministers geregelt werden. Kolportiert wird, dass ein Coronatest nicht älter als 48 Stunden sein darf und für Veranstaltungen mit mehr als 20 Personen nötig sein soll. Der Gesetzesentwurf sieht auch die Möglichkeit vor, dass Veranstalter selbst direkt vor dem Eingang Coronatests anbieten.
3 Kulturgenuss nur mit negativem Test: Wie stehen die Kulturbetriebe zu diesem Plan?
Logistisch sei es kein großes Problem, neben den Eintrittskarten am Eingang auch Coronatests zu kontrollieren, hört man aus vielen Betrieben. Die große Skepsis der Veranstalter rührt von anderswo her: Viele fürchten chaotische Verhältnisse und rechtliche Schwierigkeiten. Da sind noch viele Fragen offen: Was dürfen sie als Nachweis akzeptieren – nur offizielle Bestätigungen oder auch die Plastikplättchen, die einem bei einem Schnelltest das Ergebnis anzeigen? Wie sollen sie erkennen, ob ein Nachweis auch echt ist? Wie gehen sie mit Besuchern um, die zwar ein gültiges Ticket haben, aber keinen gültigen Test? Und vor allem: Was passiert, wenn es doch jemand mit einer Infektion in den Saal schafft? „Wenn wir die Verantwortung übernehmen müssen, dass ein Test, der uns gezeigt wird, tatsächlich den Normen entspricht, dann ist es nicht machbar“, sagt Christoph Huber, Betreiber des Jazzclubs Porgy & Bess. „Wenn wir uns irren und jemanden mit einem ungültigen Ticket hineinlassen, dann fallen wir um ein Eintrittsgeld um. Wenn uns das aber mit einem ungültigen Attest passiert und der Schaden auf uns abgewälzt werden könnte, dann überlegen wir uns das lieber.“
Die Kinos sprechen sich gegen Eintrittstests aus und plädieren stattdessen für verpflichtende FFP2-Masken. Im Skilift reiche das ja auch, heißt es von der IG Programmkino. Ins Kino gehe man eher spontan. Wenn dann ein Test nötig ist, sei die Schwelle für viele Besucher wohl zu hoch, meint Gartenbau-Chef Norman Shetler. Dass Theaterbesuchern die Lust vergeht, wenn sie sich davor zum Testen anstellen müssen, fürchtet auch Rabenhof-Theaterdirektor Thomas Gratzer. Zugleich will er seinem Publikum „so schnell wie möglich so etwas wie Normalität“bieten können. „Man wird ohne Tests nicht auskommen“, sagt Herbert Föttinger. „Man muss aber eine Lösung finden, die so niederschwellig ist, dass das Theatererlebnis nicht zu einem Spitalbesuch wird.“Bei der Politik dürften die Sorgen der Kulturbranche mittlerweile angekommen sein. Dass die Eintrittstests Kulturfreunde vergraulen, glaubt man dort aber nicht: Bis es so weit ist, soll – zumindest in Städten – das regelmäßige Testen so einfach sein, dass auch ein spontaner Kinobesuch kein Problem mehr ist.
4 Werden Kulturbetriebe anders behandelt als andere Branchen, etwa die Gastronomie?
Dass Skifahren erlaubt ist, ein Theaterbesuch aber nicht, ist für viele unverständlich. Dass beim „Reintesten“für einen Barbesuch andere Regeln gelten könnten als für einen Konzertbesuch, sorgt nun ebenfalls für Unmut. Kulturbetreiber fürchten Benachteiligungen, und Mischbetriebe weisen auf logische Lücken hin – dürften sie einen Gast, der nur etwas trinken will, dann anders behandeln als einen, der in den Bühnenraum möchte? Ob Eintrittstests in der Gastronomie möglich werden, hängt vom Gesetz ab, das nun beschlossen wird. Alle weiteren Details sind dann Verordnungssache.