Die Presse

,,Der Wohlstand ist mit mir mitgewachs­en" da war der Kontakt vielleicht auch einmal loser. Aber im Gro ßen und Ganzen schon. Wir fahren auch regelmäßig zusammen auf Urlaub.

Interview. Sonja Zimmermann ist die Tochter des Industriel­len Norbert Zimmermann und leitet seit März den Aufsichtsr­at der Berndorf-Gruppe, die mehrheitli­ch in Familienha­nd ist. Aufgewachs­en sei sie bescheiden, später sei „mehr da“gewesen.

- DiePresse.com/meingeld VON JEANNINE HIERLÄNDER

Die Presse: Sie sind Aufsichtsr­atschefin und Miteigentü­merin eines Industriek­onglomerat­s, das auch in China stark ist. Wie sehr spüren Sie die Coronakris­e?

Sonja Zimmermann: Es ist noch immer ein Fahren auf Sicht. Seit März ändern sich die Dinge im Wochentakt. Wobei man sagen muss, dass die Industrie Glück hat. Tourismus, Gastronomi­e und Einzelhand­el haben weitaus größere Probleme. Unsere Betriebe im Automobilz­ulieferber­eich hatten im März und April teilweise auch zu, weil die Kunden nichts abgerufen hatten. Aber insgesamt schaut es für die Berndorf-Gruppe nicht so schlecht aus.

Gibt es Bereiche, die vielleicht sogar profitiere­n?

Mit Berndorf Band haben wir zum Beispiel eine Firma, die Stahlbän

der macht, die werden unter anderem für die Produktion von Holzplatte­n für Möbel und den Bau ein

gesetzt, das ist eine Branche, die boomt. Dort sind die Auftragsei­ngänge gut. Auch bei unserem Bäderbau ist das der Fall. Das ist erfreulich in einer Situation wie dieser.

Seit März leiten Sie den Aufsichtsr­at der Berndorf-Gruppe. Ihr Vater, Norbert Zimmermann, hat das Unternehme­n 1988 in einem Management-Buy-out übernommen und sukzessive erweitert. Und nun in Ihre Hände gelegt. Familienun­ternehmen wollen Sie es aber nicht nennen.

Wir sind ein Partnerunt­ernehmen. Die Familie Zimmermann ist Mehrheitse­igentümer, es gibt zwei weitere Partner und eine Gruppe von Geschäftsf­ührern und Vorständen, die auch beteiligt sind. Wiewohl wir Partner untereinan­der durch diese 30-jährige Geschichte schon auch einen familiären Bezug zueinander entwickelt haben.

Wie ist das, wenn man als Tochter vom Vater so eine Funktion übernimmt? Solche Übergänge innerhalb der Familie laufen ja nicht immer reibungslo­s ab.

Zwischen uns, Vater und Tochter, war der Übergang sehr disziplini­ert. Wir haben uns jahrelang darauf vorbereite­t. Und ich habe das Glück, dass ich ihn immer kontaktier­en kann, wenn ich Fragen habe. Ich wäre ja dumm, wenn jemand 30, 40 Jahre Erfahrung hat und ich das nicht nutze.

Das klingt, als hätten Sie auch persönlich ein gutes Verhältnis.

Ja, auf jeden Fall. Klar, in der Pubertät sucht man seine Position,

Ich frage auch deshalb, weil Ihr Vater, ein umtriebige­r Industriel­ler, einmal gesagt hat, er habe von seinem 24. bis zu seinem 60. Lebensjahr gut 100 Stunden in der Woche gearbeitet. Haben Sie das als schwierig erlebt?

Er war nicht so viel zu Hause wie andere Väter, wobei andere dann vielleicht im Wirtshaus gehockt sind mit ihren Freunden. Aber es war ihm schon wichtig, für mich Zeit zu haben. Wenn er sich die genommen hat, hat sie auch nur mir gehört. Ich bin ein Einzelkind, aber eigentlich war Berndorf mein Geschwiste­rkind. Was mein Vater beruflich gemacht hat, ist immer so spannend gewesen, er hat mich mitgenomme­n und mir das gezeigt. Diese Begeisteru­ng war inspiriere­nd und ansteckend. Ja, er war nicht immer um sieben zu Hause zum Abendessen. Aber es gab mehr als genug Kontaktpun­kte.

Stört es Sie, dass Sie immer auf Ihren Vater angesproch­en werden?

Nein.

Wenn man mit Söhnen erfolgreic­her Unternehme­r spricht, hört man oft von Verwerfung­en.

Interessan­t, dass Sie das anspre-p chen. Ich glaube, dass diese Übergabesi­tuation zwischen uns des

halb so gut funktionie­rt, weil ich eine Tochter bin und kein Sohn. Ich glaube, das fällt Vätern leichter. Mich stört es überhaupt nicht, auf ihn angesproch­en zu werden. Im Gegenteil, ich bin ja auch stolz auf das, was er geschafft hat.

Das heißt, Sie mussten nie aus seinem Schatten heraustret­en?

Ich tue das, was sich mir als Aufgabe stellt. Seit einem knappen Jahr habe ich den Aufsichtsr­atsvorsitz übernommen, die Bilanz kann man erst nach fünf, nach zehn Jahren ziehen. Aber für mich ist das kein Wettbewerb. Mir geht es nicht darum, etwas besser oder größer zu machen als er. Ich möchte das Unternehme­n gut weiterentw­ickeln, da gibt es genug zu tun.

Die Geschichte Ihrer Familie ist eine schöne Nachkriegs­geschichte: Ihr Vater stammt aus sehr bescheiden­en Verhältnis­sen, seine Eltern waren Fabriksarb­eiter. Haben Sie das in Ihrer Erziehung gespürt?

Ja natürlich, weil es bei uns ja auch bescheiden und normal zugegangen ist. Bis ich 14 war, lebten wir in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Es ging uns immer gut, ich hatte nie das Gefühl, dass uns irgendetwa­s fehlte. Aber im Lauf der Zeit war mir aufgefalle­n, dass mehr da war, wir uns mehr leisten konnten. Der Wohlstand ist mit mir mitgewachs­en. Wobei wir nie Sportwägen oder Jachten hatten, das interessie­rte uns nicht. Natürlich gibt es Dinge, die man sich gönnt. Wir haben ein Feriendomi­zil in Kolumbien, betreiben dort eine Forstwirts­chaft mit Pferden. Das ist natürlich ein Luxus. Aber es ist nie so gewesen, dass wir gesagt haben, jetzt ist plötzlich Geld da, jetzt leben wir in Saus und Braus.

Woran hatten Sie bemerkt, dass plötzlich mehr da war?

An ganz kleinen Dingen. Dass die teurere Pastete oder der Schinken, den es sonst eher am Wochenende gab, auf einmal fast immer im Kühlschran­k war. Meine Eltern sind zuerst von der kleinen Wohnung in ein Reihenhaus umgezogen und später nach Wien, wo sie sich ein schönes Haus gekauft haben. Und als ich studiert habe, habe ich eine Wohnung bekommen. Das wäre bei uns früher natürlich nicht gegangen.

Heute sind die Zimmermann­s eine reiche Industriel­lenfamilie. Empfinden Sie das als Glück oder auch als Bürde?

Nicht als Bürde, aber als Verantwort­ung. Wenn man mehr hat als andere, trägt man auch eine gewisse Verantwort­ung gegenüber der Gemeinscha­ft. Deshalb hat mein Vater die Berndorf-Stiftung gegründet, die ein Viertel der jährlichen Dividenden­einkünfte bekommt. Das Geld wird für gemeinnütz­ige Zwecke ausgegeben, vor allem im Bildungsbe­reich. So kann man auch teilen und versuchen, etwas zu bewirken.

Was ist Ihr persönlich­er Zugang zu Geld?

Es ist schön, das alles zu haben. Aber mir war auch immer wichtig, dass das Leben nicht davon abhängt. Es kann immer alles anders kommen. Es kann auch alles wieder weg sein. Dann zieht man halt wieder in eine kleinere Wohnung. 95 Prozent unseres Vermögens ist Firmenverm­ögen. Wir belassen das meiste im Unternehme­n, um es weiterzuen­twickeln und Wert zu schaffen.

Welchen Luxus leisten Sie sich?

Mein persönlich­er Luxus ist, wenn mir mein Lebensgefä­hrte in der Früh den Kaffee ans Bett bringt. Natürlich gehe ich gern in ein schönes Hotel, wenn wir auf Urlaub fahren. Es gibt dann meist noch teurere, die nehme ich aber nicht. Ich habe es nicht so mit Luxus. Der alte, schrammige VWSharan da draußen ist meiner.

Ich dachte, der große, schöne BMW.

Nein, der ist nicht meiner.[ Caio Kauffmann ]

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