Kampf der Vererbung von Un-Bildung!
„Mit Federn, Haut und Haar“, Gastkolumne von Kurt Kotrschal
In kurzem Abstand (5. 1. und 18. 1. 2021) hat mein hochgeschätzter Universitätskollege Kurt Kotrschal in seiner Kolumne die Abschaffung der „Vererbung von Bildung“verlangt, wobei er ganz deutlich die Bildung analog zu Geld, Schmuck oder Hausbesitz einstuft.
Da ich selbst es aber noch nie erlebt habe, dass die Kinder von beispielsweise des Klavierspiels, des Infinitesimalkalküls oder anderer geistig-kultureller Fertigkeiten kundiger Eltern eben diese Kenntnisse von diesen wie Schmuck oder Häuser vermacht bekommen können, scheint bei Kotrschals sozialpolitischer Doppel-Forderung ganz prinzipiell etwas nicht zu stimmen.
Bei genauem Hinschauen ist es bei der intergenerationellen Weitergabe geistig-kultureller Güter ja so, dass hier sehr oft das Niveau der Eltern jenes der Kinder bestimmt. Nur besteht das dabei „vererbbare“Gut nicht in den Fertigkeiten selbst, sondern in der dem Nachwuchs anerziehbaren bzw. anzuerziehenden Bereitschaft, sich solche Bildungsgüter unter Aufwendung von ziemlich viel Schweiß selbst anzueignen. Leider ist es hier so, dass innerhalb einer Gesellschaft der Wille, die Neigung und die Fähigkeit zur Erziehung des Nachwuchses zum Bildungserwerb ungleich – nicht zu verwechseln mit: ungerecht – verteilt sind. Wenn man sich also zu griffiger Sozialkritik berufen fühlt, sollte man sachlich zutreffende Slogans verwenden. Beim Übergang von Eltern auf Kinder („Vererbung“) müsste ein solcher wie folgt lauten: Kampf der Vererbung von Un-Bildung!
Em. o. Univ.-Prof. Dr. Hans Goebl,
5400 Hallein