Managerinnen betrügen weniger als ihre männlichen Kollegen
Frauenquote. Frauen in Kontrollgremien wirken sich positiv auf die Konzerninteraktion aus. Dennoch gibt es wenige – vor allem in Österreich.
Berlin/Wien. „Knallhart, knallhart. Knallhart, ja. Also in einem Gremium, das ist jetzt meine individuelle Wahrnehmung, gab es ein oder zwei Frauen, die direkt reingesprungen sind in den schwierigen Teil, in die Zahlen. Da wurde keine warme Vorrede gehalten, sondern ,Peng!‘ (haut auf den Tisch) ,Wir haben ein Problem.‘ (. . .) Ich glaube, dass härter diskutiert wird seitens der Frauen. Ein bisschen direkter ist es. Das bedeutet aber nicht, dass die Diskussion anders verlaufen ist, sondern das Thema war schneller da. Die Themen sind etwas ungeschminkter gekommen.“
Das ist eine der Aussagen der 60 Männer und Frauen in Aufsichtsratpositionen, die von der FU Berlin zu den Auswirkungen von Frauen in deutschen Kontrollgremien befragt wurden. Zwar ist der Frauenanteil in den Spitzenpositionen großer deutscher Unternehmen gestiegen, aber richtig Schwung kommt nicht in die Sache. Dabei zeigt die Studie, dass sich Frauen im Aufsichtsrat positiv auf die Diskussionen im Unternehmen auswirken.
Frauen sind nicht altruistischer
„Frauen hinterfragen offenbar eher Vorschläge und Entscheidungen des Vorstands und fordern öfter zusätzliche Informationen“, sagt Anja Kirsch, Expertin der FU Berlin. Angesichts immer wieder auftretender Fälle von Betrug durch das Topmanagement – wie im Fall Wirecard – erscheine eine verbesserte Entscheidungsfindung in Aufsichtsräten enorm wichtig. Die Vorstellung, dass Frauen in Aufsichtsräten besonders risikoscheue, altruistische und ethische Beiträge machen, bestätigte sich nicht. Diskussionen wurden als umfassender und facettenreicher beschrieben. Interaktion, Diskussion und Entscheidungsfindung profitieren deutlich. Die Interviewten empfanden eine freundlichere Atmosphäre, mehr Höflichkeit und gegenseitige Wertschätzung. Homogen zusammengesetzte Gremien und Organisationskulturen, in denen unethisches Verhalten rationalisiert wird, würden betrügerische Aktivitäten begünstigen, heißt es auch im jüngsten Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Es gibt in der Forschung zunehmend Belege, dass Unternehmen mit Frauen in Spitzengremien seltener wegen betrügerischer Aktivitäten auffallen.“
Dennoch fällt die Bilanz des Managerinnen-Barometers des DIW für Deutschland kläglich aus: ein einziger Prozentpunkt mehr Managerinnen. 101 Vorständinnen gab es demnach im Herbst vergangenen Jahres in den 200 umsatzstärksten Unternehmen – sieben mehr als ein Jahr zuvor. Bei insgesamt 878 Vorstandsposten entsprach dies rund zwölf Prozent.
Debatte um gesetzliche Quote
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit seinem Frauenanteil der größten börsenotierten Unternehmen gerade so über Italien und der Türkei. Nur Österreich ist mit sechs Prozent Letzter. So wurde vom deutschen Bundeskabinett zu Jahresbeginn eine Mindestbeteiligung von Frauen beschlossen. Für den Aufsichtsrat gibt es diese seit 2015 – in Österreich seit 2018. Für das Management ist so etwas hierzulande nicht in Sicht. Zu Jahresbeginn waren laut EY 15 von 190 Vorstandsmitgliedern weiblich. Mehr Sichtbarkeit baue Stereotypen ab, resümiert Katharina Wrohlich, Leiterin der DIW-Forschungsgruppe. Das sei der Hauptgrund für die gläserne Decke.